Falk 8: Pippo di Fiumes Schatz. Melanie BrosowskiЧитать онлайн книгу.
schließen lässt, dann Freiheitsberaubung und nun … Mord!« Falk war ganz und gar nicht wohl bei der Sache.
»Ich verstehe das nicht. Was sollen wir jetzt tun?«
Das war eine gute Frage.
Falk überlegte. Sie konnten den Toten allein aus Pietätsgründen schon nicht hier einfach liegen lassen. Schließlich waren sie Männer von Ehre.
»Wir bringen ihn in die Stadt oder auf Graf Colleverdes Burg«, schlug er schließlich vor.
»Besser zur Stadtwache«, erwiderte der Gaukler.
»Gut, wenn du meinst.« Er hob den Leichnam an. »Hilf mir, wir binden ihn auf sein Pferd und …«
Sie sahen die Ankommenden fast gleichzeitig. Ein Dutzend Männer. Mit Helmen und Piken auf Pferden, deren Hufschläge donnerten.
»Bewaffnete!«
»Hm.«
Das würde Ärger geben, vermutete Falk. Und er sollte recht behalten.
Ihr Anführer preschte auf sie zu, zügelte dann grob seinen Rappen. »Halt!«, befahl er lautstark. »Im Namen des Grafen Colleverde, was macht ihr da? Wer seid ihr?« Finster dreinblickend musterte er sie. Ehe Falk etwas antworten konnte, keuchte der Mann neben dem Anführer erschrocken auf und streckte die Hand anklagend aus. »Herr! Der Tote … Es ist tatsächlich ein Diener der Familie di Fiume!«
Falk traute seinen Ohren nicht. Was sollte der Mann sein?
Fragend sah er zu Bingo, der allerdings noch nicht seine Sprache wiedergefunden hatte.
Dafür ergriff der Anführer mit dem roten Umhang und dem Hut mit der Feder wieder das Wort. »Gut, dass ich den Hinweis ernst genommen habe. Nehmt die beiden fest!«
Das wollte sich Bingo natürlich nicht gefallen lassen, waren sie beide doch unschuldig. »Bei allen … wir haben nichts mit diesem Toten zu tun!«, erwiderte er.
Doch so einfach war die Sache für den Anführer der Gruppe nicht erledigt. »Das wird sich herausstellen. Durchsucht sie, Männer! Seht auch in der Scheune nach!«
Sie packten Falk und Bingo, hielten sie gröber als nötig fest, während sie sie durchsuchten.
»Unerhört! Ich bin Ritter Falk von Steinfeld und dies ist mein Freund Ritter Bingo della Rocca!«
Falks Protest blieb jedoch ohne Wirkung.
Im Gegenteil. Einer der Männer lachte höhnisch. »Ritter? Ihr? Eher lausiges Gesindel!«
Und so konnten die beiden es nur über sich ergehen lassen und hoffen, dass sich alles zu ihren Gunsten klärte. Denn wieso auch nicht? Sie waren schließlich unschuldig, hatten nichts verbrochen; ja waren sogar selbst Opfer dieser beiden Fremden gewesen.
Natürlich fand man das Buch.
Interessiert blätterte der Anführer mit dem langen schwarzen Schnauzbart es durch. »Interessant. Ein Gedichtbändchen, das Lucia di Fiume gehört. Wie kommt es unter Euer Wams, wenn Ihr nichts mit dem Toten zu tun habt?« In seinen Augen funkelte es. Seine Männer fingen an zu munkeln.
Falk spürte, wie die Stimmung kippte. Die Situation wurde für sie eindeutig gefährlich.
»Die beiden haben viel Geld in ihren Satteltaschen, Herr!«, warf derjenige in die Runde, der ihr Hab und Gut unter die Lupe genommen hatte.
»Ha!« Auflachend stemmte der Anführer die Fäuste an die Hüften. »Damit ist Eure Schuld erwiesen. Dieser Unglückliche sollte zwanzig Pferde einkaufen. Ihr habt ihn überfallen, ermordet und ausgeplündert. Mit solchen Strauchdieben machen wir hier kurzen Prozess! Als Vogt des Grafen verurteile ich Euch hiermit zum Tode. Habt Ihr Einwände, Hauptmann?« Damit wandte er sich an den Mann, der neben ihm stand.
Dieser schüttelte vehement den Kopf. Es schien ihm gar nicht schnell genug mit der Hinrichtung zu gehen. »Nein, Vogt, die beiden Fremden sind schuldig. Holt Stricke, Männer! Und dann an den Baum dort mit ihnen!« Er deutete zu einer großen Eiche mit starken Ästen. Nahezu perfekt für eine schnelle Hinrichtung.
Falk war fassungslos. Man hatte ihnen nicht einmal die Gelegenheit gegeben, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Von einer fairen Verhandlung ganz zu schweigen.
»Wie? Ich habe wohl nicht richtig gehört!«, fuhr er den Kerl an.
»Seid Ihr wahnsinnig geworden, Vogt?« Auch Bingo hatte sich endlich aus seiner Schockstarre gelöst. »Wir sind Ritter!« So konnte man doch nicht mit ihnen umgehen!
Statt eine Antwort zu geben, wandte der Vogt Falk und Bingo voller Verachtung den Rücken zu. Mit so einem Pack wollte er anscheinend nichts weiter zu tun haben.
Entsetzt und hilflos zugleich beobachteten Falk und Bingo, wie die Männer die Stricke für ihre Exekution vorbereiteten.
So sollten sie also enden? Wie Verbrecher nebeneinander an einem Ast baumeln?
Das konnte und wollte keiner von ihnen glauben.
Es musste doch einen Ausweg geben!
»Ihr macht einen großen Fehler, Vogt!«, versuchte Bingo es erneut. »Wir sind wirklich Ritter!«
»Ritter?« Der Vogt wandte sich um und verzog spöttisch das Gesicht. »Da muss ich ja lachen! Ritter? Nein, wohl eher ein Fettwanst!« Er spuckte Bingo das Wort geradezu ins Gesicht.
Was Bingo sich natürlich nicht gefallen ließ. In seiner Ehre gekränkt, ging er auf den Vogt los, was für Falk verständlich war, aber ihre Situation nicht gerade verbesserte.
»Bei dem Wort Fettwanst sehe ich rot!« Wütend und außer sich packte er den Vogt an seinem Hemd.
Dieser war so überrascht von Bingos Attacke, dass er sich gegen diesen Angriff nicht wehrte. »Ah!«
»He!« Der Hauptmann sah die Gefahr, in der der Vogt schwebte und fürchtete um dessen Leben.
»Hilfe!« Reglos hing der Vogt in Bingos großen Händen.
»Beschützt den Vogt! Haltet die Mörder!«, schrie der Hauptmann.
Die Situation eskalierte. Die Männer zogen ihre Waffen, bereit, für ihren Vogt zu töten und zu sterben.
Natürlich blieb auch Falk nicht tatenlos. »Weg mit dem Dolch, Hauptmann!« Mit einem kräftigen Faustschlag in den Nacken brachte Falk den Kerl zu Fall. Stöhnend ging dieser zu Boden.
Ein wilder Kampf entbrannte.
Falk hatte lediglich seine bloßen Hände, um gegen die Bewaffneten anzugehen. »Zurück mit euch!«
Zum Glück besaß er genug Erfahrung und auch die entsprechende Körperkraft, um sie in Schach zu halten, indes Bingo sich eines Dolchs bemächtigt hatte, den er dem Vogt an den Hals hielt, während er ihn mit der anderen Hand festhielt.
»Lasst mich sofort los!«, verlangte der Vogt entrüstet. »Sonst gebe ich den Befehl, Euch niederzustoßen!«
Darauf ging Bingo natürlich nicht ein. Das hätte Falk auch sehr gewundert.
»Damit könnt Ihr uns nicht erschrecken, Vogt. Zwischen Stahl und Hanf ist kein großer Unterschied. Das Ergebnis ist das Gleiche!«
Da musste Falk seinem Freund recht geben. Wobei, wenn er die Wahl hatte, würde er vermutlich den Stahl vorziehen. Ein schnellerer und wahrscheinlich weniger qualvoller Tod, als elendig zu ersticken, wenn man sich nicht sofort das Genick brach.
»Nur für Euch nicht!«, fuhr Bingo fort. »Wenn Eure Männer ihre Waffen gegen uns erheben, seid Ihr des Todes!«
Der Vogt schüttelte leicht den Kopf. In seinen Augen blitzte es auf. »Ah! Ihr … Ihr wagt es … damit kommt Ihr niemals durch!«
Die Männer hatten sich mittlerweile zurückgezogen. Abwartend. Niemand von ihnen wollte für den Tod des Vogts verantwortlich sein, was Falk nur zu gut verstehen konnte. »Es geschieht nur zu Eurem Besten, Vogt!«, sagte er.
»Wie?«