Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans KneifelЧитать онлайн книгу.
die Hände.
»Ich habe keine Zeit, mich untersuchen zu lassen«, stieß er hervor. Er fühlte sich entsetzlich müde, aber in dieser Lage konnte er sich als Planetar nicht den Luxus von zehn oder vierzehn Stunden Schlaf gönnen.
Die Ärztin zog die Brauen in die Höhe.
»Wie du meinst, es ist deine Gesundheit. Aber lange wirst du das nicht durchhalten.«
Dhota verließ die Klinik und ging hinüber zu seinem Amtssitz.
Dort wartete bereits Crahn, sein Stellvertreter, auf ihn – ein kurzgewachsener stämmiger Daila, der sich durch unermüdlichen Arbeitseifer auszeichnete.
»Wie sieht es aus?«, wollte Dhota wissen.
»Ungefähr wie du«, gab Crahn zurück, nachdem er Dhota kopfschüttelnd gemustert hatte. »Wir leben noch, aber dem ist nicht so ohne weiteres zu trauen. Dies sind die Berichte. Ich habe die Orte auf einer Karte eingetragen und farblich gekennzeichnet. Wo immer du eine rote Markierung findest, haben sich seltsame und unerklärliche Dinge abgespielt. Manche sind eher kurios als gefährlich – blutrotes Wasser, das aus dem Boden sprudelt, gelber Staub, der sich über alles legt – aber ein paar Sachen gefallen mir überhaupt nicht.«
»Todesfälle, Verletzungen?«
Crahn schüttelte den Kopf.
»Bis jetzt nicht«, antwortete er. »Nur leichtere Verletzungen. Die bekommen unsere Mediziner wieder hin.«
Dhota überflog die Liste. Sie war beeindruckend lang. Offenbar schien der ganze Planet in Aufruhr geraten zu sein – die roten Markierungen waren überall zu finden.
»Hmm«, machte Dhota. Er befahl der Positronik, die Karte der merkwürdigen Ereignisse über eine Bevölkerungsverteilungskarte zu projizieren. Das Ergebnis war recht eindrucksvoll.
»Überall da, wo viele Daila leben, passiert auch besonders viel«, stellte Dhota fest. Er knabberte mit den Zähnen an der Oberlippe. »Ob das ein Zufall ist?«
Crahn rieb sich die Wange.
»Ich vermute, es hat weniger mit den Ereignissen als solchen, sondern mit der Möglichkeit zu tun, ob sie beobachtet und gemeldet worden sind. Wenn etwas passiert, wo niemand ist, werden wir nie davon erfahren.«
»Dann werden wir ein paar Gleiter losschicken – in die unbesiedelten Gebiete. Die Piloten sollen nach seltsamen und unerklärlichen Phänomenen Ausschau halten.«
»Worauf willst du hinaus?«, fragte Crahn.
»Das weiß ich selbst noch nicht«, antwortete Dhota nachdenklich.
»Du glaubst doch nicht ...«
»Was?«, fragte Dhota stirnrunzelnd.
»Dass irgend jemand hinter diesen Vorgängen steckt«, erwiderte Crahn. »Wer oder was sollte das sein – und wozu überhaupt. Rawanor ist eine völlig unwichtige Welt.«
»Dergleichen kann sich ändern«, meinte Dhota. Er spürte ein unwiderstehliches Verlangen, sich irgendwo auszustrecken und zu schlafen. In einer Schublade seines Schreibtischs fand er dann das Aufputschmittel. Crahn sah kopfschüttelnd zu, wie Dhota eine der Tabletten nahm.
»Du richtest dich damit zugrunde«, warnte Crahn.
Dhota lächelte schwach. Ziemlich bald konnte er spüren, dass das Medikament zu wirken begann. Die Müdigkeit verschwand, der Körper mobilisierte seine Reserven. Dhota wusste allerdings, dass er für diesen Raubbau an seinen Kräften später würde zahlen müssen.
Immer neue Meldungen trafen ein – sie verstärkten den Eindruck, den Dhota bereits gewonnen hatte. Keines der Ereignisse passte zum anderen. Das Klima spielte verrückt, Tiere benahmen sich seltsam, Daila drehten durch. In einer stark bewaldeten Region warfen die Bäume zur Unzeit ihre Blätter ab, während anderswo Pflanzen zu blühen begannen, bei denen diese Art der Vermehrung noch nie erlebt worden war.
»Sind die Gleiter unterwegs?«, fragte Dhota eine knappe Stunde später.
»Hier sind die ersten Berichte«, erwiderte Crahn.
Dhota kniff die Augen zusammen. Er nickte langsam.
Auf einem Bildschirm ließ er die Auswertung der Messergebnisse zusammenfassen; die Positronik lieferte eine erstklassige, übersichtliche Darstellung.
Den Hintergrund der Karte bildete eine Darstellung der Planetenoberfläche. Darauf eingezeichnet war die Bevölkerungsdichte der jeweiligen Region.
Rawanor war dünn besiedelt, man konnte daher mit dem Land sehr großzügig verfahren. Aber selbst auf einem Planeten mit sehr vielen schönen Landschaften gab es einige Landstriche, in denen sich besonders viele Daila niedergelassen hatten. Diese Dichteflecken waren auf der Karte deutlich zu erkennen.
In anderer Farbe waren dann die Naturphänomene eingezeichnet worden. Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, konzentrierten sich diese Meldungen analog zu den Siedlungen der Daila.
Als zusätzliche Information projizierte die Positronik auf den Bildschirm die Reiserouten der Erkundungsgleiter und deren Beobachtungen.
»Was habe ich gesagt«, murmelte Dhota. Crahn schüttelte fassungslos den Kopf.
»Unmöglich, das glaube ich einfach nicht«, stieß er heftig hervor.
Die Gleiter hatten nur wenige Beobachtungen gemeldet – und die betrafen ausnahmslos die Randgebiete dicht besiedelter Zonen.
Dass sich gemeldete Phänomene dort häuften, wo es Daila zum Beobachten und Melden gab, lag auf der Hand – nicht aber, dass es in anderen Landstrichen solche Naturereignisse nicht zu geben schien.
»Diese Allüren des Planeten treten nur dort auf, wo Daila leben«, fasste Dhota zusammen. »Und es gibt eine auffällige Korrelation ...«
Er deutete auf die Ziffern, die die Positronik auf den Monitor projiziert hatte – selbstverständlich wurden die Meldungen sofort statistisch ausgewertet.
»Es ist nicht nur so, dass um so mehr Meldungen über Naturphänomene eintreffen, je dichter das fragliche Gebiet besiedelt ist – es gibt auch eine ganz klare Korrelation zwischen der Zahl der Phänomene und der Bevölkerungsdichte.«
»Im Klartext: Je mehr Daila an einem Fleck sind, um so mehr und verschiedene Naturphänomene treten auf?«
»Genau das meine ich«, sagte Dhota.
»Dahinter steckt ... ich weiß nicht, wie ich es sagen soll ... es ist jedenfalls kein Zufall, das schließt die statistische Auswertung einwandfrei aus. Es gibt für diese Dinge einen Kausalfaktor.«
»Und wie sieht der aus?«
»Wenn ich das nur wüsste«, seufzte Dhota. »Wie bringt man verändertes Verhalten von Tieren und Pflanzen, von Magmaströmen und Meeresverhältnissen auf einen gemeinsamen Nenner? Die Springschnecken könnten von einer Krankheit mit psychogenen Auswirkungen befallen sein, auch wenn bisher keine solche Krankheit bekannt ist. Aber wie kann diese Krankheit einen seit Jahrmillionen erloschenen Vulkan in ein feuerspeiendes Ungeheuer verwandeln – oder Riesenwogen auf dem Meer entstehen lassen?«
Der Himmel über der Hauptstadt hatte sich zugezogen. Dicke Wolken zogen heran – auf die Stadt und die Berge zu, die Dhota in der Ferne sehen konnte. Bis hierher war der Feuerstrahl zu sehen, der aus dem tobenden Vulkan in den Himmel sprühte.
»Augenblick«, wandte Crahn ein. »Pass auf ...«
Er nahm ein einfaches Trinkglas vom Tisch und ließ es fallen. Auf dem Boden zerschellte das Glas zu Tausenden von Splittern.
»Wie groß ist wohl die Chance, noch einmal ein solches Glas fallen zu lassen und dabei exakt die gleichen Splitter in exakt der gleichen Lage entstehen zu lassen.«
»In so kleinen Zahlen kann ich nicht denken«, antwortete Dhota. »In der Praxis gleich Null.«
»Sagen wir eins zu einhundert Millionen? Gut – und gerade hat sich etwas ereignet, was eine Wahrscheinlichkeit