Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans KneifelЧитать онлайн книгу.
verschwand im Halbdunkel, und Atlan schaltete die Helmlampe ein. Der grelle, weiße Strahl stach durch die Landschaft.
Die Ebene war trostlos. Es gab keine Vegetation. Der Boden war von Sand und Staub bedeckt. Man lief auf ihm wie auf einem weichen und dicken Teppich. Manchmal sanken die Stiefel bis über die Knöchel ein. Die Fußstapfen waren deutlich zu sehen, aber der heftige Wind verwischte sie rasch wieder und machte es unmöglich, nach einer Viertelstunde den exakten Rückweg zu finden.
Irgendwie war das alles gespenstisch, und Chipol machte seinen Empfindungen Luft.
»Das ist wie in einem riesigen Gefängnis. Man hat Bewegungsfreiheit, aber man kommt doch nicht weiter. Lass uns umkehren!«
Atlan schüttelte stumm den Kopf. Er deutete voraus. Er hatte einen Schatten ausgemacht, der sich bewegte. Mitten in der Einöde ohne irgendeine Bodenerhebung ragten zwei Felsen auf. Sie bewegten sich im Wind und schlugen gegeneinander.
»Dong!«, machte es, und der Ton erinnerte an eine Glocke. »Dong!«
Mit zunehmendem Wind wurde der Rhythmus schneller, und Atlan blieb vor dem Gebilde stehen und betastete es. Es war Fels, aber er war nicht fest im Boden verankert. Der Arkonide winkte Chipol. Gemeinsam entfernten sie den Sand drum herum. Die Felsen waren nicht mit dem Untergrund verwachsen. Sie steckten einfach in der Gesteinsfläche.
Das Ganze war so unnatürlich, dass sich die beiden sofort fragten, wer dieses Signal aufgestellt hatte. Atlan versuchte, einen der Felsen zu bewegen. Er schaffte es nicht. Der Fels schwang weiter im Wind.
»Wir sollten suchen, ob wir noch mehr von dieser Sorte finden«, meinte Chipol. »Es geht hier nicht mit rechten Dingen zu. Könnte es sein, dass das fremde Schiff auf Orgro einen Stützpunkt besitzt? Oder gibt es hier sogar ein Volk, dessen Existenz bisher nicht nachweisbar war?«
Sie würden es sehen. Vorläufig gab es keine konkreten Hinweise, und Atlan setzte sich wieder in Bewegung und stapfte in Richtung Osten. Sie hätten gut ihre Rückentornister mit den integrierten Fluggeräten aktivieren können. Das aber hätte die Fremden frühzeitig auf sie aufmerksam gemacht.
Für kurze Zeit wurde der Himmel heller und die Sicht klarer. Hinter den beiden Wanderern erhob sich die Bergkette, und in den drei übrigen Himmelsrichtungen erstreckte sich die Ebene bis zum Horizont. Weiter vorn in Marschrichtung senkte sich der Boden ein wenig ab.
Wieder trieb eine Sandwolke durch die Hochatmosphäre. Es wurde finster, und diesmal schaltete auch Chipol seinen Scheinwerfer ein. Er eilte Atlan voran und blieb nach einer Weile stehen. Inzwischen waren sie fast dreißig Minuten unterwegs.
»Da ist ein Loch«, sagte er und deutete nach vorn. »Beim Großen Feuer von Manam-Turu, wir sind hier auf einer Welt, die von den Göttern schwer vernachlässigt wurde. Das Loch sieht aus wie der Eingang in die Unterwelt!«
Atlan betrachtete die Vertiefung. Sie mochte zwanzig Meter breit und zehn Meter tief sein. Der Boden fiel sanft ab und wurde unten ein wenig steiler. Sein Scheinwerfer leuchtete das Dunkel ab und blieb an mehreren Säulen hängen. Sie bestanden aus Naturstein, und sie stützten die Felsdecke. Es sah aus, als befände sich da unten eine größere Höhlung.
Der unterhöhlte Boden würde das plötzliche Verschwinden des fremden Schiffes erklären, meldete sich der Extrasinn. Es muss eingebrochen sein.
Der Arkonide setzte sich in Bewegung. Er wies Chipol an, einen kurzen Funkspruch an die STERNSCHNUPPE durchzugeben. Der Daila kam der Aufforderung nach. Inzwischen stieg Atlan langsam in die Tiefe hinab. Der Staub begleitete ihn, und manchmal rutschte er und drohte auf dem nachgiebigen Boden zu stürzen. Chipol kam ihm nach, nachdem er die Sendeleistung des Helmfunks wieder reduziert hatte.
Nebeneinander kamen sie am Grund der Vertiefung zum Stehen. Ein paar Meter vor ihnen ragten die Felssäulen auf, und dazwischen war es finster. Dort gab es kein Gestein, das das Licht reflektierte. Die Strahlen der Scheinwerfer verschwanden irgendwo im Hintergrund.
»Zeit haben wir genug«, sagte Atlan. »Und wenn der Hyperraumzapfer der STERNENSEGLER defekt ist, kann das lange dauern. In der Zwischenzeit haben wir die ENTE dreimal erreicht.«
»Du willst in dieses Labyrinth eindringen?«
»Ja, Chipol.«
Um die Fremden in ihrem Raumschiff brauchten sie sich keine Sorgen zu machen. Es gehörte mit zum Plan, dass die ENTE auf alle Fälle daran gehindert würde, Orgro wieder zu verlassen. Vorausgesetzt, sie ließ sich hindern. Vorläufig war alles ein einziges Versteckspiel, das dazu dienen sollte, dem anderen tröpfchenweise die eigenen guten Absichten beizubringen.
Atlan watete durch den Staub vorwärts, der sich am Grund der Vertiefung über einen halben Meter hoch angesammelt hatte. Zwischen den Säulen blieb er stehen und ließ den Strahl seiner Lampe wandern. Die Felssäulen waren mit dem Boden und der Decke verwachsen. Sie bildeten eine Einheit, und zwischen ihnen befand sich ein Hohlraum, dessen Begrenzungen nicht erkennbar waren.
Der Arkonide schritt weiter und verschwand in der Kaverne oder was immer es war. Er ging geradeaus, und Chipol folgte ihm ein paar Meter seitlich. Die Säulen standen in einem Abstand von zehn Metern zueinander, und es gab sie in großer Zahl.
Die beiden Gefährten trennten sich. Atlan wandte sich nach links, der junge Daila nach rechts. Ungefähr zweihundert Schritte legten sie zurück, bogen ab und kehrten weiter im Innern der Höhlung zu ihrer ursprünglichen Route zurück.
»Es ist ein riesiges Areal«, rief Chipol aus. »Eine so große Höhle habe ich noch nie gesehen!«
»Höhle ist nicht das richtige Wort«, sagte Atlan. »Aber hier unten ist die Luft nicht staubhaltig. Versuchen wir, ohne Helm zu atmen.«
Vorsichtig klappte er ihn zurück und holte langsam Luft. Sie roch modrig, kalt und feucht. Der Arkonide legte die Hände an den Mund und ließ einen Schrei los. Aufmerksam lauschte er. Außer von den Säulen kam kein Echo. Seine Vermutung bewahrheitete sich, aber der Extrasinn mahnte ihn zur Mäßigung.
Nichts spricht dafür, ließ er sich vernehmen. Es ist eine große Höhle, mehr nicht.
»Du vergisst die verschwundene ENTE«, hielt er entgegen. »Wir müssen die beiden Schiffe warnen. Es besteht Einsturzgefahr!«
Suche erst einmal weiter. Die Katakomben existieren sicherlich nicht zum Spaß.
Sie marschierten weiter, und an ihrer Umgebung änderte sich nichts. Die Säulen besaßen immer noch denselben Abstand zueinander, und der Gedanke, dass die gesamte Ebene auf diese Weise unterkellert war, ließ sich nicht mehr von der Hand weisen.
»Die Oberfläche, die wir kennen gelernt haben, ist nichts anderes als eine Decke«, sagte Chipol düster. »Es ist ein Schutz oder etwas Gefährliches. Vielleicht sitzen wir in einer Falle!«
Atlan verzog den Mund. Nebeneinander lauschten sie. Je länger sie die Ohren anstrengten, desto deutlicher hörten sie ein Geräusch. Es klang wie das Rauschen von Wasser.
Sie eilten vorwärts. Einen halben Kilometer legten sie zurück. Nichts veränderte sich, aber dann senkte sich der Boden ein Stück nach unten, und nach zwei weiteren Kilometern erreichten sie den Einschnitt im felsigen Untergrund. Ein Riss tat sich vor ihnen auf. In gut acht Metern Tiefe rauschte ein unterirdischer Fluss entlang, und an seinen Steilufern wuchsen fluoreszierende Moose.
Langsam bekamen Atlan und Chipol eine Vorstellung von diesem Planeten. Die Höhlung unter der Oberfläche war natürlichen Ursprungs und vermutlich von den nach unten zurückweichenden Wassermassen geschaffen worden. Lediglich die symmetrische Anordnung der stützenden Felssäulen verblüffte, aber es war nicht das erste Mal, dass die Natur etwas absolut Geometrisches und Regelmäßiges geschaffen hatte.
Und wenn es hier unten Wasser gab, dann musste auch damit gerechnet werden, dass Pflanzen und Lebewesen existierten. Die Moose waren ein Beweis dafür.
In das Rauschen mischte sich ein tiefes Murmeln. Es kam von allen Seiten, und es näherte sich dem Standort der beiden Eindringlinge. Chipol griff nach Atlans Hand.
»Weg hier!«, zischte er. Sie