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Shake your Life. Ralph GoldschmidtЧитать онлайн книгу.

Shake your Life - Ralph Goldschmidt


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Selbstwertgefühl gewinnt man persönliche Ausstrahlung, das macht attraktiver für das andere Geschlecht. Mit sinkendem Selbstwertgefühl verliert man Attraktivität. Ganz unabhängig vom physischen Aussehen.

      Nur: Sie können sehr attraktiv sein, aber gleichzeitig unglücklich. Denn das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

      Wenn die Frau nach dem traditionellen Muster Küche, Kirche, Kind dem Mann den Rücken frei hält, damit der beruflich erfolgreich sein kann, dann kann das ein wohltuendes Arrangement für beide sein – oder die Hölle auf Erden. Dann nämlich, wenn die Frau subtil Druck ausübt: Lieber Mann, du bist nur dann etwas wert, wenn du in der Firma Gas gibst und ordentlich Kohle heimschaufelst!

      Wenn der Job den Mann dann gar nicht ausfüllt, er sinnlos findet, was er tut, er sich eigentlich eine andere Arbeit wünscht, dann wird es problematisch. So wie bei Victor.

      Ihn kotzt der Job nämlich in Wahrheit an. Er möchte raus da, am liebsten etwas ganz anderes machen. Aber seine Frau sperrt sich. Denn das würde einen Umzug bedeuten. Umziehen? Dann müsste sie sich den Freundeskreis, in dem sie sich über Jahre eine Stellung erarbeitet hat, ja wieder komplett neu aufbauen! Und die ganze Organisation der Familie! Und das schöne Haus, das doch ideal ist! Und warum überhaupt? Ihnen geht es doch gut! Er hat einen sicheren Job, verdient gut. Was will er denn überhaupt?

      Sie kann ihn überhaupt nicht verstehen. Denn ihr geht es um völlig andere Dinge. Sie hat offenbar eine andere Sortierung der Werte. Das ist der Punkt.

      »Was ist denn überhaupt

      das Problem bei deinem Job?«, frage ich Victor, als er sich wieder gefangen hat.

      »Ich gehe mal davon aus, dass Barkeeper ein Schweigegelübde ablegen wie Priester oder Ärzte oder so. Richtig?«

      »Na, klar!«

      »Also, es ist so: Ich finde das ganze Geld ja auch gut. Ich mag gute Klamotten und so. Mir fällt es leicht, viel Geld zu verdienen, ich finde auch irgendwie, dass das für mich normal ist, es steht mir zu, habe ich das Gefühl. Das soll jetzt nicht überheblich klingen, ich will nur sagen, dass ich mich damit ganz wohlfühle. Ich bin ja auch leistungsfähig. Oder anders gesagt, ich habe kein Problem mit meinem Selbstwertgefühl.«

      »Echt?«

      »Ja, echt. Wieso echt? Jetzt bring mich nicht aus dem Konzept!«

      »Schon gut.«

      »Also, jedenfalls gefällt mir meine Gehaltsabrechnung so, wie sie ist. Nur …«

      »Nur?«

      »Nur nicht um jeden Preis. Faule Tricks anwenden zu müssen, das ist es nicht wert. Ich will mein Geld ehrlich verdienen. Mich kotzt es an, was bei uns läuft! Ich muss mir täglich auf die Zunge beißen, um nicht rumzuschreien, was der ganze Laden für ein Misthaufen ist!«

      Oh, mein lieber Scholli. Jetzt merkt man, was der für einen Druck aufm Kessel hat. Mit dem würde ich mich nicht unbedingt anlegen wollen. »Du brauchst mir nicht zu sagen, was da genau läuft, wenn du nicht willst.«

      »Doch, das will ich. Ich kann ja mit niemandem drüber reden, das ist ja Teil des Problems, ich will das einfach mal erzählen, wenn’s dir recht ist.«

      »Ja, nur zu. Ich höre und vergesse. Das ist mein Job. Und wenn ich mal ein Buch schreibe, werde ich deinen Namen ändern, okay?«

      Victor Wodka grinst. »Okay, also pass auf. Es ist ganz einfach. Mein Job besteht darin, überteuerte Medikamente von mittelmäßiger Qualität, die eigentlich keiner braucht, mit Vertriebspower in den Markt zu drücken. Wir werden subtil gedrängt, alle Register zu ziehen, um Kohle zu machen. Ich muss meinen Leuten die Mohrrübe hinhalten oder ihnen richtig in den Arsch treten, damit sie rennen wie die Blöden. Zuckerbrot und Peitsche. Und das macht mir überhaupt keinen Spaß.«

      Jetzt merkt man, was der für einen Druck aufm Kessel hat.

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      Er rührt mit dem Strohhalm in seinem Drink herum, macht eine Pause. Holt tief Luft und redet weiter: »Weißt du, es ist so sinnlos. Kein Mensch wird durch diese Medikamente gesünder. Im Gegenteil. Die Dinger haben alle Nebenwirkungen, manche machen abhängig. Wir machen Deals, die nicht sauber sind, um Ziele zu erreichen, die verrückt sind, und Zahlen zu generieren, die unrealistisch sind. Den Apothekern wird in Veranstaltungen der Hintern gepampert, alle Key-Accounts werden mit Macht gedrängt, beeinflusst, bestochen. Ein Medikament ist besonders übel. Ich weiß, dass da nachweislich Studien gefälscht worden sind. Und von einer Studie weiß ich, dass das Medikament ganz übel dabei wegkommt. Das Zeug ist gefährlich. Und diese Studie wird unter Verschluss gehalten, mit sehr viel Geld natürlich.«

      Er schaut mich an, ich bin ganz still.

      »Ich finde das so scheiße. Ich würde das Zeug, das ich verkaufe, niemals selbst schlucken. Wenn schon, dann würde ich ein Konkurrenzprodukt nehmen. Wenn überhaupt. Für einen Großteil der Patienten ist das Produkt der Konkurrenz nämlich das verträglichere, außerdem wirkt es besser. Und ist billiger. Wir haben da ein ganz mieses Produkt, und ich bin gerade dabei, es zum Blockbuster zu machen. Weil ich nämlich ziemlich gut darin bin.«

      »Oh, Mann.« Das trifft mich jetzt wirklich. »Da würde ich mich an deiner Stelle auch ganz schön beschissen fühlen«, sage ich. »Dafür hältst du dich noch ziemlich gerade, würde ich sagen.«

      Dieser Mann lebt eindeutig nicht seine Werte. Und ich frage mich, warum.

      »Und was sagt deine Frau dazu?«, frage ich ihn.

      »Meine Frau?« Er lacht, denn er hat durchschaut, dass ich ihn durchschaut habe. »Meine Frau will nächstes Jahr einen Porsche Panamera fahren.«

      So, jetzt bin wohl ich dran. Ich werde ihm ein wenig von mir erzählen. Das ist nur fair. Außerdem habe ich mir bereits in den Kopf gesetzt, dass ich diesen Typen nicht so aus meiner Bar rauslaufen lasse, wie er hereingekommen ist. Ich meine nicht den Alkoholspiegel im Blut, sondern seine innere Verfassung.

      »Moment, ich geh schnell mal die da drüben bedienen. Ich komme gleich zurück und dann will ich dir was erzählen.«

      Während ich zwei netten Damen die Cocktailkarte erkläre, sehe ich, wie mein Mr. Wodka durch den Raum Richtung Toilette schlurft: Er geht wie ein Siebzigjähriger mit achtzig Kilo Gepäck auf den Schultern. Das stachelt meinen Ehrgeiz an.

      Zurück hinterm Tresen schneide, fülle, schüttle ich, was das Zeug hält, haue mir die Handkante am Edelstahlbecher taub und liefere zwei saubere Drinks aus. Dann komme ich zurück und knöpfe mir Victor den Schönen vor, der mittlerweile ein wenig erleichtert von der Toilette zurückgekommen ist.

      »Jetzt hör du mal zu. Ich weiß auch, wie es ist, einen Haufen Geld zu verdienen. So richtig viel Geld. Aber ich tippe, ich habe dir eins voraus, denn ich weiß auch, wie es ist, alles zu verlieren. Ich habe nämlich mal einen Crash hingelegt. Die Umstände sind legendär, aber das tut jetzt nichts zur Sache.«

      »Hört, hört …«

      »Jedenfalls hatte ich nichts mehr. Kein Geld. Kein Auto. Keine Wohnung. Nur Schulden. Ich habe im Büro auf einer Matratze gepennt. Zum Duschen bin ich ins billigste Sportcenter in der Stadt. Jeden Tag habe ich mir überlegt, ob ich mir einen Kaffee leisten soll oder nicht. Ich war um sehr viel Geld betrogen worden. Richtig viel. Natürlich gab es einen Prozess. Ich habe recht bekommen – aber trotzdem kein Geld. Das Geld war nämlich weg.

      Mein Business lag im Staub. Meine Ex-Frau hing bei mir finanziell am Tropf, mitsamt den Kindern. Genau in der Zeit habe ich meine Freundin kennengelernt, vor der ich mich natürlich auch nicht auf dem Boden im Dreck rumwinden wollte. Kurz: Der Druck, einen Ausweg zu suchen, war riesengroß.

      Und da begab es sich, wie das Leben so spielt, dass ich ein lukratives Angebot bekommen habe, bei einem großen Beratungshaus als Senior Consultant anzufangen. Richtig gut Kohle. Die Rettung? Auf einen Schlag wäre ich alle finanziellen


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