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Einfach mal die Klappe halten. Cornelia TopfЧитать онлайн книгу.

Einfach mal die Klappe halten - Cornelia Topf


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zaghaft und schüchtern an und werden umso selbstbewusster, je länger sie reden. Bei wirklich selbstbewussten Managern ist das gerade umgekehrt: Diese sagen schon die ersten drei Sätze im Brustton der Überzeugung – und schweigen danach souverän und bedeutungsvoll, weil sie gesagt haben, was gesagt werden musste. Jedes weitere Wort wäre überflüssig.

       Reden stärkt zwar das Selbstwertgefühl – aber auf Kosten Ihrer Zuhörer. Versuchen Sie, Ihr Selbstwertgefühl vor dem Reden aufzubauen, nicht während des Redens.

      Es merkt nämlich jeder Zuhörer, wenn Sie sich Mut anquasseln wollen. »Der fühlt sich eben nur wohl, wenn er den Mund offen hat« wird über solche Zwangsquassler gesagt. Gar nicht so einfach, »einfach« nur zu schweigen? Gut erkannt. Wir würden ja schon gerne ab und an die Klappe halten. Aber Frauen dürfen das nicht, weil es angeblich Missachtung des Gegenübers bedeutet, Männer können es nicht, weil sie dann angeblich inkompetent wirken. Wer diese Fehlattributionen (irrtümliche Bedeutungszuordnungen) für leicht irre hält, dem sei gesagt: Das ist nicht nur beim Schweigen so. Die komplette Kommunikationskultur der westlichen Welt ist leicht psychotisch. Nirgends zeigt sich das so deutlich wie bei der Äußerung von Wünschen.

      Verbreitet: Wünsche als Vorwürfe äußern

      »Es ist total ungerecht«, sagt der Sachbearbeiter empört zum Chef. »Ich arbeite so viel und bekomme bloß so ein schlechtes Gehalt.« »Du beteiligst dich nie an der Arbeit im Haushalt!«, sagt die Ehefrau zum Ehemann. Was wollen beide eigentlich sagen? Der Sachbearbeiter möchte sagen: »Chef, ich wünsche mir 200 Euro mehr Gehalt.« Die Ehefrau möchte sagen: »Bitte übernimm auch einige Aufgaben im Haushalt.« Warum sagen sie es nicht? Weil wir Menschen andere Menschen zum Mond schießen, aber nie gelernt haben, miteinander zu sprechen. Das erkennen wir unter anderem daran, dass einige von uns direkte oder indirekte Vorwürfe für das geeignete Mittel halten, ihre Wünsche vorzubringen. Wenn Sie das für primitiv halten, möchte ich Ihnen nicht widersprechen. Delfine und Primaten haben teilweise höher entwickelte Kommunikationsformen. Es gibt Historiker, die allen Ernstes behaupten, dass die Hälfte aller Kriege nur deshalb entfacht wurde, weil die beteiligten Parteien unfähig waren, vernünftig miteinander zu reden. Ich frage mich, was die andere Hälfte verursacht hat …

      Worauf ich hinauswill: Wer Vorwürfe für eine geeignete Form der Wunschäußerung hält, der ist mit Schweigen als Form des persönlichen Ausdrucks hoffnungslos überfordert. Glücklicherweise Sie nicht. Was Sie auszeichnet. Was aber auch heißt: Lesen Sie weiter und wenden Sie an, was Ihnen nützlich erscheint. Aber erzählen Sie nur ausgewählten Personen vom Schweigen. Denn die meisten Menschen werden es nicht verstehen, was Sie da erzählen. Ein Hochschullehrer fragte mich bei einem Stehempfang doch tatsächlich: »Wie kann ich mich denn verständlich machen, wenn ich schweige?« Seine neben ihm am Prosecco nippende Frau meinte lakonisch: »Du meinst, du bist verständlicher, wenn du redest?«

       Schweigen ist gar nicht so einfach. Wir müssen dafür erst einige Missverständnisse, Glaubenssätze und falsche Vorstellungen überwinden.

      Diese Überwindung ist alles andere als mühsam. Sie werden dabei jede Menge über sich selbst lernen. Ein Architekt sagte mir einmal: »Schon interessant, wann ich schneller rede, als ich denken kann. Ich habe mich beobachtet: Immer dann, wenn mir ein Kunde ex- oder implizit Einfallslosigkeit vorwirft, texte ich ihn minutenlang zu. Mir ist das vorher nie aufgefallen: Kreativität ist mein wunder Punkt. Drückt da einer drauf, kann ich mich nicht mehr stoppen – und rede mich in große Schwierigkeiten.« Etwas Ähnliches haben Sie auch schon an sich beobachtet? Sie kennen Ihre wunden Punkte? Dann haben Sie etwas entdeckt, was vielen verborgen bleibt: warum wir reden, wenn wir schweigen sollten.

      Der rote Knopf für den Sprechzwang

      Ich habe eine entfernte Bekannte, die das noch nicht entdeckt hat – dafür aber ihre ganze Familie. Immer wenn es um »Sauberkeit und Ordnung« geht, ergreift sie der Sprechzwang. Jeder in der Familie weiß das und nutzt es weidlich aus. Wenn sie ihrem Mann ein anderes als das traditionelle Urlaubsziel vorschlagen möchte und ihm das nicht passt, wirft er einfach ein, dass im Wohnzimmer wieder Staub gesaugt werden könnte – und schon legt die Gute los und hält ihm einen Vortrag, während er sich innerlich eins grinst. Wenn sie ihren Kindern schlechte Schulnoten und mangelnde Hausaufgabendisziplin ankreidet, reden die über die Wäsche – und schon kann sie sich nicht mehr halten.

       Über Ihre wunden Punkte, an denen Sie der Sprechzwang packt, können Sie mehr über sich lernen als mit jedem Psycho-Test in der Brigitte.

      Ich behaupte nicht, dass alle immer schweigen müssen. Das wäre Unfug. Doch wer niemals zu schweigen gelernt hat, macht sich zum Sklaven seines Sprechtriebs. Wer zu schweigen gelernt hat, wird dagegen dessen wundersame Wirkung in allen Situationen seines Lebens erleben: Schweigen wirkt. Erleben Sie es.

      Kurz und knapp: Schweigen wirkt

      

Wenn Worte nicht mehr weiterhelfen, wirkt Schweigen am besten.

      

Reden und Schweigen wirken am meisten, wenn die Balance stimmt: wenig reden, viel schweigen.

      

Wer wenig redet und viel schweigt, wirkt stark, selbstbewusst, souverän und setzt sich besser durch.

      

Schweigen wirkt deshalb so stark, weil es überrascht, aktiviert, motiviert, Transaktionsspiele unterbricht, den eigenen Verstand wieder einschaltet und Gespräche deeskaliert.

      

Trotz seiner überragenden Wirkung: Schweigen ist nicht einfach, weil es in unserer Kultur negativ besetzt ist. Wer diese kulturellen Irrtümer erkennt und überwindet, gewinnt ein hoch wirksames Kommunikationsmittel.

      2 Der Lohn des Schweigens

      »Mir hat noch nie geschadet, was ich nicht gesagt habe.« CALVIN COOLIDGE, 30. US-PRÄSIDENT

      Wie wir uns um den verdienten Lohn bringen

      Da wir ständig reden, twittern, bloggen, googeln, klatschen, meeten, fernsehen, Radio hören, uns austauschen oder handyfonieren, ist uns die Stille mehr und mehr abhandengekommen. Deshalb sehnen sich manche von uns bisweilen nach etwas Ruhe. Zu Zwecken der Erholung und inneren Sammlung. Doch Stille hat weit mehr zu bieten als Ruhe und Erholung. Der Lohn der Stille ist mannigfaltig. Leider haben wir das vergessen. Schlimmer: Wir haben es verlernt. Das geht sogar Spitzenmanagern so.

      Um Kopf und Kragen

      Ein Finanzvorstand zum Beispiel klagte, dass er sich in Meetings und Präsentationen hin und wieder »um Kopf und Kragen« rede. Er kam ins Coaching, weil er sich das abgewöhnen wollte, da es »ein erstklassiger Karriere-Killer« sei und ihn zum Gespött der Vorstandskollegen mache. Außerdem litt er an der Diskrepanz zwischen seiner Fachkompetenz und seinem Kommunikationsvermögen: Er konnte seine Fähigkeiten selten unter Beweis stellen, weil »ich ständig über meine eigene Zunge stolpere«, wie er sagte – ein charmantes Bild. Er erzählte: »Das passiert mir sogar bei den lapidarsten Zwischenfragen. Anstatt ein, zwei gut gewählte Sätze zu sagen, zerre ich Belege und Charts hervor, führe alle Details aus, verheddere mich, verliere den Faden – und merke


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