Aristoteles: Gesammelte Werke. AristotelesЧитать онлайн книгу.
ob es besser sei, reich oder weise zu sein, reich; denn er sehe die Weisen in den Vorhöfen der Reichen verweilen.« Ein Philosoph hat freilich einmal auf den Hinweis, daß nicht umgekehrt die Reichen vor den Türen der Philosophen anzutreffen seien, gemeint, die Reichen wüßten nicht was ihnen fehlt, die Philosophen aber wohl.
89.Sie heißt griechisch μεγαλοπρέπεια, lateinisch magnificentia, von μέγας und πρέπειν, wie Aristoteles im 1. Absatz sagt: εν μεγέθει πρέπουσα δαπάνη. Sie ist wohl zu unterscheiden von dem Hochsinn, μεγαλοψυξία, von dem weiter unten gehandelt wird.
90.Worte des Odysseus an Antinous, Odyssee XVII, 419.
91.»Die Bewohner von Megara galten bei den Athenern als kleinstädtische Leute, ohne Geschmack und Sinn für das Angemessene. Die Ausrüstung des Chors in der Komödie sollte an und für sich schon bescheidener sein als die des Chors in der Tragödie. Unter der πάροδος ist wohl das erste Auftreten des Chors, nicht der Zugang, durch den er eintritt, zu verstehen, und πορφύρα ist eher auf die Purpurgewänder als auf purpurne Vorhänge zu deuten«; so Lasson.
92.Diese Tugend heißt griechisch μεγαλοψυχία, lat. magnanimitas. Man begegnet wohl der Auffassung, daß die hier von Ar. gegebene Darstellung des Magnanimus einen spezifisch heidnischen, unchristlichen Geist verrate. Der Magnanimus unseres Philosophen soll nichts von christlicher Demut, bescheidener Dankbarkeit, schlichter Unterwürfigkeit haben. Wir teilen diese Auffassung durchaus nicht. Auch die Behauptung, die vor kurzem in einer philosophischen Zeitschrift zu lesen war, Thomas von Aquino habe den aristotelischen Begriff des Magnanimus im christlichen Sinne verbessert, scheint mir verkehrt. Das Gegenteil dürfte der Fall sein. Man lese nur in dem reifsten Werke des Aquinaten, der theologischen Summa, die 129. Quästion der secunda secundae, besonders Artikel 3. Daß man für alles Gute, was man hat, Gott die Ehre geben muß, ist ja wahr, aber mit der Darstellung des Ar. auch gut vereinbar.
93.d. h. er hält sich für würdiger, als er ist; nicht aber (notwendig) für würdiger, als es der Hochgesinnte ist.
94.»Achill bei Homer (Ilias I, 394 ff.) will, daß seine Mutter Thetis dem Zeus die großen Dienste, die sie ihm geleistet und die er daselbst aufzählt (v. 395–407) ins Gedächtnis rufe, um ihn dadurch zu bewegen, ihres Sohnes verletzte Ehre zu rächen. Aber die klügere Mutter geht bei ihrer Zusammenkunft mit dem höchsten Gotte über diesen Punkt mit bescheidener Andeutung (Ilias I, 503) hinweg und legt das Hauptgewicht auf Zeus' Macht und Gerechtigkeit, die nicht zulassen würden, daß sie »allein verachtet unter den Göttinnen dastehe«. So Stahr, S. 134, Anm. 17.
95.Die Lacedämonier wandten sich an die Athener um Hilfe gegen Theben und beobachteten dabei das angegebene Verfahren.
96.Griechisch ακρόχολοι, von άκρος, extrem.
97.Gr. χαλεπός, daher χαλεπαίνω, ich zürne schwer oder heftig; lat. difficilis, asper.
98.Vgl. II. Buch, 9. Kapitel, Anm. 55.
99.Der Gegensatz der Extreme zur Mitte bleibt also außer Betracht.
100.Also bei den Quacksalbern und Wahrsagern.
101.Hiernach hat also Aristoteles ευτράπελος von τρέπειν wenden, drehen abgeleitet. – Man beurteilt die Körper nach ihren Bewegungen. Schwer sind die Körper, die sich nach unten, wie Erde und Wasser, leicht die, die sich nach oben, wie Feuer und Luft bewegen; weder schwer noch leicht endlich die Körper, die sich im Kreise bewegen, nach Aristoteles die ätherischen Himmelskörper; vgl. den Anfang der Schrift de coelo. Man könnte also ευτράπελος mit gewandt übersetzen. Weil nun aber das η̃θος, die sittliche Art des Menschen, im Verkehr, besonders im Scherz, zum Vorschein kommen soll, so könnte man es doch auch wieder mit artig übersetzen. Vgl. auch II. Buch, 7. Kapitel, Anm. 51.
102.Gr. επιδεξιότης, lat. dexteritas.
103.υπόνοια, Doppelsinnigkeit, eine Rede oder ein Wort, wo sich unter dem nächsten oder Litteralsinn ein anderer Sinn versteckt, der eigentlich in betracht kommt.
104.Dieser und die zwei vorausgehenden Absätze erledigen drei Einwürfe gegen den Satz, daß es den tugendhaften Mann nicht trifft, sich zu schämen: erster Einwurf: er kann trotz seiner Tugend tun was nach menschlicher Anschauung schimpflich ist, und dann müßte er sich schämen. Antwort: er tut auch das nicht; zweiter Einw.: er würde sich schämen, falls er böses täte. Antw.: a) er tut nichts böses, b) es könnte ihm auch wegen eines eventuellen Schamgefühls dieses Gefühl nicht wirklich beigelegt werden. Der dritte Einwurf ist so klar wie seine Widerlegung. – Aristoteles hatte oben II, 7, vorletzter Abs. auch von der Entrüstung, νέμεσις, gesagt, sie sei keine Tugend, sondern ein lobenswerter Affekt. Hier spricht er nicht von ihr, weil von ihr das gleiche gilt wie von dem Gefühl der Scham und Scheu. Von beiden handelt er in dem 2. Buche der Rhetorik.
105.Die Enthaltsamkeit, εγκράτεια, ist keine eigentliche und vollkommene Tugend, weil sie mit Begierde und Lust zusammengeht, aber lobenswert. Aristoteles berührt sie hier passend, weil auch Scheu und Scham keine eigentliche Tugend ist, aber Lob verdient und in dem Alter an der Stelle ist, wo Begierde und Lust mächtig sind.
106.Bisher sind die Tugenden behandelt worden, die sich auf die Affekte, die fliehenden wie die strebenden, beziehen. Jetzt kommt diejenige an die Reihe, die es mit den Handlungen zu tun hat, die Gerechtigkeit, nicht als ob nicht auch jene mit dem Handeln befaßt wären, aber es kommt bei ihnen doch erst an zweiter Stelle in betracht, insofern es aus den Affekten entspringt, während bei der Gerechtigkeit die äußere Handlung an erster Stelle in betracht kommt und der Affekt und die Gesinnung nur insofern, als sie dieselbe erleichtern oder erschweren. – Da hier eine dritte Haupttugend behandelt wird, und später, im 6. Buche, auch noch die einzig übrige, die Klugheit, so dürfte eine Bemerkung über die verschiedene Stellung angebracht sein, die diesen Tugenden bei Aristoteles und bei anderen Autoren, z. B. Cicero und Seneka, angewiesen wird. Bei den genannten beiden sind sie die Hauptgenera der Tugenden, denen die anderen Tugenden je und je untergeordnet sind. Die Klugheit ist die Verstandestugend, die die Vernunft über das rechte Handeln belehrt, die anderen drei sind die Hauptgenera der Charaktertugenden. Die Gerechtigkeit ist die Tugend, die die Vernunft bestimmt, in allem Handeln die Gleichheit zu beobachten; die Mäßigkeit und der Starkmut bestimmen die Vernunft zum rechten Verhalten gegenüber der Lust und gegenüber der Unlust. Aber dieser Auffassung der Haupttugenden als höchster Gattungen stehen zwei Bedenken im Wege. Einmal, daß sie zu jeder Tugend gehören und so keinen Einteilungsgrund der Tugenden abgeben können, sodann, daß die einzelnen Tugenden