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Aristoteles: Gesammelte Werke. AristotelesЧитать онлайн книгу.

Aristoteles: Gesammelte Werke - Aristoteles


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und das Haben haben gegensätzlich so gegenüber, wie die Beraubung und das Haben; denn die Art des Gegensatzes ist dieselbe; so wie die Blindheit dem Gesicht entgegengesetzt ist, so ist auch das Blindsein dem Gesichthaben entgegengesetzt.

      Der Gegenstand der Verneinung und der Bejahung ist nicht selbst eine Verneinung oder Bejahung; denn die Bejahung ist eine bejahende Rede und die Verneinung eine verneinende Rede, während die Gegenstände der Bejahung und Verneinung keine Reden sind. Indess sagt man, dass diese Gegenstände einander ebenso entgegengesetzt sind, wie die Bejahung und die Verneinung, denn auch bei ihnen ist die Art des Gegensatzes dieselbe. Denn so wie etwa die Bejahung der Verneinung entgegengesetzt ist, z.B. das: Er sitzt, dem: Er sitzt nicht, so ist auch das Thatsächliche bei jedem, das Sitzen und das Nicht-Sitzen einander entgegengesetzt.

      Dass die Beraubung und das Haben nicht so, wie bezogene Dinge einander entgegengesetzt sind, ist klar; denn jene werden als das, was sie sind, nicht von ihrem Gegensätze ausgesagt. So ist das Gesicht nicht das Gesicht der Blindheit, noch wird es sonst beziehungsweise von der Blindheit ausgesagt und eben so wenig wird man die Blindheit eine Blindheit des Gesichts nennen; vielmehr heisst die Blindheit eine Beraubung des Gesichts, aber nicht die Blindheit des Gesichts. Auch lässt sich jede Beziehung umkehren, und deshalb müsste auch die Blindheit, wenn sie eine Beziehung wäre, mit dem, von welchem sie ausgesagt wird, sich umkehren lassen; allein dies geht nicht an, denn das Gesicht kann man nicht das Gesicht der Blindheit nennen.

      Die Beraubungen und das Haben sind auch nicht so, wie Gegentheile, einander entgegengesetzt, wie aus dem Folgenden erhellt. Wenn nämlich die Gegentheile der Art sind, dass sie kein Mittleres haben, so müssen die Gegenstände, in denen solche Gegentheile von Natur bestehen oder von denen sie ausgesagt werden, nothwendig immer eines derselben an sich haben; denn wo eines von beiden dem dazu geeigneten Gegenstande anhaften muss, da giebt es kein Mittleres, wie z.B. bei der Krankheit und der Gesundheit oder bei dem Ungeraden und Geraden. Wo aber bei Gegentheilen ein Mittleres vorhanden ist, da ist es niemals nothwendig, dass eines von beiden dem Gegenstande allemal anhaften muss; denn nicht alle dessen fähige Gegenstände müssen nothwendig weiss oder schwarz sein, noch warm oder kalt sein; denn bei diesen Gegenständen kann ein Mittleres bestehen. Auch giebt es von solchen Gegentheilen ein Mittleres, bei denen nicht nothwendig eines von beiden dem dazu fähigen Gegenstande anhaften muss, ausgenommen, wo eines der Gegentheile einem Gegenstande von Natur anhaftet, wie z.B. dem Feuer das Warmsein und dem Schnee das Weiss-sein. Bei solchen Gegenständen muss indess ein bestimmtes von beiden Gegentheilen ihnen anhaften und nicht etwa eines, wie es sich gerade trifft; denn das Feuer kann niemals Kalt und der Schnee niemals schwarz werden. Sonach ist nicht nothwendig, dass jedem, dieser Gegensätze überhaupt fähigen Gegenstande einer von beiden Gegensätzen anhaften müsse; dies findet nur da statt, wo von Natur eines dieser Gegentheile den Gegenständen anhaftet, und hier haftet denselben das eine bestimmte Gegentheil an und es ist nicht zufällig, welches. Bei der Beraubung und dem Haben gilt aber keiner dieser besagten Sätze; hier ist es nicht nothwendig, dass dem dazu befähigten Gegenstande immer eines von beiden einwohne; denn Gegenstände, die überhaupt von Natur nicht; mit dem Gesicht versehen sind, nennt man weder blind noch sehend; sie gehören daher auch nicht zu solchen Gegentheilen, die kein Mittleres haben; aber ebenso wenig zu denen, die ein Mittleres haben; denn es ist nothwendig, dass zur bestimmten Zeit bei allen dazu fähigen Gegenständen entweder das Haben oder die Beraubung bestehen muss; denn wenn etwas schon das Gesicht von Natur haben muss, so wird man auch von ihm sagen, dass es sehend oder blind sei, aber nicht gerade bestimmt eines von beiden, sondern wie es sich trifft; denn es besteht keine Nothwendigkeit weder für die Blindheit, noch für das Gesicht, sondern jedes kann sein, je nachdem es sich trifft. Bei den Gegentheilen aber, die ein Mittleres neben sich haben, ist es niemals nothwendig, dass der Gegenstand ohne Ausnahme eines der beiden Gegentheile an sich habe, sondern dies gilt nur für Einzelnes, wo aber dann der Gegenstand auch nur ein bestimmtes von beiden Gegentheilen an sich hat. Sonach erhellt, dass die Gegensätze der Beraubung und des Habens auf keine der Weisen, wie die Gegentheile einander entgegengesetzt sind.

      Auch kann bei den Gegentheilen, wenn ein desselben fähiger Gegenstand vorhanden ist, das eine Gegentheil in das andere und dieses in jenes übergehen, ausgenommen, wenn einem Gegenstande von Natur nur das eine Gegentheil anhaftet, wie dem Feuer das Warm – sein; denn das Gesunde kann krank werden und das Weisse kann schwarz werden und das Kalte warm; und aus dem Guten kann ein Schlechtes und aus einem Schlechten kann ein Gutes werden; denn wenn ein schlechter Mensch zu besserer Beschäftigung und zu besserem Verkehr geleitet wird, so würde dies, wenn auch nur ein wenig, zu seinem Bessersein beitragen; und wenn er hierin nur einmal einen, wenn auch kleinen Schritt vorwärts gethan, so wird er sich schliesslich sicherlich entweder ganz zum Besseren wenden oder doch erheblich weiter dazu vorrücken; denn er wird allmälig immer mehr für die Tugend empfänglich werden, wenn er nur überhaupt einen ersten Schritt dahin gethan hat und es ist deshalb wahrscheinlich, dass er auch noch weitere Fortschritte dahin machen wird; und wenn er so fortfahrt, so wird er schliesslich in den entgegengesetzten Zustand gelangen, sofern ihm die genügende Zeit dazu bleiben sollte. Dagegen ist es bei dem Haben und der Beraubung unmöglich, dass das eine in das andere sich gegenseitig verändern kann; denn das Haben kann sich wohl in die Beraubung verändern, aber die Beraubung nicht umgekehrt in das Haben; denn der Blind-Gewordene hat niemals wieder gesehen und der Kahlköpfige ist niemals wieder behaart geworden; und eben so hat der Zahnlose nie wieder Zähne bekommen.

      Alles endlich, was wie Bejahung und Verneinung einander entgegengesetzt ist, ist es offenbar in keiner der bisher besprochenen Weisen; denn nur bei ihnen muss immer das eine von beiden nothwendig wahr und das andere falsch sein, während bei den Gegentheilen es nicht immer nothwendig ist, dass das eine wahr und das andere falsch sei, und auch bei den Beziehungen und bei dem Haben und der Beraubung dies nicht nöthig ist. So sind z.B. die Gesundheit und die Krankheit Gegentheile und doch ist keines von beiden wahr oder falsch. Ebenso sind das Doppelte und das Halbe einander als Bezogene entgegengesetzt und doch ist keines von beiden entweder falsch oder wahr, und dasselbe gilt auch für das Haben und die Beraubung, wie z.B. für das Gesicht und die Blindheit. Ueberhaupt ist Alles, was ohne Verbindung gesprochen wird, weder falsch noch wahr und alle diese erwähnten Gegensätze werden ohne Verbindung ausgesagt. Indess könnte man meinen, dass dies gerade bei den Gegentheilen dann vorzugsweise der Fall sei, wenn sie in einer Verbindung ausgesagt würden; wie z.B. das Gesundsein des Sokrates das Gegentheil von dem Kranksein des Sokrates sei. Allein auch dann ist es nicht immer nothwendig, dass eines von beiden wahr und das andere falsch sei. Allerdings wird, wenn Sokrates lebt, das eine wahr und das andere falsch sein, aber wenn Sokrates überhaupt nicht besteht, so sind beide Gegensätze falsch; denn weder das Kranksein noch das Gesundsein des Sokrates ist wahr, wenn überhaupt Sokrates nicht besteht. Was aber die Beraubung und das Haben anlangt, so ist zwar auch, wenn Sokrates überhaupt nicht vorhanden ist, keines von beiden wahr, aber selbst, wenn er vorhanden ist, ist nicht immer das eine wahr und das andere falsch. Der Satz, dass Sokrates das Gesicht habe, ist z.B. dem Satze, dass er blind sei, so wie das Haben der Beraubung entgegengesetzt und trotzdem ist es, auch wenn Sokrates lebt, nicht nothwendig, dass das eine wahr und das andere falsch sei; (denn wenn Sokrates überhaupt von Natur kein Gesicht hat, so ist beides falsch); ist aber Sokrates überhaupt nicht vorhanden, so ist auch dann beides falsch, sowohl dass er sehe, als dass er blind sei. Dagegen ist bei der Bejahung und der Verneinung, mag nun der Gegenstand vorhanden sein oder nicht, immer die eine falsch und die andere wahr. Denn dass Sokrates krank sei oder dass er nicht krank sei, davon ist offenbar, wenn Sokrates vorhanden ist, das eine wahr und das andere falsch und dies gilt auch, wenn Sokrates nicht vorhanden ist; denn bestellt Sokrates nicht, so ist sein krank – sein falsch, aber wahr, dass er nicht krank ist. Sonach ist es nur denjenigen Gegensätzen allein eigen, dass immer einer von beiden wahr und der andere falsch sein muss, welche sich wie Bejahung und Verneinung gegenüberstehen.

      Elftes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Das Gegentheil vom Guten ist nothwendig das Schlechte, wie sich durch Betrachtung des Einzelnen ergiebt; so ist die Krankheit nothwendig das Gegentheil von der Gesundheit und die Feigheit von der Tapferkeit und dasselbe gilt für andere solche Fälle. Aber von dem Schlechten ist bald das


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