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Der neue Dr. Laurin Staffel 1 – Arztroman. Viola MaybachЧитать онлайн книгу.

Der neue Dr. Laurin Staffel 1 – Arztroman - Viola Maybach


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      Leon schwieg. »Aber wenn sie nun wegläuft, weil sie sich von uns unverstanden fühlt? Du weißt, Teenager sind zu den verrücktesten Dingen fähig, und ich will mir nicht irgendwann Vorwürfe machen müssen, ihr nicht genug Verständnis entgegen gebracht zu haben.«

      »Sie wird nicht weglaufen, sondern sich das nächste Mal gut überlegen, ob sie noch einmal so einen Auftritt hinlegt wie vorhin. Sie hat sich um ein schönes Abendessen mit uns gebracht, und glaub mir Leon: Das tut ihr jetzt schon leid.«

      Er zog sie in seine Arme und küsste sie. »Und was war sonst noch so los?«

      »Zuerst du. Welche Patientin hat dich heute besonders beschäftigt?«

      Sie redeten noch über eine Stunde miteinander, und dieser Austausch tat ihnen beiden gut. Am schönsten war es für Antonia, dass Leon der Idee einer kinderärztlichen Gemeinschaftspraxis in der Kayser-Klinik sehr aufgeschlossen gegenüberstand. »Da hätten wir auch selbst drauf kommen können«, sagte er. »Es ist doch viel besser, wenn von vornherein nicht alles allein auf dir lastet«, sagte er.

      Als sie später ins Bett gingen, hielten sie vor Kajas Tür unwillkürlich an, gingen dann aber weiter.

      Drei Stunden später wurde Antonia wach und wusste im ersten Moment nicht, was sie geweckt hatte, bis es ihr klar wurde: Sie hatte unten im Haus Geräusche gehört.

      Leise stand sie auf und schlich aus dem Schlafzimmer und dann die Treppe hinunter zur Küche, denn von dort war ein schmaler Lichtstreifen zu sehen. Von der Tür aus sah sie Kaja neben dem Kühlschrank stehen und gierig die Reste des Abendessens in sich hineinschlingen.

      »Guten Appetit«, sagte Antonia.

      Kaja fuhr erschrocken zusammen, fasste sich aber schnell wieder. »Ich hatte Hunger«, sagte sie, und dann: »Es tut mir leid, Mami, entschuldige bitte. Ich … ich wollte nicht sagen, dass du eine schlechte Mutter bist oder so. Aber ich war so wütend und da …«

      »Da sind dir ein paar Worte herausgerutscht, die du eigentlich gar nicht sagen wolltest.«

      Kaja nickte stumm.

      Antonia begriff, dass sie den Tränen nahe war, und so ging sie zu ihr und schloss sie in die Arme. »Versuch wenigstens, nicht beim geringsten Anlass hochzugehen wie eine Rakete. Kyra ist fünf Jahre jünger als du, und sie hat dich schon immer bewundert, das weißt du doch. Es tut ihr weh, wenn du für sie unerreichbar bist.«

      Wieder nickte Kaja, ohne etwas zu sagen, aber Antonia spürte, wie ihre Schulter nass wurde. Da schlang sie die Arme noch ein bisschen fester um ihre Älteste.

      Sie wusste ja aus eigener Erfahrung, dass es nicht einfach war, sechzehn Jahre alt zu sein.

      *

      Peter war am nächsten Tag guter Dinge, als er aus der Schule kam. Er hatte in Mathematik eine gute Note erhalten, und in Englisch war er auch gelobt worden. Außerdem hatte Kyra ihn angelächelt. Sie war das einzige Mädchen aus seiner Klasse, das ihm gefiel. Sie war anders als die anderen, die immer kicherten und irgendwie albern waren und sich mit ihren Handys fotografierten. Kyra tat das nicht. Sie war ohnehin eher ernst, das hatte er schon gemerkt. Aber heute hatte sie ihn angelächelt.

      Mehr als ein paar Worte hatte er bisher noch nicht mit ihr gewechselt, aber vielleicht würde er morgen in der großen Pause versuchen, ein richtiges Gespräch mit ihr zu führen. Allerdings würde er sich vorher überlegen müssen, worüber, denn in solchen Dingen war er nicht gut. Mit seiner Mutter konnte er ohne Probleme lange Gespräche führen, weil er sich in ihrer Gegenwart wohl und sicher fühlte. Wenn er aber jemanden noch nicht gut kannte, blieb er lieber stumm. Für ihn war es ja schon eine Überwindung, sich mündlich am Unterricht zu beteiligen, da ihm bewusst war, dass er es schriftlich besser konnte.

      Er hatte doch tatsächlich die Jungen völlig vergessen, die ihn seit Wochen verfolgten, und so fuhr er vor Schreck zusammen, als sie wie aus dem Nichts neben ihm auftauchten.

      Es war ihm schon lange nicht mehr passiert, dass er einfach nicht an sie gedacht hatte.

      »Na, Brillenschlange? Hast du gedacht, wir hätten dich vergessen? Wir haben ja noch was nachzuholen von gestern.«

      Und schon schubsten sie ihn wieder, einer trat ihm von hinten in die Kniekehlen – das tat gemein weh – während die anderen ihn vor den Blicken der Erwachsenen abschirmten, damit diese nichts davon mitbekamen.

      »Hört auf!«, rief Peter, aber das schien sie erst recht anzustacheln.

      »Wir haben doch gerade erst angefangen!«, rief er einer, und schon lachten sie und boxten ihn, rissen ihn an den Haaren und amüsierten sich, als sie sahen, wie er vor Schmerz das Gesicht verzog. Sah es für die vorüber eilenden Erwachsenen wirklich wie eine harmlose Rangelei unter Kindern aus? Aber vermutlich sahen sie ihn überhaupt nicht, weil immer einer der anderen Jungen ihnen den Blick verstellte.

      Er fragte sich, was geschehen würde, wenn er laut um Hilfe riefe. Ob ihn jemand ernst nähme? Ob die Jungen vor Schreck von ihm abließen?

      Er dachte nicht lange darüber nach, sondern schrie einfach, doch schon im nächsten Moment bekam er einen so harten Fausthieb ins Gesicht, dass ihm buchstäblich die Luft wegblieb.

      »Wenn du noch einmal schreist, wirst du es bereuen!«, zischte der Junge, den er für den Anführer der Bande hielt, weil er am größten und am stärksten war und immer die Kommandos gab, denen die anderen folgten.

      Peter konnte nichts mehr sehen, er spürte etwas warm und klebrig über sein Gesicht laufen, und plötzlich fühlten sich seine Beine an wie Pudding.

      Er hörte noch, wie der Junge einen deftigen Fluch ausstieß, dann wurde ihm schwarz vor Augen.

      *

      Antonia rannte zur gleichen Zeit los wie ein Mann, der von der anderen Seite kam. Sie packte den Jungen, der den Kleineren geschlagen hatte, an der Schulter und riss ihn herum. »Was fällt euch denn ein?’«, rief sie. »Ihr seid zu viert und verhaut einen Jüngeren, ihr Feiglinge?«

      Der Junge befreite sich mit einem Ruck aus ihrem Griff und ergriff die Flucht, auch zwei andere rannten weg, aber der Mann hielt den vierten, der ebenfalls fliehen wollte, eisern fest, was nicht so einfach war, denn der Junge wehrte sich mit Händen und Füßen. Da Antonia sah, dass der am Boden liegende Junge heftig aus einer Wunde über dem rechten Auge blutete, kniete sie neben ihm nieder und begann, ihn zu untersuchen. Sein Puls raste, aber seine Augenlider flatterten bereits, er würde bald wieder zu sich kommen.

      »Ich rufe die Polizei und einen Krankenwagen, der Junge ist bewusstlos und hat eine Wunde, die genäht werden muss. Schaffen Sie es, den Bengel so lange festzuhalten?«

      »Keine Sorge, der entkommt mir nicht«, erwiderte der Mann grimmig. Der Junge spuckte nach ihm, gleichzeitig trat er heftig zu, schaffte es aber trotzdem nicht, sich zu befreien. Der Griff des Mannes wurde nur noch fester.

      Antonia rief zuerst den Krankenwagen. Den Anruf bei der Polizei konnte sie sich sparen, denn die Besatzung eines Streifenwagens kam vorbei und fragte, was denn geschehen sei. Die Antwort überließ sie dem Mann, der sehr klar schilderte, was er gesehen hatte. Seine Schilderung deckte sich mit Antonias Beobachtungen.

      Daraufhin nahmen die Beamten ihre Personalien auf und verfrachteten den Jungen, der sich noch immer heftig wehrte, in ihren Wagen. »Er wird uns den Namen der anderen schon sagen«, erklärten sie. »Wie schlimm ist das Opfer verletzt?«

      »Die Wunde muss genäht werden«, sagte Antonia. »Außerdem hat er vielleicht eine Gehirnerschütterung, er hat einen ziemlich heftigen Schlag abbekommen, das habe ich gesehen.«

      »Sind Sie Ärztin?«

      »Ja.«

      Der am Boden liegende Junge schlug die Augen auf und blinzelte. Erst jetzt bemerkte Antonia, dass der Mann, der mit ihr dem Jungen zu Hilfe gekommen war, mittlerweile neben ihr kniete.

      »Hallo«, sagte er freundlich. »Da bist du ja wieder.«

      Er sagte nichts, sah erst Antonia, dann den Mann an, als überlegte


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