Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans KneifelЧитать онлайн книгу.
schüttelten ratlos die Köpfe.
»Ihr kennt doch die Geschichte um Cirgro?«, mischte sich Seealee plötzlich ein.
Dhota nickte kurz und sah Seealee auffordernd an.
»Auch dort verlief das Leben der Daila völlig normal – bis zu jenem Tag, an dem ein Prospektor die Glückssteine fand und damit den ganzen Planeten gleichsam auf den Kopf stellte.«
»Hier gibt es keine Glückssteine«, gab Opallo zu bedenken. »Auch nichts, was damit vergleichbar wäre.«
Seealee lächelte.
»Woher wissen wir das?«, fragte sie. »Wollt ihr behaupten, alle Naturschätze Rawanors zu kennen?«
»Greifen wir die Hypothese auf«, schlug Dhota vor. »Es gibt hier irgendein geheimnisvolles Mineral, das wir bis zum heutigen Tag in seiner wahren Bedeutung nicht erkannt haben. Wie soll dieser Stoff an der Entstehung all dieser Phänomene beteiligt sein?«
»Paraphysik«, antwortete Seealee sofort. »Die Glückssteine von Cirgro haben die Daila-Mutanten dort zu ganz normalen Daila gemacht. Vielleicht ist es hier genau umgekehrt.«
Dhota wiegte den Kopf. Mit dieser Theorie war er offenbar nicht sehr einverstanden.
»Erinnert euch, wie viel Schwierigkeiten wir Daila immer mit Mutanten hatten – vor allem wir so genannten normalen Daila. Keiner von uns weiß, wie sich ein Mutant fühlt, wie er seine Gabe spürt und einsetzt. Wie will man jemanden, der nie mehr als eine Pfütze gesehen hat, klarmachen, wie schön Schwimmen sein kann – selbst wenn man versuchte, ihm das Wort klarzumachen, wird er die wirkliche Bedeutung niemals begreifen können.«
»Du meinst, Daila auf diesem Planeten könnten paraphysikalische Fähigkeiten entwickelt haben, ohne sich dessen bewusst zu sein? Und sie setzen sie völlig unkontrolliert ein?«
»Nicht nur unkontrolliert – vor allem unbewusst. Ohne Ziel, ohne Plan.«
»Aber diese Mutanten – man müsste sie doch aufspüren können«, gab Opallo zu bedenken.
Seealee lächelte.
»Und wie spürt man Mutanten auf? Entweder mit entsprechenden Geräten, die wir nicht haben – oder mittels anderer Mutanten, die mit uns zusammenarbeiten. Wenn aber unsere neuen, ungewollten Parakünstler von ihrer Fähigkeit gar nichts wissen ...«
Dhota verzog das Gesicht.
»Ich kann diese These nicht recht akzeptieren«, sagte er. »Ich merke, dass ich mich dagegen nicht mit Vernunftgründen, sondern mehr gefühlsmäßig sträube. Trotzdem sollten wir diesen Verdacht überprüfen.«
»Zumal er eines erklärt«, gab Opallo zu bedenken. »Die Tatsache nämlich, dass sich diese Naturverrücktheiten dort konzentrieren, wo Daila leben.«
Dhota nickte.
»Und wie überprüfen wir Seealees Arbeitshypothese?«
»Nun, das wird vielleicht gar nicht nötig sein«, meinte Seealee. »Wenn mein Verdacht richtig ist, dann ist dieser Schneesturm dort draußen ein Werk der unbewussten Daila-Mutanten in der Hauptstadt.«
»Die sich damit selbst in Schwierigkeiten gebracht hätten«, gab Opallo zu bedenken.
Seealee nickte.
»Daher vermute ich, dass der Sturm nicht mehr lange andauern wird. Ob bewusst oder unbewusst – den neuen Mutanten wird der Sturm bald so sehr aufs Gemüt schlagen, dass sie nur noch daran denken werden, dass er bald aufhört. Falls sie also paraphysikalische Fähigkeiten haben, wird ihr Unbewusstes sie bald dazu einsetzen, den Sturm zu beenden.«
»Als Beweis nicht besonders gut«, sagte Dhota.
»Wenn es stimmt, dann wären wir jedenfalls den Schneesturm los«, gab Seealee zurück.
Unwillkürlich sahen alle zu den Fenstern hinüber. Noch immer orgelte der Sturm durch die Straßen der Stadt und begrub sie unter Schnee und Eis.
Dhota zwinkerte. Er ging zum Fenster hinüber. Fassungslos schüttelte er den Kopf.
Seealee erstarrte. Ein aberwitziger Verdacht raste durch ihren Verstand. Sie eilte zu Dhota hinüber. Er legte seinen linken Arm um ihre Schulter. Den rechten hatte er ausgestreckt.
Seealee folgte der Blickrichtung ihres Mannes.
An der Grenze des Sichtfeldes begann sich der Himmel aufzuhellen – ein blauer Schein war zu sehen, der sich grell gegen das triste Schwarz des übrigen Himmels abgrenzte.
»Es sieht so aus, als hättest du Recht, Seealee«, murmelte Dhota. Äußerlich schien er völlig ruhig zu sein; nur Seealee, die ihn berührte, konnte das feine Zittern spüren, das durch seinen Körper lief.
Es ließ sich nicht leugnen – der Schneesturm, der zwei Tage lang über der Stadt und dem Umland getobt hatte, flaute ab, und das mit der gleichen unnatürlichen Geschwindigkeit, mit der er zuvor entstanden war. Mit Naturereignissen hatte das nichts mehr zu tun, das war jedem im Raum klar.
Seealee spürte die Blicke der anderen auf sich ruhen. Sie ahnte, was in den Köpfen von Dhotas Mitarbeitern vor sich ging.
Seealee hatte diese Wandlung prophezeit – und sie trat prompt ein, wie jeder sehen konnte. War das mit Zufall erklärbar? Oder gab es andere Umstände?
Dhota räusperte sich.
»Du bist eine gute Prophetin«, sagte er mit leicht belegter Stimme.
»Zufall«, meinte Opallo. Es klang lahm und nicht überzeugend. Seealee spürte, dass ihr Unbehagen wuchs.
»Wie geht es jetzt weiter?«, fragte jemand.
»Folgerichtig«, antwortete Dhota trocken. »Erst hatten wir den Schnee, jetzt bekommen wir Sonnenschein – und damit jede Menge Schmelzwasser. Ob wir wollen oder nicht, der Stadt steht neues Ungemach bevor. Wir werden Keller auspumpen dürfen.«
Der Frager blieb hartnäckig.
»Und dann?«
Dhota gab sich zuversichtlich.
»Dann rüsten wir zur Jagd – auf einen Unsichtbaren.«
7.
Die Stimmung im Amtssitz des Planetars war bedrückend. Immer deutlicher war in den letzten Stunden geworden, dass die Bewohner des Planeten ohnmächtige Opfer einer unfassbaren Macht geworden waren, der sie nichts entgegenzusetzen hatten. Mehrfach hatte dieser Angreifer aus dem Unsichtbaren seine Macht entfaltet, ohne dass die Betroffenen auch nur die geringste Ahnung gehabt hätten, wozu das alles diente.
»Ich komme mir vor wie das Opfer einer Geiselnahme«, sagte Dhota leise. »Nur hat sich unser Geiselnehmer bis jetzt nicht mit Forderungen bei uns gemeldet.«
»Und das ist es, was dich nervös macht«, vermutete Seealee. Dhota nickte.
Über der Stadt spannte sich jetzt wieder ein strahlend blauer Himmel. Sytts Strahlen erwärmten die Luft und schmolzen den Schnee und das Eis, das der Sturm hinterlassen hatte.
Die Auswirkungen hatten nicht lange auf sich warten lassen. Das Kanalisationssystem war mit dieser gewaltigen Menge Wasser nicht fertig geworden. Keller waren vollgelaufen, auf den Straßen stand das Wasser stellenweise kniehoch. Die Stadt lag in der Ebene, und ihre Oberfläche wies nur eine geringe Neigung auf, daher würde es geraume Zeit dauern, bis sich die Verhältnisse wieder normalisierten.
»Wo ist eigentlich Crahn?«, wollte Dhota wissen.
Seealee zuckte die Schultern.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung«, sagte sie.
Dhota sah Opallo an, der antwortete mit der gleichen Geste.
»Er war mit mir im Museum für Naturkunde«, erinnerte sich Dhota. »Unten im Keller.«
»Dort kann er nicht sein, wir haben danach das Gebäude abgesucht. Von Crahn keine Spur.«
»Wahrscheinlich