Perry Rhodan 1850: Traumtod. Ernst VlcekЧитать онлайн книгу.
»Es tut mir leid, was mit deinem Volk passiert ist, Norman Erengast. Das Forum Raglund, das bis zuletzt eng mit der LFT zusammenarbeitete, hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle überlebenden Terraner in der Eastside aufzunehmen. Du wirst im Verein mit den Blues-Nationen der Gataser, der Apasos und vieler anderer sowie den Unithern, den Akonen, den Linguiden und all den anderen kampfgewillten Völkern eine neue Heimat finden, Norman Erengast, wie schon viele andere heimatlose Menschen vor dir …«
Eine Bildstörung unterbrach die Sendung, gleich darauf wurde der Blue vom Bildnis eines Haluters ersetzt. Durch die Kanzel sah Norman, wie sich vor dem Hintergrund der Raumschiffspulks ein schwarzer Kugelraumer abzeichnete und auf seine Jet zusteuerte: das 100-Meter-Schiff eines Haluters.
Der Haluter sprach in der seinem Volk eigenen förmlichen Art:
»Vergessen Sie, was der Blue versprochen hat, Norman Erengast. Das Forum Raglund ist derzeit nur an Söldnern interessiert. An Kanonenfutter für die Tolkander gewissermaßen. Wenn Sie am Schicksal Ihres Volkes interessiert sind, dann sollten Sie sich uns anschließen. Zu mir gehören …«
Das Bild verzerrte sich und schien zu explodieren. Aus dem Hyperkom drangen statt dessen stakkatoartige Geräusche. Das Hämmern war so laut, dass Norman meinte, ihm würde das Trommelfell platzen. Er verspürte eine zunehmende Übelkeit. Etwas Unsichtbares schien nach ihm zu greifen, und ihm war, als würde sein Innerstes nach außen gekehrt.
Ist das der Tod durch Tolkander?, fragte er sich, während in seinem Gehirn eine Kettenreaktion von Explosionen abzulaufen schien.
Er war völlig handlungsunfähig. Er saß nur da und nahm, in Schmerzen gebadet, wie in Trance wahr, was um ihn geschah. Was tatsächlich in diesen Augenblicken passierte, erfuhr er erst später.
Er wurde lediglich gewahr, dass sich das schwarze Haluterschiff seiner DISSENTER fast bis auf Tuchfühlung näherte. Ein Fesselfeld legte sich um die Space-Jet und nahm sie ins Schlepptau des schwarzen Kugelraumers.
Die Ortung wies eine Unzahl von Strukturerschütterungen aus, als würden die Tausende hier versammelten Raumschiffe alle auf einmal fliehen. Sie verschwanden tatsächlich nacheinander vom Bildschirm. An ihrer Stelle tauchten unbekannte Flugkörper auf. Sie waren in etwa bohnenförmig und wiesen auf ihren Rücken viele stachelartige Auswüchse auf.
Bevor Norman Erengast weitere Einzelheiten erkennen konnte, ging das Haluterschiff in den Überlichtflug und riss die Jet im Fesselfeld mit in den Hyperraum.
Das Hämmern hörte augenblicklich auf. Norman verspürte unsägliche Erleichterung.
2.
»Das Stakkato ist der charakteristische Nebeneffekt, mit dem die Igelschiffe der Tolkander ihr Erscheinen ankündigen. Eine unangenehme Erfahrung für Körper und Geist – vor allem für jemand, der erstmals und unvorbereitet damit konfrontiert wird.«
Das erläuterte der Haluter, nachdem er Norman Erengast nach Beendigung der Überlicht-Etappe an Bord seines Schiffes geholt hatte.
Der Haluter war eine imposante Erscheinung. Dreieinhalb Meter groß, mit vier Armen, die die Kraft besaßen, Steine zu zerquetschen. Sein mächtiger, halbkugeliger Schädel ragte nur vierzig Zentimeter aus dem Halskranz des Raumanzuges hervor. In seinem breiten Mund blitzten beim Sprechen zwei Reihen mörderischer Reißzähne auf, Zähne, so hart wie Terkonitstahl. Zu dieser so bedrohlich wirkenden Erscheinung stand der fast gütige und gutmütig wirkende Blick aus den drei Augen im krassen Gegensatz.
Der Haluter war nicht allein. Links von ihm stand, von Größe und Gestalt ebenfalls beeindruckend, aber um fast ein Drittel kleiner, ein Maahk in seinem klobigen Raumanzug mit dem Klarsichthelm, innerhalb dessen das rauchige Ammoniak-Methan-Gemisch wallte und das Gesicht des Methanatmers wie Nebel verhüllte.
Zur Rechten des Haluters stand ein Roboter von annähernd humanoider Gestalt, nur zwei Meter groß und neben dem halutischen Riesen schmal und zerbrechlich wirkend. An der Art, wie der Roboter sprach und sich bewegte, und an der Tatsache, dass sich um seine Beine ein sich ständig verformender Plasmaklumpen mit zwei langen Stielaugen schlang, der nur ein Matten-Willy sein konnte, erkannte Norman, dass es sich um einen Posbi handeln musste.
»Ich bin Yamo Dormat, der Letzte meiner Art«, stellte sich der Haluter vor. Er deutete auf den Maahk. »Das ist Grek-27, den ein ungewöhnliches Schicksal mit mir zusammengebracht hat. Der Posbi heißt Elebor; er nennt seinen Matten-Willy Samba – fragen Sie mich nicht, aus welchem Grund.«
»Weil er kein Matten-Willy, sondern ein regelrechter Tanz-Willy ist«, ergänzte der Posbi, während der Matten-Willy an seinen Beinen seine Stielaugen zwischen ihm und Norman hin und her pendeln ließ. Zwischendurch bildete er einen herzförmigen Mund aus sich heraus, als wolle er etwas einwenden; aber er blieb stumm. Elebor ignorierte das und fuhr unbeirrbar fort: »Er kann keine Sekunde ruhig bleiben und ist in ständiger rhythmischer Bewegung. Samba ist doch ein altterranischer Tanz, oder?«
»Möglich«, sagte Norman, der über solche Dinge nicht Bescheid wusste und dem der Grund für die Namengebung eines Matten-Willys auch völlig egal war. Etwas anderes interessierte ihn dagegen mehr.
An den Haluter gewandt, fragte er, aus Höflichkeit dessen veraltete förmliche Anredeform übernehmend: »Ist das ernst gemeint, dass Sie der letzte Haluter sind, oder war es nur so dahergesagt, Yamo Dormat?«
»Es ist wahr und unabänderlich«, sagte der Haluter. »Es wird wohl noch einige wenige Haluter geben, die durch das Universum streifen. Aber ich bin der Letzte meiner Art in der Milchstraße. Das ist gewiss.«
Norman war von dieser Aussage entsetzt und beeindruckt zugleich. Was mussten die Tolkander für ein mächtiges, schlagkräftiges Volk sein, wenn sie selbst Haluter mit einem Schlag auslöschen konnten!
»Sie wollen wissen, wie es zum Untergang des terranischen Sternenreiches kam, Norman Erengast?«, fragte Yamo Dormat. »Ich will versuchen, es Ihnen in wenigen Worten zu erklären.«
Yamo Dormat begann zu erzählen, und Norman Erengast versuchte, sich ein Bild vom Ablauf der Geschehnisse zu machen, wie der Haluter sie darstellte.
*
Als vor drei Jahren, Anfang Dezember 1288 NGZ, die ersten Igelschiffe in der Milchstraße auftauchten, da ahnte niemand auch nur im entferntesten, zu welch gefährlicher Bedrohung sie sich entwickeln würden.
Es fing alles relativ harmlos an. Die Erkunder der sogenannten Neezer erschienen an verschiedenen Orten der Milchstraße, nahmen vermutlich Messungen vor und verschwanden wieder. Das einzige Zeichen, das sie setzten, war das Hyper-Stakkato, das Norman Erengast bereits zu spüren bekommen hatte.
Danach kamen die Kriegsschiffe der Gazkar und die Transporter der Alazar, die man als die »Ingenieure« bezeichnete. Damit nahm das Unheil seinen Lauf. Insgesamt dreihundert Planeten wurden besetzt und in ein Tanglefeld gehüllt. Dieses lähmte den Willen von Galaktikern und machte es ihnen unmöglich, besetzte Planeten zurückzuerobern.
Zu diesem Zeitpunkt war immer noch kein Sinn im Eroberungsfeldzug der Tolkander zu erkennen. Sie antworteten auf keinerlei Anrufe, gingen jeglichem Kontakt aus dem Wege. Bei direkter Konfrontation starben sie lieber, als in die Hände der Galaktiker zu fallen.
Insgesamt waren am Höhepunkt des Geschehens weit über 200.000 Igelschiffe in der Milchstraße stationiert. Dieser gigantischen Flotte hatten die Galaktiker zahlenmäßig nichts entgegenzusetzen.
Hinzu kam noch, dass die Igelschiffe über einen sogenannten Stotterantrieb verfügten, auch als 5-D-Vektor-Shredder bezeichnet, der den Galaktikern eine genaue Zielerfassung unmöglich machte und lediglich eine Trefferquote von wenigen Prozent erlaubte. Die Galaktiker hatten es somit in der eigenen Galaxis mit einer noch nie dagewesenen Übermacht zu tun.
Die Völker der Galaxis standen vor einem Rätsel, was die Absichten der Tolkander anging. Aber dann erschienen die Eloundar in ihren Ellipsoid-Schiffen auf dem Plan. Sie brachten die Vivoc – die Brut. Sie wurde auf den eroberten Welten abgeladen, die so zu Brutplaneten wurden. Und die auf diesen Welten lebenden Galaktiker wurden als Resonanzkörper für die Entwicklung der Vivoc