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Nr. 2648
Die Seele der Flotte
Perry Rhodans Suche jenseits der Wirklichkeit – und der Kampf um MIKRU-JON
Christian Montillon
In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1469 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ) – das entspricht dem Jahr 5056 christlicher Zeitrechnung. Seit dem dramatischen Verschwinden des Solsystems mit all seinen Bewohnern hat sich die Situation in der Milchstraße grundsätzlich verändert.
Die Region um das verschwundene Sonnensystem wurde zum Sektor Null erklärt und von Raumschiffen des Galaktikums abgeriegelt, eine neue provisorische Führung der LFT regiert vom Planeten Maharani aus die Menschenvölker der Milchstraße. Im Solsystem hingegen müssen die Menschen gegen dreierlei Feinde bestehen: die Spenta, die die Sonne verhüllt haben, die Fagesy, die die Terraner des Diebstahls von ALLDAR beschuldigen, und gegen die Sayporaner, die die Kinder der Menschheit »umformatieren«.
Perry Rhodan kämpft indessen in der von Kriegen heimgesuchten Doppelgalaxis Chanda gegen QIN SHI. Diese mysteriöse Wesenheit gebietet über zahllose Krieger aus unterschiedlichen Völkern und herrscht nahezu unangefochten in Chanda. Um ihre Macht zu brechen, benötigt Rhodan Unterstützung und Verbündete. Ramoz weist ihm den Weg zu einer grünen Sonne und einer dort verborgenen Flotte. Diese aber ist inaktiv, denn es fehlt DIE SEELE DER FLOTTE ...
Die Hauptpersonen des Romans
Perry Rhodan – Der Terraner sucht nach Unterstützung.
Mikru – Die Seele MIKRU-JONS gerät in Not.
Nemo Partijan – Der Wissenschaftler hat Kreuzschmerzen.
Numenkor-Bolok – Eine einst verlorene Seele bekommt eine zweite Chance.
Ramoz – Die Seele der Flotte muss sich äußern.
Prolog:
Diskussionen im Dunkeln
Es ängstigt ihn, im Dunkeln zu atmen.
Zumal es den Mund und die Nase schon lange nicht mehr gibt, mit denen er Luft holen könnte. Die Augen sind vor Ewigkeiten vergangen, genau wie sein ganzer Körper.
Dennoch strömt Luft in die Lungen. Das Fleisch entsteht neu. Unter der Haut kribbelt es. Es fühlt sich ... belebend an, nein, mehr noch, lebendig.
Statt der unablässigen Datenströme, die seit Unzeiten sein Bewusstsein durchschneiden, tauchen Gedanken in ihm auf: Ausgeburten eines organischen Gehirns.
Ich erwache, geht es ihm durch den Sinn, und die Vorstellung lässt ihn erschauern. Gleichzeitig dringt von außen eine Stimme in ihn ein, eine der vielen, die mit ihm im selben Informationsstrom schwimmen. »Bleib hier!«, sagt sie und strömt dabei von Wort zu Wort aus weiter Ferne. »Flieg nicht, ehe dir Federn wachsen!«
»Wer braucht Flügel«, antwortet er, halb als Informationsimpuls, halb mit seinem Mund gesprochen, »wenn er ein Raumschiff besitzt?«
Zugleich mit diesen wenigen Worten tauschen sie dutzend- und hundertfach Argumente aus, loten auf einer tieferen Schicht alle Details aus, die mit diesen bildhaften Vorstellungen einhergehen.
Es nimmt nahezu keine Zeit in Anspruch. Ein Atemzug mit seinem neuen, physischen Leib gleicht einer Ewigkeit in seinem vorherigen Leben. Ihm stand alle Zeit des Universums zur Verfügung, und nun stürzt er zurück in die Vergänglichkeit des materiellen Daseins.
»Wieso darfst ausgerechnet du uns verlassen und wieder einen Körper erhalten?«, fragt die Stimme, als sie schon so weit entfernt ist, dass er sie kaum noch hören kann.
»Ich weiß es nicht.« Das entspricht der Wahrheit. Es geschieht einfach. Materie formt sich aus dem Nichts reiner Information, aus den Erinnerungen seines alten Lebens. Er hat nicht darum gebeten. Es ängstigt und begeistert ihn zugleich. »Ich bin mir nicht sicher, ob es eine Gnade ist, die mir erwiesen wird.«
»Was sonst?«
Wenn er das nur wüsste. »Eine Bestrafung?«
Daraufhin hört er in der Stille nur noch seinen eigenen Atem, das Geräusch, mit dem er einatmet. Zum ersten Mal füllen sich seine Lungen vollständig mit Luft, als wäre er ein Baby, das den Mutterleib unter Schmerzen verlässt.
Er denkt nach. Numenkor-Bolok, kommt es ihm in den Sinn. Diese Laute erscheinen völlig sinnlos, bis er begreift, dass dies sein Name ist. Einer der typischen Doppelnamen seines Volkes. Er ist ein ...
... ein Lare.
Richtig. So nennt sich sein Volk. Laren. Sie sind eine alte Zivilisation im Kosmos, oder sie waren es einst. Er, Numenkor-Bolok, ist kein unschuldiges Neugeborenes, dessen Leben nicht festgeschrieben ist. Er blickt auf eine vieltausendjährige Historie zurück.
Er erinnert sich nicht richtig daran. Nur vereinzelte Schlagworte tanzen in seinem Verstand und verwirren ihn mehr, als dass sie Klarheit bringen. Er sieht Welten und Sonnen, eine Zivilisation, die blüht und doch Anzeichen des Untergangs in sich trägt, wenn in den Worten der Philosophen und Warner ein Funken Wahrheit liegt.
Es ist zu lange her, denkt er. Alles verliert sich im Dunkel der Geschichte. Hat er soeben an eine Historie von vielen tausend Jahren gedacht, erkennt er nun, dass es um viel größere Zeiträume geht.
Jahrmillionen? Er weiß es nicht. Zu dem grundlegenden Wo bin ich? gesellt sich eine weitere, viel drängendere Frage: Wann bin ich?
Er linst aus fast völlig zusammengekniffenen Augen auf seine neu entstandene Hand. Wie erhaben dunkel sie ist. Sie zittert ein wenig. Wenn einige Jahrtausende der Länge eines Fingers entsprechen, so reicht die Geschichte der Laren wohl zahllose Kilometer in die Vergangenheit.
Flatternd heben sich die Augenlider endgültig. Das erste Licht schmerzt ihn, und er spürt, wie sich die Pupillen verengen. Er kann sich nicht erinnern, eine unwillkürliche Bewegung wie diese je zuvor wahrgenommen zu haben.
Ohnehin scheint alles klarer und deutlicher als jemals vorher. Es ist ein erstaunliches, wundervolles Gefühl, wieder einen Körper zu haben.
Noch ehe er begreift, wo er sich befindet, stellt sich ein Wesen vor ihn.
»Wer bist du?«, fragt er.
Dieses Wesen gehört nicht zu seinem Volk, aber es ist weiblich, das erkennt er sofort. Er fühlt es, und der zerbrechliche, geschwungene Körper beweist es überdeutlich.
»Ich war bislang dein Freund, doch nun bin ich dein Feind«, sagt es ... sagt sie. »Der schlimmste, den du dir nur vorstellen kannst. Ich werde dich töten.«
Numenkor-Bolok blickt auf das Wesen hinab. Es ist etwa so groß wie er, dabei aber zierlich, mit fahler Haut und Haaren wie ausgeblichenes Samtgras aus den Weiten seiner Heimatwelt. Seine Mutter hat ihm stets etwas davon auf sein Bett gelegt, weil der Duft dieser Pflanze friedliche Träume beschert. Das ist lange her. Ewigkeiten.
»Du willst mich töten?« Ein spöttisches Lächeln legt sich auf seine Lippen. »Du siehst nicht gefährlich aus.« Er könnte dieser Frau ohne Schwierigkeiten mit einem raschen Griff das Genick brechen.
Vielleicht sollte er es tun.
Nur zur Sicherheit.
»Du enttäuschst mich.« Die fahle Frau zerschmilzt und entsteht neu. »Jemand wie du weiß doch, dass der Schein trügen kann.«
Er schaut nun ein Ebenbild seiner selbst an. Dieselbe breitschultrige Gestalt. Dieselbe schwarze Gesichtshaut, aus der die dicken gelben Lippen herausleuchten. Dasselbe dunkle Haar, dick und auf