Revolution? Ja, bitte!. Andreas BuhrЧитать онлайн книгу.
genauer beschreiben?
Dianna: Ja, wenn wir ein Problem haben, dann können fünf oder zehn Menschen völlig unterschiedliche Ideen haben, wie das Problem gelöst werden könnte. In großen Unternehmen aber wird jeder gezwungen, den gleichen Weg zu gehen. Dadurch hat man dann nicht so viel Innovation und »Out-of-the-box-Denken«. Ich denke, diese Art Lösungen zu finden, ist wirklich sehr besonders an der Facebook-Kultur. Wir haben »Hackathons«, Treffen, die vierteljährlich organisiert werden, wo jeder im Unternehmen dazukommen kann, um Probleme zu lösen. Beispielsweise hatten wir einen Hackathon für das Thema »Internet der Dinge«. Da konnten kritisch denkende Ingenieure innerhalb kürzester Zeit noch mehr experimentieren als sonst und neue Leute treffen und mit denen gemeinsam an Dingen arbeiten, die zwar nicht für den Alltag der Ingenieure, aber für das Unternehmen als Ganzes wichtig sind.
Florian: Was können Start-ups von euch lernen?
Dianna: Sie sollten nicht einfach anordnen, sondern ihren Mitarbeitern Raum zum Experimentieren und Ausprobieren geben. Dabei kommen viel bessere Lösungen heraus, weil alle kreativ sind. Zudem haben wir eine sehr datengetriebene Kultur. Wir treffen Entscheidungen mithilfe von Daten. So sind alle Ingenieure dafür verantwortlich, buchstäblich alle Experimente und Erfahrungen zu protokollieren und somit all diese Daten zu sammeln und sie so zu strukturieren. Analysten und Data Scientists werten diese aus, sodass die Matrix uns dann hilft zu entscheiden, ob ein Experiment funktioniert hat, ein Produkt erfolgreich ist, welche Wachstumsraten wir erwarten dürfen. All diese Dinge unterstützen uns bei der Frage zu entscheiden, ob man das Produkt schließlich auf den Markt bringt oder nicht. Die Aufgabe des Product Managers ist es dann, diese Daten in eine Story zu verpacken und sein Team von der gemeinsamen Mission zu überzeugen.
Florian: Würdest du sagen, dass jede Entscheidung bei euch datengetrieben ist?
Dianna: Ja, unbedingt.
Florian: Deutsche Firmen möchten gern auch etwas von diesem speziellen Silicon-Valley-Spirit haben. Sie wollen wissen, warum Unternehmen dort so erfolgreich sind, warum sie so innovativ sind, und sie wollen versuchen, einige dieser Methoden und Ideen auch selbst anzuwenden. Was würdest du ihnen raten?
Dianna: Ich würde sagen: Ihr dürft nicht nur reden, ihr müsst auch umsetzen! Hört sich einfach an, aber es ist doch so: An Neujahr setzen sich viele Menschen das Ziel, Gewicht zu verlieren. Die wenigsten verfolgen dabei ihr Ziel auf lange Sicht. Genau das aber tun wir alle im Silicon Valley. Das macht den Spirit hier aus: Wir bleiben dran!
Florian: Wie viel Anteil hat das Management am Erfolg von Facebook?
Dianna: Einen großen! Es gibt Dinge, die Facebook zu einer tollen Organisation machen, eins davon sind die Manager. In vielen anderen Firmen, in denen ich gearbeitet habe, wurden Menschen zu Managern gemacht, nur weil es der nächste Schritt in der Karriereentwicklung war, nicht weil sie Manager werden wollten. Bei Facebook ist das nicht so. Man kann beispielsweise auf die nächsthöhere Ebene zum Individual Contributor befördert werden oder man kann Manager werden. Wenn man dann feststellt, dass man es doch nicht mag, als Manager zu arbeiten, kann man wieder zu einem Individual Contributor werden – ohne Gehalt oder Titel zu opfern. Die Manager, die wir haben, sind deswegen großartige Manager, weil sie Manager und Leader sein wollen und nicht weil sie dazu gezwungen worden sind.
Florian: Wie sieht denn die Beziehung zwischen Managern und Mitarbeitern bei Facebook aus? Läuft das auch anders als üblich?
Dianna: Ja, die Beziehung ist auch anders, als man es sonst so gewöhnt ist. Die erste Managerin, die mich bei Facebook betreut hat, hat meinen Blick auf das, was ein Manager bei jedem Einzelnen bewirken kann, total verändert. Sie hat mir eine völlig neue Idee davon gegeben, was Führung bedeuten kann. Sie hat sich dafür eingesetzt, dass ich mein Potenzial wirklich einbringen kann. Bei den Gesprächen ging es nicht nur darum, was ich im Projekt erreichen wollte, sondern darum, wie ich meine Karriere planen sollte und wie die Dinge, die ich im Alltag machte, zu diesem Ziel passten. Diese Art zu führen hat mich sehr beeindruckt. Das ist wirklich schlau, wenn Unternehmen erkennen, dass die Mitarbeiter dann am besten sind, wenn sie leidenschaftlich sind, wenn sie ihre Lebensvision mit dem, was sie in ihrer täglichen Arbeit tun, verbinden können. Denn wenn sie das nicht können, arbeiten sie nicht so hart, sie sind nicht so motiviert. Wenn dich Manager aber immer wieder fragen, was du leidenschaftlich liebst, und das mit dem verbinden, was du tust, dann bekommen die Mitarbeiter ungeheuren Schwung! So kannst du sie dazu bringen, tolle Sachen zu erreichen. Sie denken dann auch viel tiefer nach und übernehmen nicht eine bereits existierende Lösung, weil es halt leichter ist.
Bei Google war es genau das Gleiche. Unser Manager coachte uns dabei, wie wir mit Kunden umgehen sollten. Wir haben Rollenspiele gemacht, um ganz konkret den Umgang mit den Kunden zu trainieren. Eine Unterstützung, die dir normale Manager nicht geben. Das ist genau das, was die hochleistungsfähigen Teams bei Facebook entstehen lässt. Niemand würgt dir irgendeine Lösung rein, die du dann einfach abspulen musst. Das schafft Unlust. Das hat keinen Spirit. Aber so arbeiten leider immer noch ganz viele Firmen.
Florian: Hört sich danach an, als ob die Arbeitswelt im Silicon Valley wirklich anders tickt.
Dianna: Ja, das ist auch so. Ich gebe dir noch ein Beispiel: Zu dieser Mission von Facebook, Menschen miteinander zu verbinden, fallen den Mitarbeitern immer wieder neue Ideen ein. Sie erfinden immer wieder neue Sachen. Das hat gar kein Ende. Das machen die einfach so und nicht weil sie durch die Führungsebene dazu getrieben werden. Wir fokussieren zwar alle ein gemeinsames Ziel, aber es gibt keinen Druck, bei der Lösung einen bestimmten Weg zu gehen. Bei Facebook überlässt man es den Mitarbeitern selbst. Man vertraut ihnen, weil man weiß, dass man die richtigen Leute eingestellt hat. Und die Führungskräfte verstehen ihre Rolle daher ganz anders als üblich. Sie sind dafür da, diesen Teams zu helfen, sodass die Teams bestmöglich performen. Sie haben zudem die Aufgabe, sicherzustellen, dass das, was sie tun, tatsächlich mit dem übereinstimmt, was bei Facebook Ziel ist. Die Manager tun noch mehr. Sie helfen, wenn Mitarbeiter Blockaden haben, diese zu entfernen. Sie stiften für das Team externe Partnerschaften, um das Produkt wachsen zu lassen. Stell dir das mal bei anderen Unternehmen vor! Nur weil wir so anders arbeiten, schaffen wir diese Ziele. Die Größenordnungen sind in der Tat einzigartig. Das ist es, was die Menschen beeindruckt.
Florian: Aber Facebook hat auch das Geld, um die besten Leute an Bord zu holen. Facebook kann tatsächlich beim Personal sehr wählerisch sein, wenn es um neue Teammitglieder geht. Klar, der Vergleich hinkt, aber wenn du Start-ups oder mittelständische Unternehmen betrachtest, die haben eine ganz andere Ausgangsbasis. Sie haben in der Regel nicht das Geld, um die besten Leute zu bezahlen. Wie kann man jetzt als Start-up im Anfangs- und Wachstumsstadium trotzdem seine Mission so konsequent verfolgen, wie ihr das bei Facebook macht?
Dianna: Dazu braucht es nur eins: gute Führung. Führungskräfte müssen in der Lage sein, die Mitarbeiter richtig für die Lösung eines Problems zu begeistern. Ich nenne mal ein Beispiel: Meine Mitbewohnerin hat nach ihrem Abschluss am MIT direkt bei Google angefangen! Dann wurde sie von einer Headhunterin angesprochen, sich doch mal mit der CEO von einem Start-up zu unterhalten, sie wären sehr an ihr interessiert. Nun, sie ist von Google zu diesem kleinen Start-up gewechselt. Was glaubst du, wie der Geschäftsführer des kleinen Start-up-Unternehmens es geschafft hat, sie von einem weltbekannten Konzern abzuwerben?
Ganz einfach: Er hat gezeigt, dass sie eine extrem wichtige Rolle spielen kann, um die Vision des Start-ups zu realisieren; das hat sie mehr motiviert, als weiterhin nur eine Nebenrolle bei Google zu spielen. Sie wollte einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, ein Problem zu lösen, das sie persönlich interessierte. Ich kenne eine Menge Leute, die die großen Tech-Unternehmen wie Google und Facebook verlassen haben, weil sie sich dort wie ein kleines Rädchen in einem riesengroßen Getriebe fühlten. In einem Start-up hingegen haben sie das Gefühl, als ob ihnen das Produkt gehören würde, dass sie wirklich Einfluss haben und bei jedem aufregenden Entwicklungsschritt dabei sind! Das ist für einige Leute einfach spannender! Das ist also eine ganz andere Art, wie du Leute dazu bringen kannst, sich deinem Start-up