Delicious 2 - Catch me | Erotischer Roman. Alice WhiteЧитать онлайн книгу.
»Also, Püppi?« Verdammt! Erneut tauchte Marlon unbemerkt neben mir auf und ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen. Die Klingel am Pass ertönte und rettete mich aus dem unbehaglichen Moment. Meine Bestellung für die charmante Tischrunde auf der Terrasse war fertig. Ich ließ Marlon ohne Antwort stehen, holte die ersten Teller und ging nach draußen. Die Herren der Schöpfung begrüßten mich und die Speisen mit schallender Begeisterung. Ich blieb höflich, aber auf Abstand. So gut es zwischen den engen Plätzen am Tisch eben ging. Ich nahm noch eine weitere Getränkebestellung auf und versprach, dass die restlichen Gerichte nicht mehr lang auf sich warten lassen würden. Ich hoffte inständig, dass sie es doch tun würden, um den Kerlen so lang wie möglich fernbleiben zu können. Zügig entfernte ich mich vom Tisch und steuerte die Eingangstür an. Doch bevor ich sie öffnen konnte, kam Marlon mir bereits zuvor. Er baute sich erwartungsvoll vor mir auf und lächelte sein schönstes Lächeln, was mir beinah die Knie weich werden ließ.
»Also, wie schaut’s aus?« Ich zögerte. Doch dann fasste ich mir ein Herz und sagte ihm genau das, was ich dachte.
»Ich glaube, das ist keine gute Idee.«
»Warum nicht?«
»Du weißt, warum.« Seinem Gesicht nach zu urteilen, wusste er genau, wovon ich sprach. Dennoch tat er vollkommen unschuldig.
»Tja, musst du wissen. Ich wollte einfach bloß etwas mit dir trinken gehen, Püppi.« Da war wieder dieses Püppi. Dieser Kosename, der so gegensätzlich zu meinem Charakter stand und doch so eine unglaubliche Wirkung auf mich hatte. »Es ist dir also ernst mit Hendrik«, stellte er fest.
»Ist es.«
»Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass mir das gefällt. Aber nun denn, wenn es dein Wille ist. Kehren wir zurück zur Normalität, Frau Gralke.« Hatte er mich gerade gesiezt?
»So normal nun auch wieder nicht.« Er trat einen Schritt an mich heran. Ich stand noch immer unbewegt vor der Eingangstür und warf einen flüchtigen Blick durch die Glasscheibe. Noch schien niemand verzweifelt nach mir zu winken.
»Sind wir Freunde?«, fragte er. Ich nickte. Er kam noch näher. Das war nicht gut. Ganz und gar nicht gut. Doch ich konnte mich auch nicht bewegen. »Freunde umarmen sich, oder?« Ich bejahte seine Frage erneut. Er legte seine Hand auf meine Wange und schaute mir tief in die Augen. Mir wurde heiß, unerträglich heiß. »Und küssen sich Freunde auch hin und wieder?« Ich wollte Ja sagen.
»Nein«, gab ich stattdessen zurück.
»Schade. Solche Freundschaften hab ich besonders gern.« Marlon beugte sich zu mir heran. Doch bevor er mir zu nah kommen konnte, schob ich ihn von mir weg.
»Siehst du, genau darum können wir nichts trinken gehen.«
»Es ist nur ein Drink, Alex«, sagte er mit vollkommener Unschuldsmiene. Ich atmete ganz tief ein und legte ihm eine Hand auf die Brust. Meine Finger begannen augenblicklich zu kribbeln. Als würde sich ein riesiges Ameisengeschwader unter meiner Handfläche sammeln.
»Wir wissen doch beide, dass es nicht nur das wäre. Wir würden unweigerlich in eine Situation geraten, aus der es kein Zurück gäbe. Das hast du doch gerade eben bewiesen.« Seine Mimik verhärtete sich.
»So ernst kann es dir mit Hendrik ja nicht sein, wenn du dir da so sicher bist.« Du Arsch! Ich nahm erschrocken die Hand von ihm weg und trat einen Schritt zurück. Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Ein derartiges Verhalten hätte ich ihm nicht zugetraut. Aber vielleicht war das auch genau das Richtige, um Abstand zueinander zu bekommen.
»Ich werde mal so tun, als hättest du das gerade nicht gesagt, Freund.« Ohne ein weiteres Wort griff ich nach der Türklinke, zog die schwere Eisentür auf und verschwand angefressen im Speisesaal. Die Klingel am Pass ertönte erneut und ich konzentrierte mich wieder darauf, die anzüglichen Annäherungsversuche der Geier abzuwehren.
***
Wie verabredet, holte Hendrik mich am Donnerstag spätnachmittags an der Bushaltestelle ab. Marlon hatte sich die letzten Tage rargemacht, aber das war mir nur recht. Ich empfand sein Verhalten mehr als unangebracht und hatte keine sonderliche Lust, mir mein Hochgefühl mit Hendrik vermiesen zu lassen. Nicht von ihm.
Mit den Öffentlichen hatte ich eine halbe Ewigkeit bis zu Hendriks Arbeitsstelle gebraucht. Mit dem Auto wären es bloß zwanzig Minuten gewesen. Nun, nach über einer Stunde, war ich erleichtert, aus dem stickigen Bus aussteigen zu können, und fiel Hendrik um den Hals. Die Klimaanlage war außer Betrieb gewesen und der Stoff meines Kleids klebte mir am Körper.
»Was für eine Fahrt.« Doch diese geriet augenblicklich in Vergessenheit, als Hendrik seine Hand in meinen Nacken legte und mich küsste. Ein kribbeliger und wunderbar anregender Kuss, so flüchtig und doch so verheißungsvoll.
Wir schlenderten Hand in Hand die wenigen Meter bis zur Einfahrt des landwirtschaftlichen Betriebs am Ortsausgang. Als hätten wir noch nie etwas anderes getan. Händchenhalten, an der Bushaltestelle knutschen und sich vom Arbeitstag erzählen. Alltägliche und vollkommen normale Dinge, über die ich mich für gewöhnlich lustig machte oder als unnötig abtat. Doch in diesem Moment machte ich nichts dergleichen. Unsere Handflächen lagen ineinander, als gehörten sie genau dorthin, unser Gespräch verlief locker-flockig und vollkommen entspannt. Natürlich schwamm die freudige Erwartung auf das nächste Nacktabenteuer unterschwellig mit. Doch ich verspürte in diesem Augenblick keine Eile, das plüschige Pärchen-Zeug zu überspringen und meiner körperlichen Lust nachzugeben. Jedenfalls nicht in den nächsten zehn Minuten.
Hendrik schien es ebenfalls nicht eilig zu haben. Nachdem wir die Einfahrt erreicht hatten, führte er mich erst mal auf dem Gelände herum. Er zeigte mir die Räumlichkeiten für die Lagerung der Maschinen, den kleinen Hofladen, in dem die selbst angebauten Obst- und Gemüsesorten verkauft wurden, das Gewächshaus und die Büro- sowie Geschäftsräume. Er schwärmte von seiner Arbeit und ratterte sämtliche Berufszweige herunter, die sich hier gemeinschaftlich zusammengeschlossen hatten. Ich hingegen sah in jedem Raum, in jeder Ecke potentielle Nischen für ein schnelles Stelldichein. Doch nicht heute. Da wir an jedem Ort, den ich gedanklich als bespielbar notierte, auf fleißige Mitarbeiter trafen. Aushilfen im Gartenbau, Forstwirt-Azubis und Jägerkollegen. Fast die gesamte Palette an grünen Berufen wurde abgedeckt. Auch wenn ich ihm nicht wirklich folgen konnte und sich mein Interesse für die Land- und Forstwirtschaft in Grenzen hielt, fand ich es dennoch bemerkenswert, wie leidenschaftlich er seinen Job anpries.
Und auch seine Arbeitskleidung stand ihm ausgezeichnet. Ich würde die Kellner-Uniform zwar bevorzugen, musste aber doch zugeben, dass ihn dieses Olivgrün wirklich kleidete. Praktische Hightech-Klamotten mit einem Hauch Tradition. Ach ja, der altbekannte Reiz der Uniformen. Auf seine traf dies wirklich zu. Ich bekam große Lust, ihm die leuchtende Warnweste von den Schultern zu reißen und mich an dem derben Stoff zu schaffen zu machen. Zumal Hendrik ja mit einer schönen Aussicht geworben hatte, die ich mir definitiv noch anschauen wollte. Gerade, als ich nach dem Hochsitz und dem unterschwellig ausgesprochenen Versprechen nach einer schnellen Nummer in luftiger Höhe fragen wollte, kam eine junge Dame mit naturroten Haaren in Waldmontur auf uns zu. Dicht gefolgt von Herman, der sich in ihrer Gegenwart deutlich wohler zu fühlen schien als bei unserem letzten Aufeinandertreffen. Aufgeregt sprang und hopste er an ihren Beinen herum, mit einem kleinen Zweig fest zwischen den Zähnen haltend. Die junge Frau lächelte, griff nach dem Stöckchen und warf es in die Ferne.
»Na, hat er sich ausgetobt?«
»Er war kaum zu bremsen«, entgegnete sie und reichte mir die Hand.
»Olivia, hi«, stellte sie sich vor.
»Das ist Alex, meine Freundin«, kam Hendrik mir zuvor. Das war das erste Mal, dass er das Wort Freundin in den Mund genommen hatte. Es fühlte sich ungewohnt an, so bezeichnet zu werden. Doch ich ließ ihn. Ist ja bloß ein Titel. Wir tauschten dezente Höflichkeiten aus, während Herman immer wieder sein Stöckchen zu uns brachte. Mich ignorierte er gekonnt. War mir auch sehr recht.
»Ich muss noch mal raus, hab meine Tasche liegen lassen. Wollt ihr mit?«, fragte sie einige Minuten später. Ich schaute vielsagend zu Hendrik.