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Warum es Bullshit ist, andere ändern zu wollen. Nele KreyßigЧитать онлайн книгу.

Warum es Bullshit ist, andere ändern zu wollen - Nele Kreyßig


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Beispiel verschiedene Mitarbeitergenerationen oder Persönlichkeiten im Team erfolgreich zusammenführen wollen.

      Unser Urteil sagt viel über uns aus.

      Wenn Sie die WEWAW-Schritte am Modell durchgehen, schauen Sie sich Ihre Wertungen praktisch in Zeitlupe an. Dabei wird Ihnen wahrscheinlich bewusst, dass es keineswegs so ist, dass wir rational (mit dem Verstand) auf unsere Umgebung reagieren. In der Regel flammt zuerst spontan und blitzschnell eine Emotion in uns auf (etwa Ärger, Überraschung, Angst oder auch Freude, Neugier). Erst dann bewerten wir unsere Wahrnehmung und handeln. Die Bewertung (Idiot! Zicke! Feigling! Wow, das ist ein Toller!) erfolgt direkt nach der Emotion, dazwischen liegen oft kaum Sekunden. Auch an die Auswirkungen Ihrer Reaktion und Ihres Handelns werden Sie im Alltag umso öfter denken, je häufiger Sie diese kleine Übung machen.

      Sie können nur einen Menschen ändern: sich selbst!

      Im ersten Schritt geht es in diesem Modell darum, die eigenen Mechanismen zu verstehen. Wenn Sie sich öfter hinterfragen und sich selber besser verstehen, gelingt Ihnen im nächsten Schritt möglicherweise eine neue Bewertung (was gar nicht so einfach ist) oder zumindest ein anderes Verhalten: Sie reagieren anders, etwas überlegter und vorsichtiger, oder sparen sich den einen oder anderen Kommentar ganz. Denn die einzige Person, die Sie wirklich zuverlässig ändern können, sind – Sie selbst! Warum hier der echte Hebel für Veränderungen in Ihrem Leben liegt, werden wir uns später noch genauer anschauen (vgl. Kapitel 2 »Mehr Durchblick für Gelassenheit«).

       WEWAW-Modell: Wie werte ich im Alltag?

       Nehmen Sie ein Blatt Papier zur Hand und notieren Sie sich in welcher Situation Sie sich selbst als wertend wahrgenommen haben. (Seien Sie ehrlich zu sich selbst: Notieren Sie auch Wörter, die Sie eigentlich niemals sagen oder gar aufschreiben würden. Das ist Ihr Übungsfeld, hier werden Sie nicht bewertet!)

W Wahrnehmung Was nehme ich wahr? Was fällt mir besonders auf? (Z. B. unpassende Kleidung des Partners beim Geburtstagsfest einer Bekannten.)
E Emotion Welche Emotion löst das bei mir aus? (Z. B. genervt sein.)
W (Be-)Wertung Wie bewerte ich (aufgrund dieser Emotion) das Wahrgenommene bzw. die Person? (Z. B.: »Idiot! Wie oft habe ich das schon angesprochen!?«)
A Aktion Wie verhalte ich mich? Was sage ich (falls ich etwas sage)? Auch Nichthandeln ist eine Aktion! (Z. B. Augenrollen, ich strafe ihn, indem ich ihn beim Fest meide …)
W (Aus-)Wirkung Welche Auswirkung hat mein Handeln auf den anderen und auf unser Miteinander? (Z. B.: Er denkt: »Oh Mist, ich hab schon wieder was falsch gemacht und weiß nicht was.« Oder andere sprechen über uns: »Was ist bei denen denn los?«) Welche Auswirkung hat mein Handeln auf mich? (Z. B. weniger Freude bei dem Fest.)

      Bedeutet der kritische Blick auf unsere Neigung, zu bewerten, dass man einfach alles akzeptieren soll? Diese Frage wird mir manchmal gestellt. Die Antwort ist: Eindeutig nein! Etwas zurückhaltender, selbstkritischer und toleranter zu sein beim Formulieren von (Be-)Wertungen ist nicht gleichbedeutend mit einem Freifahrtschein für jede, jeden und alles. Da, wo die eigenen Werte massiv verletzt oder bestimmte Grenzen überschritten werden, sollten wir handeln. Das gilt nicht nur für juristische Grenzen (wie etwa bei Beleidigungen, Hetze, Verleumdungen oder Ähnlichem), sondern auch für persönliche Grenzen, die sich aus unseren Kernwerten ergeben. Wer für Toleranz und Weltoffenheit steht, wird hoffentlich die Stimme erheben, wenn am Kaffeetisch oder im Sportverein gegen Ausländer gehetzt wird. Auch da, wo die eigene seelische oder körperliche Unversehrtheit bedroht ist, muss man handeln. Wem als Kind Kälte oder gar Gewalt entgegengebracht wurde, der hat jedes Recht dazu, den Kontakt zu seinen Eltern abzubrechen. Behandeln Sie sich selbst genauso liebevoll, wie Sie eine enge Freundin oder einen engen Freund behandeln würden. In der Praxis belasten wir uns und unsere Beziehungen jedoch häufig mit Werturteilen zu Fragen, bei denen man durchaus unterschiedlicher Meinung sein kann – wie die Frage nach der »richtigen« Art und Weise, eine Hochzeit zu feiern. Wenn es dann geknallt hat, reiben wir uns mit etwas Abstand die Augen und fragen uns: War es das wirklich wert?

       »Ich weiß, was gut für dich ist!«

       Von Hobbypsychologen, Besserwissern und den Tücken guter Ratschläge

      Wie oft haben Sie in den letzten Jahren eigentlich etwas gemacht, nur weil Ihnen ein anderer dazu geraten hat? Damit meine ich jetzt nicht Ihren Hausarzt, der Ihnen rät, die Tabletten morgens nach dem Frühstück einzunehmen, oder den Automechaniker, der neue Winterreifen empfiehlt. Diese Ratschläge machen oftmals Sinn. Sondern ich meine beispielsweise die eigene Mutter, die dazu rät, doch etwas strenger mit den Kindern zu sein: Die würden Ihnen doch auf der Nase herumtanzen! Oder den Freund, der sagt, es wäre Zeit, etwas gegen Ihren Waschbärbauch zu tun, und Sie drängt, ihn ins Fitnessstudio zu begleiten. Kurz: Ich meine Ratschläge, die tatsächlich unbequeme (und für Sie vielleicht gar nicht passende?) Verhaltensänderungen nach sich ziehen würden. Vielleicht haben Sie spontan gedacht: »In meine Erziehung lasse ich mir nicht reinreden, von meiner Mutter schon gar nicht!«, oder: »Fitnessstudios habe ich schon immer gehasst, wie kommt der nur auf die Idee!« Willkommen im Klub: Gerade die Personen, die am eifrigsten Ratschläge verteilen, werden plötzlich störrisch, wenn sie nun selbst welche annehmen sollen.

      Warum gute Ratschläge meist scheitern.

      Die meisten guten Ratschläge sind von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil Menschen sich – stark vereinfacht gesagt – nur dann ändern, wenn die in Aussicht stehende Belohnung größer ist als die erforderliche Anstrengung. Wichtig dabei: Wie verführerisch eine Belohnung (bzw. ein Zielzustand oder Zielverhalten) ist, entscheidet die Adressatin oder der Adressat eines guten Ratschlags, nicht etwa die Rat gebende Person! Vielleicht mögen Sie Ihre Kinder so lebhaft, wie sie sind, und Sie legen gar keinen Wert auf einen Waschbrettbauch. Da ist sie wieder: Die persönliche Brille, durch die jeder von uns die Welt sieht. Die meisten Ratgeber/-innen blicken mit ihrer Brille auf das Leben des anderen, was in Formulierungen wie »Also, ich an deiner Stelle würde ja xy machen!« oder »Wenn ich du wäre, würde ich …« ziemlich deutlich durchschimmert. Ich bin aber nicht du. Auch Sätze wie »Warum machst du nicht einfach …?« leiden unter diesem Fehlschluss, denn was für Person A »einfach« ist, muss es für Person B noch lange nicht sein. Sonst hätte B es vielleicht ja schon probiert. Je unterschiedlicher die Lebensmodelle und Werte sind, desto krasser unterscheiden sich die Dioptrien unserer Wertungsbrillen. So kommt es dann zu unfreiwillig komischen Ratschlägen, nach denen der Punkrocker die E-Gitarre in die Ecke stellen, sich die Haare kämmen und bei Onkel Werner als Azubi anheuern soll.

      Wenn der Änderungswunsch an eine andere Person gleich mit einem guten Ratschlag kombiniert wird (also einer Empfehlung, wie die oder der andere die Änderung hinkriegen kann), macht man oft alles nur noch schlimmer. Gründe für das Scheitern guter Ratschläge gibt es viele:

      •Die oder der andere möchte vielleicht gar keinen Rat. Auch wenn sie/er das


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