Auf alten Kriegspfaden und -steigen durch die Dolomiten. Eugen E. HüslerЧитать онлайн книгу.
befand sich eine Geschützstellung mit vier Armstrong-Kanonen vom Typ 149A, die eine Reichweite von mehr als zehn Kilometern hatten. Versorgt wurde die Gipfelbesatzung über eine kunstvoll trassierte Zufahrt und zwei Materialseilbahnen; eine dritte Teleferica verband die Gipfelbastion mit der Waldsenke von Pramosei. Zu den Festungsanlagen gehörte neben der großen Kaserne und Munitionslagern auch ein Observatorium. Das ist längst zerstört; ersatzweise informieren heute einige Panoramatafeln über die prächtige und ganz friedliche Rundschau.
Sentiero dei MedeDie Festungsstraße ist gut erhalten, also durchaus auch eine Option für den Aufstieg. Erfahrenen Berggängern bietet der »Sentiero dei Mede« einen interessanteren, landschaftlich ungemein reizvollen Zugang. Man »schleicht« sich dabei sozusagen von hinten an über die enorm steile, zum Val di Ciariè abbrechende Südflanke des Bergstocks. Einige Passagen sind gesichert, Ausdauer ist unerlässlich (bei 1250 Höhenmetern), im Hochsommer auch ein sehr früher Aufbruch dringend angeraten.
Leichte Klettersteigpassage am »Sentiero dei Mede«
AufstiegGleich hinter der Bar Piniè (878 m) weist ein Schildchen die Richtung: »Sentiero dei Mede, ore 4«. Ein Ziehweg, der bald zum schmalen, aber deutlich erkennbaren Pfad wird, führt taleinwärts. Nach etwa einer halben Stunde leitet die Spur über das breite Geröllbett des Giao de Ciariè, nochmals gut 30 Minuten später verlässt man den Graben nach links und steigt – zuletzt steil und steinig – hinauf zur Mündung einer gewaltigen Schuttreiße. Sie wird gequert, dann geht’s erneut steil bergan. Die grünerdige Rinne mündet auf ein System von teilweise recht schmalen Horizontalbändern, denen man nach links bis zum Rand einer wilden Klamm folgt. Dann heißt es erneut: hinauf! Die Spur leitet in einen steinigen Graben (Sicherungen), dann auf einen schmalen Latschenrücken, an den ein mäßig steiler Wandaufschwung anschließt. Er ist mit Drahtseilen bestens gesichert. Der Antennenstachel am Gipfel ist nun bereits recht nahe; ein letzter Anstieg über einen Krummholzhang leitet hinauf zur Umfassungsmauer der Gipfelfestung. Bei der großen Kaserne betritt man die ausgedehnte, in Teilen noch recht gut erhaltene Anlage; 20 Meter höher gibt’s das große Panorama (4 Std.). Der erste Blick geht dabei meistens ins Val d’Ansiei und hinauf zu den Drei Zinnen. Die hießen übrigens früher bei den Einheimischen in Auronzo nicht Tre Cime di Lavaredo, sondern ganz schlicht, einfach und zutreffend »Monte Bello« …
Für den Feind nicht einsehbar – der Kasernenbau an der Südseite des Gipfels
Links-RechtsDurch einen Tunnel verlässt man die Festung wieder; dann geht es mit viel Aussicht in Serpentinen an der Westflanke des Tudaio bergab. Am Col del Muto (1960 m) führt die Kriegsstraße am Eingang eines Stollens vorbei. Er leitet durch den Berg zu vier Artilleriestellungen, die einen Schusswinkel von Auronzo bis Santo Stefano im Visier hatten. Auronzo und die südöstlichen Sextener Dolomiten bleiben auch beim weiteren Abstieg noch eine Weile im Blickfeld, auch der Koloss im Westen, der alle anderen Berge hier überragt: der Antelao (3264 m). Der Fahrweg mündet schließlich in den Geröllgraben des untersten Val di Ciariè. Hier kann man noch einen kleinen Abstecher zu den während des Faschismus angelegten Stellungen unternehmen (Hinweistafel). Bei der Bar Piniè endet die spannende Überschreitung eines schwer befestigten Gipfels, der nie in militärische Operationen verwickelt war (6.15 Std.).
Am Eingang in die Gipfelfestung
2 Monte Rite (2181 m)
Von der Kriegsfestung zum Museum
TALORTE
Venas di Cadore (858 m) und Forno di Zoldo (858 m)
AUSGANGSPUNKT
Forcella Cibiana (1530 m), Straßenpass zwischen dem Tal des Boite und dem Zoldano. Gebührenpflichtiger Parkplatz wenig oberhalb der Scheitelhöhe
ANFAHRT
Von Cortina d’Ampezzo auf der »Strada d’Alemagna« bis kurz vor Venas di Cadore, hier rechts, über den Boite und via Cibiana di Cadore hinauf zur Forcella Cibiana
WEGVERLAUF
Forcella Cibiana – Forcella Deona – Monte Rite
GEHZEITEN
Gesamt 3.15 Std.; Aufstieg 2 Std., Abstieg 1.15 Std.
CHARAKTER/SCHWIERIGKEIT
Gemütliche Gipfelwanderung auf der alten Militärstraße. Für den Abstieg kann man alternativ den »Sentiero Col d’Orlando« nehmen – aber nur bei trockenem Wetter! Das Museum ist von Juni bis September täglich von 10–17 Uhr, Juli bis Mitte September bis 18 Uhr geöffnet. Shuttledienst ab Forcella Cibiana
HÜTTEN/EINKEHR
Einkehrmöglichkeit in der alten Festung (Rifugio Dolomites)
KARTE
Tabacco 1:25 000, Blatt 025 »Dolomiti di Zoldo, Cadorine e Agordine«
INFOS
Museum in den Wolken,
Tel. +39/388 156 80 07,
www.messner-mountain-museum.it, www.museonellenuvole.it
Friede bringt Reichtum
Reichtum macht Übermut
Übermut macht Krieg
Krieg macht Armut
Armut macht Demut
Demut macht Frieden
Frieden bringt Reichtum
Entdeckt im Kriegsmuseum am Valparolajoch; basiert auf einem Vers von Johann Geiler von Kaysersberg (1445–1510)
Man braucht nicht kriegshistorisch interessiert zu sein, um den Monte Rite (2181 m) zu besteigen. Manche tun es, weil der bequem erreichbare Gipfel eine fantastische Rundschau über fast alle Berge der östlichen Dolomiten bietet; andere wiederum wissen um den einmaligen Blumenreichtum. Und seitdem in der alten Festung Reinhold Messners »Museum in den Wolken« eingerichtet ist, pilgern auch Kulturbeflissene auf den Monte Rite. Vor dem großen Panorama wird – illustriert mit vielen zeitgenössischen Exponaten – die Erschließungsgeschichte dieses Gebirges erzählt, das der Architekt Le Corbusier als »schönstes Bauwerk der Welt« bezeichnete. Kernstück der Ausstellung ist eine große Gemäldesammlung mit alpinen Motiven aus der Zeit der Romantik bis in die Gegenwart, beginnend mit Thomas Ender und E. T. Compton. Im Hauptgang der Festung stehen schneeweiße Gipsmodelle berühmter Dolomitengipfel, geschaffen vom Münchner Künstler Stephan Huber. Sie erinnern auch an die einst vor allem in der Schweiz populäre Kunst des Reliefbaus. So wird die Wanderung auf den Monte Rite in doppeltem Sinn zu einer Zeitreise: 200 Jahre Alpingeschichte und drei Jahre Gebirgskrieg. Die Gipfelfestung war allerdings nie direkt in Kriegshandlungen einbezogen; sie wurde anfangs des 20. Jahrhunderts errichtet, um einen eventuellen Durchbruch