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Das Günter-Prinzip. Stefan FrädrichЧитать онлайн книгу.

Das Günter-Prinzip - Stefan Frädrich


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Ansonsten aber geht es problemlos, Sport ist Ihnen ein Bedürfnis, oder? Klar, warum: Sport ist für Sie Routine! Und Sie tun eigentlich nur, was Sie einmal gelernt haben und nun gewöhnt sind.

      Oder aber haben Sie etwa die Routine, regelmäßig keinen Sport zu machen? Dann fällt Ihnen das genauso leicht wie dem Sportler das Sporteln! Sie müssen Ihren inneren Schweinehund nicht überwinden, um keinen Sport zu machen. Er unterstützt Sie dabei freiwillig. Gut, vielleicht kommen Sie manchmal abends nach Hause und fragen sich mutig: »Was tun? Heute wieder Couch oder mal die Sportschuhe?« Doch dann kommt sofort Günter daher und sagt: »Ist doch klar: Couch, so wie immer!«

      Sie ahnen längst, wie das mit den Routinen funktioniert. Wie schon gesagt, sind sie im Kern reine Übungssache: Lesen und schreiben ist Routine. Im Auto kuppeln ist Routine. Rauchen oder nicht Rauchen ist Routine. Probleme lösen ist Routine. Und vor Problemen davonlaufen auch. Es kommt eben darauf an, was wir uns (Günter) beigebracht haben. Haben wir im Gehirn mal ein Programm installiert, läuft es. Und zwar dauerhaft und problemlos – solange wir es nicht durch ein neues ersetzen. Und zwar, weil unser Sicherheitsbetriebssystem befiehlt: »Mach’s genau so wie immer! Kannst dabei keinen Fehler machen, weißt ja schon, wie es richtig geht. Passt alles.«

      Gleichgewichtszustände – bequem stabil bleiben

      Eine andere Ausprägung unseres Betriebssystems »Sicherheit« sind Gleichgewichtszustände. Beispiel Sport: Nicht das Joggen an sich ist ja anstrengend (wenn man es langsam genug macht, um dabei Luft zu bekommen), sondern mit dem Joggen anzufangen. Denn es ist ein Gleichgewichtszustand, nicht zu joggen. Und es ist ein Gleichgewichtszustand, zu joggen. Schwierig ist nur der Wechsel vom einen zum anderen. Wer hingegen einmal in Schwung kommt, der läuft.

      Übrigens: Menschen, die nicht verstehen, wie Motivation funktioniert, meinen ja häufig, man müsse erst mal auf die Motivation warten, um eine Handlung zu starten. Das ist Grütze. Denn es funktioniert auch genau andersherum: Erst mal anfangen, dann kommt irgendwann die Motivation hinterher. Kennen wir alle noch aus der Schule: Wer hatte schon Lust auf die Hausaufgaben? Wenn wir sie aber angefangen hatten, haben wir sie auch irgendwie fertig gemacht. Die Motivation kam also hinterher. Und heute ist es noch genauso: Haben Sie Lust darauf, die Küche aufzuräumen? Oder einen unangenehmen Kunden anzurufen? Natürlich nicht. Aber fangen wir damit an, kommt währenddessen Günter und sagt: »Jetzt mach’s auch fertig!« Weil der innere Schweinehund jetzt in einem anderen Gleichgewichtszustand ist. Er ist aktiv geworden und will es auch bleiben.

      Wie also kommen wir in den Gleichgewichtszustand der Aktivität? Zum Beispiel morgens im Bett: Es geht dabei gar nicht ums Wach- und Aufsein an sich. Das Wach- und Aufsein ist nicht das Anstrengende. Das Anstrengende ist der Wechsel vom einen Gleichgewichtszustand in den andern! Gemütlich im Bett liegen, kuscheln und träumen, ist ein Gleichgewichtszustand. Günter sagt: »Och, hast gut geschlafen. Bist gut entspannt. Da draußen ist Montag.« Wir bleiben liegen, weil wir mit dem Aufstehen eine unangenehme Verbindung assoziieren: Kälte, Stress, der blöde Chef. Unangenehme Verbindungen aber möchte der innere Schweinehund nicht haben, deswegen sagt er: »Bleib im Bett liegen!« Doch: Wachsein, Unterwegssein und etwas aktiv zu tun ist auch ein Gleichgewichtszustand. Und zwar einer, der Spaß machen kann!

      In Schwung kommen dank Druck oder Sog

      Also was bringt uns zum Aufstehen? Meist ja zwei Szenarien: Druck oder Sog. Klar: Der Sog ist viel angenehmer. Wenn man etwas vorhat, was einen gewissermaßen aus dem Bett zieht. Wenn man zum Beispiel mitten in einem spannenden Projekt steckt, in den Urlaub fliegt oder frisch verliebt ist. Dann sagt Günter gleich nach dem Wachwerden: »Los, steh endlich auf!« Betriebssystem Abenteuer – erinnern Sie sich?

      Viel häufiger aber treibt uns der Druck aus dem Bett: Druck von außen oder Druck von innen. Beispiel: Haben Sie schon einmal zehn Minuten verschlafen? Der Radiowecker dudelt vor sich hin und Sie bauen die Nachrichten und die Musik in Ihren Traum mit ein: Der Stau auf der A8 geht durch Ihr Wohnzimmer, und in der Küche sitzt Madonna am Tisch und singt. Plötzlich werden wir wach und Günter sagt: »Ätsch, der Tag hat schon angefangen!« Und urplötzlich haben wir ein Katastrophenszenario im Kopf, das Günter wild ausschmückt: »Wenn du jetzt nicht aufstehst, gibt es Ärger: Stau im Bad, Stau in der Küche, Stau auf der Straße. Zu spät beim Job, Stress mit den Kollegen und Kunden, die Beförderung kannst du vergessen. Hartz IV, du landest in der Gosse!« Und schwupp – schon stehen wir auf! Und zwar ohne Probleme. Meist verlassen wir das Haus jetzt sogar noch fünf Minuten vor unserer üblichen Zeit. Adrenalin sei Dank.

      Das heißt, der Druck von außen macht zwar keinen Spaß, aber er wirkt. Natürlich gibt es auch einen Druck von innen. Am frühen Morgen ist das die volle Blase. Und im Laufe des Tages die vielen Zwänge und Nöte, die uns ungeliebte Dinge anfangen lassen, obwohl wir eigentlich nicht wollen. Druck sei Dank: »Du musst! Du musst! Du musst jetzt einfach!« Und dann tun wir, was wir müssen. Was bleibt uns anderes übrig?

      3. Das LUST-SCHMERZ-Prinzip

      Halten wir also fest: Eigentlich ist es gar nicht so schwer, Günter zum Handeln zu motivieren. Wir müssen einfach nur in Schwung kommen, um Routinen und Gleichgewichtszustände zu überwinden. Sind wir einmal in Bewegung oder ist die Routine aufgebaut, ist alles ganz leicht. Der neue Gleichgewichtszustand pendelt sich dann als Normalzustand ein. Die Routine ist easy. Das mit dem In-Schwung-Kommen klappt sogar morgens nach dem Aufstehen: Da wollen wir nach Toilette, Dusche, Kaffee und Müsli schließlich auch nicht mehr ins Bett zurück. Oder nur unter ganz bestimmten Umständen, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte.

      Emotionale Startsignale

      Demnach geht es zunächst also nur ums Überwinden der Anfangsträgheit. Und hier wird es tricky! Denn was benötigt man, um in Schwung zu kommen, wenn man gemütlich im Sicherheitsbetriebssystem läuft? Klar: Startsignale! Und zwar emotionale: Entweder bringt uns die Aussicht auf ein schönes Gefühl in Schwung. Oder der Wunsch, ein schlechtes Gefühl zu vermeiden. Nennen wir das mal das »Lust-Schmerz-Prinzip«. Menschen und Schweinehunde wollen Lust erleben und Schmerzen vermeiden. Ganz einfach.

      Das Lust-Prinzip

      Nun könnte Günter fordern: »Ist doch super, dann brauche ich nur möglichst oft eine Belohnung, damit ich mich bewege!« Klingt verlockend. Doch wenn Günter so tickt, denkt er meist nur kurzfristig. Er will ein schnelles Leckerli – leider ohne darauf zu achten, was ihm (uns) auf lange Sicht wirklich guttut. Im Gehirn wird dabei der sogenannte »Nucleus Accumbens« stimuliert, eine Art Lustknopf in unserem limbischen System, also den Nervenbahnen im Hirn, die Gefühle verarbeiten. Immer wenn der Lustknopf gedrückt wird, erlebt Günter einen kurzen emotionalen Kick – nicht aber anhaltendes Glück. Bedürfnisbefriedigung quick and dirty.

      Beispiel: Sie sitzen am Schreibtisch und arbeiten, sind also gerade in einem Gleichgewichtszustand. Dann kommt ein Kollege ins Büro und hat – wie fast jeden Tag – eine leckere Schwarzwälder Kirschtorte mitgebracht. Augenblicklich sagt Günter nun: »Los, steh auf und hol dir ein Stück!« Und schon ist der Gleichgewichtszustand verlassen und ein Tortenstück verdrückt. Ganz unabhängig vom guten Vorsatz, sich gesünder zu ernähren und ein wenig schlanker zu werden. Uuups! Daran ist dann wohl der innere Schweinehund schuld. Typisch Lust-Prinzip eben.

      Sie bemerken das Dilemma? Selbst wenn das Erleben schöner Gefühle erst mal gutzutun scheint, ist noch lange nicht gesagt, dass es uns langfristig auch wirklich guttut. Außerdem lenken uns kurzfristige Kicks zwar für einen Moment von unseren Routinen und Gleichgewichtszuständen ab, dann aber landen wir meist wieder dort, wo wir zuvor waren. Egal, ob wir wollen oder nicht. Denn: »Der Kick ist vorbei, wann kommt der nächste?«, meint Günter nun – und wartet auf das nächste Mal lecker


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