Stellaris Paket 4. Andreas SuchanekЧитать онлайн книгу.
wären Kampfroboter lieber gewesen.
Im Schutz von drei Männern und Frauen des Dienstes machten sich Frank und Pracco auf den Weg. Frank trug einen großen Tragebehälter und eine Decke aus der Krankenstation bei sich.
Er hatte mit Widerstand in der Zentrale gerechnet, doch wie schon zuvor wurde von den Neuankömmlingen keine Notiz genommen. Man bemerkte zwar, dass sie da waren, grüßte sie beiläufig, aber Frank hatte das Gefühl, sie hätten ebenso gut nackt Lepso-Rumba tanzen können, und es hätte niemanden interessiert.
»Siehst du, was ich meine?«, fragte Frank aufgekratzt. »Das ist nicht normal.«
»Ja«, stimmte Pracco aus drei Metern Entfernung zu. »Die Besatzung verhält sich ungewöhnlich. Vielleicht sind Psi-Kräfte am Werk. Geh vor! Verwahre den Welpen.«
Entschlossen ging Frank auf seinen als so perfekt angepriesenen Platz zu. Der Welpe lag unter den streichelnden Händen Sourou Gashis und gab hechelnde Laute von sich. Frank hob den Hund hoch und presste ihn an seine Brust.
»Was soll das?«, fuhr Gashi ihn an.
Zumindest nahm sie ihn nun wahr. Frank steckte den Welpen in die Box, schloss sie und schlug die Decke darüber. »Tierärztliche Untersuchung«, sagte er knapp. Mit Verrückten zurechtzukommen hatte er gelernt – in seiner Dienstzeit und zu Hause bei seinen hundeverliebten Eltern. Man musste sie ernst nehmen. Vielleicht konnte er Gashi so überlisten. »Du willst sicher nicht, dass der kleine Lee Schaden nimmt, oder?«
Der Welpe fing an, in seinem Gefängnis kläglich zu fiepen und zu jaulen. Die Besatzungsmitglieder drehten die Köpfe, einige standen auf und näherten sich mit raschen Schritten.
Frank begann zu schwitzen, er sah nach dem Sicherheitsdienst. »Es dauert nicht lang«, versprach er Gashi. Hastig hob er die Box hoch und eilte in Richtung Schott. Da grub sich eine kräftige Hand in seinen Unterarm.
»Warte!«, sagte Pracco streng. »Hörst du denn nicht, dass der Hund herauswill?«
Frank verwünschte sich innerlich, dass er nicht zum Schott gerannt war. Er überlegte, den Mediker niederzuschlagen, blickte aber zuerst auf die drei Männer und Frauen des Sicherheitsdienstes. Ihre grimmigen Gesichter machten ihm Angst. Inzwischen umringten ihn gut zwanzig Menschen, der Kreis wurde mit jeder Sekunde enger. Eine Mitarbeiterin der Bordsicherheit legte die Hand auf ihren Strahler.
Frank spürte deutlich, dass die Stimmung gekippt war. »Merkt ihr denn nicht, wie der Hund euch beeinflusst?«, fragte er verzweifelt.
Wie die anderen, ignorierte Pracco die Frage. Er sah hypnotisiert auf den Behälter mit dem jaulenden Welpen. »Vielleicht jucken ihn die Öhrchen«, vermutete er lautstark. »Er könnte Kamillenloser brauchen. Ich muss ihn untersuchen, um sicherzugehen. Nicht, dass es Karidus-Zecken sind, die können zu Fellausfall führen.«
Die Menge schob sich näher, Frank erhielt einen unsanften Ellbogenstoß von Bifonia Glaud. Pracco und Gashi rissen ihm die Box aus den Armen, die Sicherheitsleute drängten Frank ab.
Sourou Gashi drehte sich zornig zu ihm um. »Verschwinde, Tan! Ich werde deine Unkameradschaftlichkeit und dein Querulantentum in deine Personaldatei eintragen lassen.«
Frank fühlte sich, als würde er den Boden unter den Füßen verlieren. Er sah zur Funkstation. Konnte er Hilfe rufen? Etwas musste geschehen, und zwar schnell. Doch gegen diese Übermacht kam er nicht an.
»Ich schreibe dich mit sofortiger Wirkung krank«, warf Pracco ein. »Du hast ein Mannschaftsmitglied in eine Box gesperrt. Du bist unzurechnungsfähig.«
»Was?« Frank öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Er musste sich zwingen, ruhig zu bleiben. Wenn er die Nerven verlor, war es vorbei. »Ich meine ... du hast völlig recht, Pracco. Ich begebe mich unverzüglich auf die Krankenstation.«
Fluchtartig drängte er sich an Pracco vorbei und verließ die Zentrale. Er joggte mehrere Gänge, nahm einen Antigravlift. Niemand folgte ihm.
Schwer atmend lehnte er sich gegen die Wand gegenüber des Hydroponischen Gartens. Sein Blick fiel auf eine mannshohe fleischfressende Pflanze. Was sollte er tun? Als Raumsoldat hatte er keine Karriere gemacht. Im Grunde lag es ihm nicht, Verantwortung zu übernehmen. Er informierte den Ranghöheren, und der kümmerte sich darum – so lief das.
Nur in dieser Situation war alles anders. Wen konnte er außer Gashi und Pracco informieren? Und wie waren seine Aussichten auf Erfolg? Auch STELLATRICE konnte ihm nicht helfen, da er offiziell von Pracco als unzurechnungsfähig erklärt worden war. Die Positronik würde ihn bestenfalls ins Bett schicken.
Ein Rat seiner älteren Schwester Tiffany fiel ihm ein: »Wenn dein Weg nicht zum Ziel führt, nimm einen anderen.«
Frank stieß sich von der Wand ab. Aufgeben würde er nicht. Das kam nicht infrage. Er musste das tun, wozu der Sicherheitsdienst nicht fähig war: Nachforschungen anstellen, zum Beispiel herausfinden, woher der Hund kam. Irgendwem musste das Tier gehören, oder stellte es sich nur dumm und war eigentlich intelligent?
Frank aktivierte sein Multikom. Er hatte Zugriff auf die Passagierliste. Viele Personen flogen nicht mit ihnen nach Terra, lediglich fünf – drei Männer, zwei Frauen. Er stutzte, als er bei einer Frau den Vermerk »Haustier« fand.
»Also doch«, murmelte er. »Karla Magisa Nagir, du warst das. Du hast das Untier auf Karidus an Bord geschafft.« Er fand die Kabinennummer, die man Nagir zugewiesen hatte.
Konnte er es riskieren, ohne Waffen dort aufzutauchen? Eigentlich sollte die Passagierin keine Waffe besitzen. Das wäre STELLATRICE aufgefallen. Die Bordpositronik beging in dieser Beziehung sicher keine Fehler. Aber vielleicht hatte der Welpe auch da eine Beeinflussung erreicht, nicht bei STELLATRICE, sondern bei der Besatzung.
Schweiß sammelte sich unter Franks Armen, als er an die Zwischenlandung auf dem fremden Mond dachte. Er hatte keine Zeit, lange nachzudenken. Vielleicht besaß die Frau besondere Kräfte, oder sie hatte es anderweitig geschafft, die Positronik zu überlisten. Er brauchte eine Waffe, und er wusste, dass der Kugelraumer darüber verfügte. Die Waffen wurden in Sicherheitsschränken aufbewahrt. Da er sich mit Schiffen der MINERVA-Klasse auskannte, ahnte er, wo sie zu finden waren. Einen Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes zu überwältigen traute sich Frank nicht zu. Er brauchte den Kode.
Frank hob das Multikom und atmete tief ein. Er rief die Kommandantin über Funk. Es dauerte trotz höchster Prioritätseinstellung über drei Minuten, bis Gashi die Verbindung annahm. In der Zeit hätte das ganze Schiff explodieren können.
»Ja?«, fragte Gashi ungnädig. »Der Hund schläft, du störst, Tan.«
»Das tut mir leid.« Sein Magen krampfte, so sehr hasste er es zu lügen. »Ich wollte mich für mein Auftreten entschuldigen.«
»Ja, ja, schon gut«, Gashi hatte einen fiebrigen Glanz in den Augen. Sie wirkte wie eine Drogensüchtige und wandte sich bereits ab, als wollte sie die Verbindung beenden.
»Warte«, bat Frank hastig. »Kannst du mir den Kode für den Waffenschrank in Sektor C geben?«
»Warum?« Gashi klang misstrauisch, jedoch lange nicht so alarmiert, wie sie es unter normalen Bedingungen sein sollte.
»Um Lee zu beschützen«, improvisierte Frank. »Ein fremder Mond ist gefährlich. Es wird gut sein, für den Zwischenhalt vorsichtig zu sein. Wir wollen den Welpen nicht unnötig gefährden, oder?«
»Der Welpe ...« Sourou überlegte. Eine Weile schwieg sie. Hatte sie ihn vergessen?
Frank blickte ungeduldig auf den Chronometer. Bis zur Zwischenlandung waren es nur noch zwei Stunden. »Bitte, Madam Kapitänin. Der Kode.«
»Ach ja ...« Gashis Stimme verlor sich. »Ich schicke ihn rüber.« Die Verbindung brach ab.
Frank atmete tief ein. Zwanzig Sekunden bangte er, ob Gashi seine Anfrage sofort wieder vergessen hatte, dann kam die Zugangsnummer.
»Also los«, murmelte er, um sich selbst Mut zu machen, und rannte zum Waffenschrank.
*