Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans KneifelЧитать онлайн книгу.
Sinnen das Fesselfeld, bis sie es nicht mehr spürte. Dafür empfand sie die Bedrohung, die von Mrothyr ausging. Er war eine lebende Bombe, die jeden Augenblick losgehen konnte.
Nichts konnte den Zyrpher aufhalten, aber als Anima den Mund auftat, da besaßen ihre Worte eine lähmende Wirkung.
»Tu es nicht, du Freiheitsheld deiner Heimat!«, sagte sie. Mrothyr mochte es hören, aber noch deutlicher vielleicht verstand sein Geist es. Und dieser Geist war nicht auf eine bestimmte Stelle des Körpers konzentriert. Er war überall. Anima entdeckte die organischen Unterschiede und ihre psionische Ausstrahlung. Sie begriff, dass EVOLO den Zyrpher umstrukturiert hatte. Jede Faser dieses Körpers trug zum Bewusstsein bei. Mrothyr war ein Wesen, das aus vielen Einzelgedanken zusammengesetzt schien, die gemeinsam diesen tödlichen Befehl ergaben.
Und niemand hatte etwas bemerkt. Mrothyr war der alte geblieben, sein Auftrag war erst in der Zeit aktiviert worden, als Atlan und Anima zusammengetroffen waren. Er sollte die beiden gefährlichsten Gegner EVOLOS aus dem Weg räumen und sie töten, damit sie EVOLOS Machtstreben nie wieder im Weg stehen würden.
Mrothyr wusste, dass er sein Ziel nicht mehr erreichen konnte. Er hatte sich entschlossen, wenigstens einen Teil seines Auftrags zu erfüllen. EVOLO würde das nicht gelten lassen, deshalb war es auch egal, was aus dem Zyrpher wurde.
Mrothyr handelte. Er gab den Befehl zur Selbstvernichtung. Ein psionischer Schock raste durch seinen Körper und warf Animas Spürfähigkeit zurück. Übergangslos wurde der Körper zu einer Bombe.
Anima wusste es, und es blieben ihr nur noch Sekundenbruchteile für Gegenmaßnahmen. Goman-Largo und Neithadl-Off schwiegen. Sie wussten, dass jetzt alles von ihr abhing. Die beiden Gefährten bewegten sich nicht, um sie nicht unnötig abzulenken.
Der Psi-Schock zeigte der Vardi jedoch auch, worum es sich handelte. Sie erkannte die zwei Komponenten von Mrothyrs fremdartiger Struktur. Sie spürte das Wesen der Psi-Komponente auf und baute sie ohne Zögern um. Mrothyr stieß einen lauten Schrei aus und versuchte, seinen Körper zur Explosion zu bringen. Er schaffte es beinahe, aber da wich die psionische Kraft aus ihm, weil Anima sie abbaute. Die Psi-Komponente brach zusammen und erlosch. Mrothyrs Körper gab vorübergehend Wärme ab, die an tödliches Fieber grenzte. Die STERNSCHNUPPE maß es an und führte dem Fesselfeld kühle Luft zu. Sie lockerte das Feld, und der Körper des Zyrphers sank ein wenig in sich zusammen.
»Ich sehe nicht mehr gut«, stammelte Mrothyr. Er reagierte auf das Verschwinden der hypervisuellen Komponente.
Sein Körper begann Kügelchen abzusondern. Es waren die psionischen Teile EVOLOS, die ihrem Selbsterhaltungstrieb folgten und den wertlos gewordenen Körper verließen und von diesem auch abgestoßen wurden, da Mrothyr nicht mehr über eine Psi-Komponente verfügte.
»Weiter!«, sagte Goman-Largo aufmunternd. »Du schaffst es!«
Anima öffnete die Augen und sah, dass die Kügelchen das Fesselfeld nicht verlassen konnten. Sie achtete nicht auf das ungläubige Gesicht, mit dem Mrothyr den Vorgang beobachtete. Sie kümmerte sich um die Dinger und wandelte die atomare Struktur um, ein Kügelchen nach dem anderen. Sie verloren ihre psionische Kraft und fielen als kleine, helle Murmeln aus dem Feld. Sie blieben am Boden liegen, und aus einer Wandklappe rollte ein Reinigungsroboter und saugte die Kügelchen auf. Es krachte, als sie in seinem Innern zu feinem Staub zermahlen wurden.
»Orgro erhält ein wenig Zuwachs«, kommentierte der Tigganoi den Vorgang. »Der Planet wird sich über den Staub freuen.«
Die STERNSCHNUPPE teilte mit, dass sie nicht beabsichtigte, den Staub aus dem Schiff zu blasen. Sie wollte ihn eingehend untersuchen und sich mit Anima über die Art der Umwandlung unterhalten.
Der Modulmann stimmte dem zu. Vielleicht fanden sie etwas heraus, was sich gegen EVOLO verwenden ließ.
Er richtete seine Aufmerksamkeit auf Mrothyr. Der Zyrpher war endgültig in sich zusammengesackt. Er hatte das Bewusstsein verloren.
»Er simuliert!«, verkündete Neithadl-Off, aber niemand hörte auf sie. Chipol tippte sich lediglich gegen die Stirn, eine Geste, die er irgendwann Atlan abgeschaut hatte.
*
Zehn Stunden später verließen die beiden Schiffe den Planeten, auf dem sie nur deshalb gelandet waren, weil es sie interessiert hatte, wer in dem fremden Schiff steckte, das sie ENTE getauft hatten. Inzwischen beobachteten sie die Manöver der YOI 1 und gewannen den Eindruck, dass diese alles andere als eine Ente war. Beim Eindringen in das Cirgro-System war der Schwere Erkunder lediglich vorsichtig gewesen, und wer wollte es ihm verdenken. Die Tessaler hatten schließlich Informationen über die Glückssteine besessen und waren deshalb vorsichtig ans Werk gegangen.
Die STERNSCHNUPPE gab pausenlos Werte über die YOI 1 durch. Es war ersichtlich, dass die tessalische Technik weiter entwickelt war, als man auf den ersten Blick hin vermutet hatte.
Atlan stand neben Anima, und die Vardi hielt seine Hand fest. Ihr Kopf lehnte an seinem Oberarm.
»Eine Verbindung mit Soray!«, verlangte der Arkonide.
Augenblicke später tauchte das Gesicht des Obmanns auf dem Bildschirm auf.
»Wir wollen uns endgültig verabschieden«, sagte Atlan. »Auch bei uns sind alle Probleme geklärt. Wir werden nach Aklard zurückkehren!«
»Alle?«, fragte der Tessaler vorsichtig. »Ich meine, beide Schiffe?«
Der Arkonide blickte auf einen Monitor, auf dem Goman-Largo und Neithadl-Off in der STERNENSEGLER zu sehen waren.
»Wenn es möglich ist, dann nicht alle«, blendete sich der Modulmann in das Gespräch ein. »Der Tempel und der Heilige Stein sind wichtige Anhaltspunkte auf meiner Suche.«
Atlan nickte. Er kannte das einzige Ziel dieses Wesens, das sich als Absolventen der Zeitschule bezeichnete.
»Einverstanden!« Er wandte sich an Anima.
»Es ist nicht gut, wenn meine Orbiterin nach so kurzer Zeit wieder von mir getrennt wird«, sagte er sanft. »Ich muss mich bei dir bedanken, denn du hast mein Leben gerettet. Mit Hilfe des Zellaktivators allein hätte ich es nicht geschafft. Betrachte es als besonderes Zeichen des Vertrauens und der Anerkennung, wenn ich dich mit dem Tigganoi und der Vigpanderin nach Tessal sende!«
Anima wurde traurig. Schließlich aber willigte sie ein. Sie war froh, ihrem Ritter wenigstens in dieser gefährlichen Situation geholfen zu haben. Nicht nur ihm, sondern auch Mrothyr.
Sie wechselte in die STERNENSEGLER über, und der Arkonide überspielte die Koordinaten Aklards in POSIMOLS Speicher. Er wandte sich an Soray. Es war Zeit, die Tessaler vor den Hyptons und Ligriden zu warnen. Sie hatten bis zu diesem Zeitpunkt nicht mit ihnen zu tun gehabt. Auf die Warnungen reagierte der Obmann gelassen. Die Tessaler wähnten sich hinreichend gerüstet, um es mit jedem Gegner aufnehmen zu können.
Damit war Atlans Interesse an diesem Volk bereits erwacht.
Nicht wieder Spekulationen, warnte der Extrasinn. Die Krelquotten sollten dir eine Lehre sein!
Mit diesem Volk waren sie buchstäblich auf die Nase gefallen. Es war ziemlich aussichtslos, sich weiter um sie zu bemühen. Zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht. Bis dahin mochten die Umstände andere geworden sein.
»Auf Wiedersehen, Anima«, rief Atlan, als Soray sich ausgeblendet hatte. Der Schwere Erkunder zog eine Schleife und ritt auf einem blauen Feuerstrahl zum Rand des Cirgro-Systems, wo er übergangslos verschwand.
»Bis bald, mein Ritter«, sagte die Orbiterin, und der Arkonide dachte, dass er sich bereits daran gewöhnt hatte, dass sie ihn als Ritter bezeichnete. Für sie war er der legitime Nachfolger Hartmanns vom Silberstern.
Die Bildverbindung erlosch, denn die STERNENSEGLER hatte den Normalraum ebenfalls verlassen und war dem tessalischen Schiff gefolgt.
Atlan sah Chipol an.
»Wolltest du etwas sagen?«, fragte er.
Chipol deutete zum Antigraveinstieg.
»Mrothyr