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Stellaris Paket 4. Andreas SuchanekЧитать онлайн книгу.

Stellaris Paket 4 - Andreas Suchanek


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      »Pracco?«, drängte Gashi den Bordmediker. Ohne seine Arbeit zu unterbrechen oder aufzublicken, schüttelte er knapp den Kopf.

      Ich zog aus den Worten des Arkoniden eine Folgerung. »Und was hast du in den Anzug transmittiert?«

      »Chloraceton«, antwortete er, ohne nachzudenken. Dann sah er mich an, und ich entdeckte Hass in seinen Augen.

      »Chlor... Was?«, fragte Kapitän Gashi. Sie schien auf eine Antwort der Positronik zu warten. »STELLATRICE? Was ist Chloraceton?«, fragte sie ungeduldig.

      »Chloraceton ist ein Reizgas«, antwortete der LPV. »Früher auch Weißkreuz genannt. Unangenehm, aber nicht tödlich – wenn man sich ihm entzieht.«

      »Woher hast du das?«, fragte Gashi den Arkoniden.

      Er feixte. »Es lässt sich aus Aceton, einem gängigen Lösungsmittel, und Badreinigern relativ leicht herstellen.«

      »Pracco, du musst sofort feststellen, wie es Karilantoryn geht!«, rief Gashi.

      »Das ist leichter gesagt als getan. Ich finde keine Möglichkeit, mit dem Anzug zu kommunizieren. Er reagiert auf keine Anfragen. Jeden Kommunikationsversuch weist er ab.«

      »Dann reagiert er also doch«, sagte ich.

      Aber alle blickten mich nur enerviert an. Als ich etwas hinzufügen wollte, fuhr Gashi mir über den Mund.

      »Ich erkläre Gefahr im Verzug«, sagte sie. »Öffne den Anzug mit Gewalt, Pracco.«

      »Dazu muss er in die Medostation. Ich kümmere mich darum.« Der Mediker sprach in sein Armbandkom.

      Es war zum Verzweifeln. Wir wussten, was Funartin getan hatte und wie er es getan hatte, aber wir waren völlig machtlos und konnten Karilantoryn nicht helfen. Ich ahnte, wie man Zugang zu seinem Anzug erlangen konnte, aber man wollte mich nicht anhören. Ich beherrschte mich, aber innerlich raste ich.

      Gashi musterte Funartin von oben bis unten. »Schafft ihn in die Arrestzelle!«

      Die STELLARIS war wieder im Linearraum. Karilantoryn lag in seinem Raumanzug auf dem Untersuchungstisch der Medostation. Nach mehreren Misserfolgen hatte Pracco den Versuch aufgegeben, den Anzug zu öffnen. Selbst ein Desintegrator hätte Stunden benötigt, um die molekularverdichtete Außenhaut des Anzugs zu durchdringen. Wir sorgten uns immer mehr um Karilantoryns Zustand.

      Ich sprang innerlich im Kreis, doch wenn ich die Terraner wieder verärgerte, indem ich meine Idee in einem Ton vorbrachte, den sie als unverträglich empfanden, lehnten sie sie aus Trotz ab. Ich besann mich auf die »schönen« Dinge, die das Terranische ins Interkosmo eingebracht haben sollte. »Vielleicht gäbe es noch eine Möglichkeit«, sagte ich. »Bitte lasst mich helfen. Ich müsste dazu meine Privatpositronik holen und ... ich bräuchte Vollzugriff auf STELLATRICE.«

      Gashi drehte sich zu mir um. »Ehe wir nach Strohhalmen greifen, sollten wir lieber die Schiffstechnische Abteilung hinzuziehen.«

      Mich durchfuhr eine sengende Wut. »Da siehst du, wohin eure höflichen Trippelschritte führen!«, brüllte ich. »Wenn ich sage, ich kann es, findet ihr mich arrogant, und wenn ich – im Konjunktiv der Höflichkeit – sage, bitte, bitte, ich könnte etwas tun, nehmt ihr mich nicht ernst!«

      Sie wirkte verdutzt.

      »Ich bin mir sehr sicher, dass ich den Anzug öffnen kann, aber dazu benötige ich Vollzugriff auf den LPV. Und mit jeder Sekunde, die du darüber nachdenkst, verlieren wir mehr Zeit.«

      Zu meinem Erstaunen lächelte Gashi. »Du hast recht. Geh holen, was du brauchst. STELLATRICE steht dir mit aller Kapazität zur Verfügung.«

      »Danke auch für das mir eingeräumte Mitspracherecht!«, rief der LPV.

      Ich war bereits auf dem Weg zum Schott.

      Ich bin kein Emotionaut, und meine Privatpositronik hatte keine SERT-Haube. Sie basierte auf einer cheborparnischen Wartungseinheit, die einen lockeren mentalen Verbund gestattete. Ich hatte sie insoweit modifiziert, dass sie mir Datenstrukturen nicht als abstrakte Hierarchien, sondern geradezu infantil simplifiziert darstellte. Auf diese Weise konnte ich die Problematik auf einer assoziativen Ebene angehen. Ich fand mich stets in einem Straßenlabyrinth wieder, das zu einer Tür oder einem irgendwie gearteten Schalter führte. Dort musste ich etwas tun, was in der Regel stellvertretend für die Überwindung einer Sperre stand.

      Karilantoryns Anzugpositronik lag vor mir als Gassengewirr wie aus einem antiken Film, grau in grau. Zwischen Mülltonnen aus kanneliertem Blech huschten Ratten umher – solche terranischen Details waren wohl Beiträge von STELLATRICE. An den Hausmauern belauerten mich aus unerreichbarer Höhe finstere Fensteröffnungen, die mich stark an das »Ungesicht« von Karilantoryns Helm erinnerten. Während ich umherirrte, entdeckte ich keine einzige Tür. Umso verlockender erschien das in warmem Licht strahlende Eingangsportal. Alle Sträßchen, die in keiner Sackgasse endeten, führten dahin zurück.

      Ein räudiger Tarox-Marder kreuzte meinen Weg und blickte mich aus winzigen, blutunterlaufenen Augen an. Das unterarmlange Tier war krank und schon zu schwach, um eine Mülltonne umzuwerfen und darin nach etwas Essbarem zu suchen.

      Schon die Art der Ablehnung an einer Tür lieferte mir normalerweise einen Hinweis, wie das Hindernis zu überwinden war. Hier fand ich nicht einmal eine Tür.

      Dennoch, STELLATRICE hatte eine Verbindung zur Anzugpositronik hergestellt und war abgeblitzt; eine Instanz, die über Aufnahme oder Verweigerung des Kontakts entschied, war vorhanden. Wie immer sie aussah, diese Instanz musste ich finden.

      Die Fenster waren hoch, aber vielleicht konnte ich sie erreichen, wenn ich unter einem Fenster einen Turm aus Mülltonnen baute. Als ich eine Tonne hob, fauchte etwas und schoss mit scharrenden Krallen zu mir hoch. Reflexhaft schlug ich mit der Tonne zu und traf die Ratte. Sie schlitterte leblos gegen die Wand.

      Die Requisiten reagierten sinnvoll. Das war vielversprechend. Ich war auf eine Abwehrschaltung gestoßen und hatte sie überwunden; ich kommunizierte also bereits mit dem Bronzeanzug.

      Wieder strich der Tarox-Marder vorbei, den Schweif zwischen die Hinterläufe geklemmt. Die Tiere waren unberechenbar und so aggressiv, dass die Arkoniden sie bei Arenakämpfen einsetzten, doch dieses Exemplar sah mich nur flehentlich an. Ich suchte in meinen Taschen nach etwas Essbarem. Ich hatte aber nicht einmal Taschen.

      Mein Blick fiel auf die tote Ratte. Ich hob sie auf und warf sie dem Tarox-Marder vor. Er schlug die Zähne in den Kadaver und verschlang ihn. Sofort wirkte er gesünder und lebendiger. Ohne mich eines Blickes zu würdigen, wandte er sich ab und ging in eine Gasse. Ich folgte ihm, und am Ende der Gasse war eine Tür mit einfachem Drehknauf.

      Als ich sie öffnete, stand Karilantoryn vor mir.

      »Hier wohnt niemand mehr«, sagte er und griff sich mit beiden Händen an die Brust, bohrte die Finger in das Material seines Bronzeanzugs und zog ihn auseinander. Als er die Hälften abstreifte, schälte sich daraus der Bronzeanzug hervor. Noch während die Hülle zu Boden sank, wiederholte Karilantoryn die Bewegung und streifte den Anzug erneut ab, nur um wieder im Anzug dazustehen. Dabei sah mich das leere »Ungesicht« so blicklos an wie die Fenster in der Gasse.

      Ich trat auf Karilantoryn zu und fasste beschwichtigend seine Hände. Meine Grobhände standen in scharfem Kontrast zu seinen feingliedrigen Extremitäten. Ich löste sie von seiner Brust, setzte selbst die Hände dort an und bohrte die Finger hinein. Als ich das Material auseinanderzog, kam darunter kein neuer Anzug zum Vorschein. Die Nahtstelle war nicht glatt, sondern kompliziert gezackt; ich sah winzige tetraedrische und oktaedrische Module, die fugenlos zusammenpassten.

      In dem Anzug fand ich niemanden. Er war leer. Seine Innenseite war keineswegs plan und hohl, sondern bestand aus Schnittstellen und Kabelsträngen, die innerhalb des Anzugs ein kompliziertes Geflecht bildeten und kleine, kompakte Aggregate verbanden, die dort saßen, wo in humanoiden Körpern die Organe sind. Auch der Helm mit dem »Ungesicht« fiel in sich zusammen. Darin entdeckte ich eine Vielzahl von Sensoren und Anschlüssen, einen Kabelbaum anstelle des Rückenmarks, aber keine Positronik anstelle


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