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Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda HuchЧитать онлайн книгу.

Der Dreißigjährige Krieg - Ricarda Huch


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Küns­ten er­tappt hät­te. Er sol­le es bei sei­nem Le­ben be­ken­nen.

      Rhuts­ky fiel auf die Knie und ge­stand end­lich, er habe lan­ge schon den Arg­wohn, dass Lang ihn, den Kai­ser, be­hext habe. Er sol­le sich aber nicht mer­ken las­sen, dass er ihm auf der Spur sei, sonst kön­ne es ein bö­ses Ende neh­men; nur sol­le er Lang un­ter die­sem und je­nem Vor­wan­de nicht so viel an sich her­an­las­sen, und wenn er ihn be­rührt hät­te, sich dar­über be­kreu­zen.

      Zu sei­nem Stell­ver­tre­ter bei dem Reichs­ta­ge, den das im­mer drin­gen­der wer­den­de Geld­be­dürf­nis not­wen­dig mach­te, er­nann­te der Kai­ser sei­nen Nef­fen Fer­di­nand von Stei­er­mark, der ihm we­ni­ger an­stö­ßig war als sei­ne Brü­der. Den Pro­tes­tan­ten war das un­lieb, denn die Ge­walt­sam­keit, mit der Fer­di­nand in sei­nem Lan­de das evan­ge­li­sche Be­kennt­nis aus­ge­rot­tet hat­te, ohne Er­bar­men mit dem Jam­mer der Be­trof­fe­nen zu ha­ben und selbst die Verödung sei­nes Rei­ches nicht scheu­end, hat­te Miss­trau­en und Ab­nei­gung ge­gen ihn er­regt. Fer­di­nand war ver­gnügt, eine so be­deu­ten­de Rol­le spie­len und weit­hin wahr­nehm­ba­res Ge­prän­ge ent­fal­ten zu kön­nen; an­de­rer­seits gab er sei­ne häus­li­che Be­quem­lich­keit un­gern auf und dach­te mit Un­lust an die ver­wi­ckel­ten Schwie­rig­kei­ten, die es zu lö­sen galt. Er hat­te vor ei­ni­gen Jah­ren sei­ne Cou­si­ne, die Schwes­ter des Her­zogs Ma­xi­mi­li­an von Bay­ern, ge­hei­ra­tet, nach­dem sei­ne Mut­ter un­ter Auf­bie­tung ih­res An­se­hens und ih­rer Stren­ge ein un­tun­li­ches Lie­bes­ver­hält­nis, das ihn be­herrsch­te, ab­ge­schafft hat­te. Nach ei­ni­ger Zeit ver­lieb­te er sich denn auch in die Base, ob­wohl sie un­an­sehn­lich, schwäch­lich und kränk­lich war, und fühl­te sich in der Ehe voll­kom­men be­frie­digt. Zwar fehl­te es sei­ner Frau nicht an be­schränk­tem Ei­gen­sinn, aber er zeig­te sich fast nur in der Re­li­gi­on, wo es ihm recht war; ihm und sei­ner Mut­ter ge­gen­über war sie ganz Op­fer und Hin­ge­bung. Die­se, de­ren nie ge­schon­ter Kör­per all­mäh­lich mür­be zu wer­den be­gann, ge­wöhn­te sich, den Herr­scher in ih­rem Soh­ne zu se­hen, seit er einen ei­ge­nen Haus­stand hat­te, und so fühl­te er sich zu Hau­se weich ge­bet­tet und ge­bor­gen und wuss­te nichts an­de­res, als dass es ihm über­all und je­der­zeit ge­lin­gen müs­se.

      Auf den Stra­ßen nach Re­gens­burg, wo­hin der Reichs­tag aus­ge­schrie­ben war, zo­gen Last­wa­gen die Vor­rä­te für die Ta­fel der an­we­sen­den Fürs­ten und Her­ren; von Gra­dis­ca ka­men Aus­tern, Thun­fisch und Stock­fisch, von Triest al­ler­hand Süd­früch­te, vom Breis­gau Wein, von Linz ge­sal­ze­ner Hecht und Kon­fekt. Die Fuhr­leu­te, die die Frach­ten be­glei­te­ten, wa­ren sorg­lich in Schaf­pel­ze ge­wi­ckelt; denn der Win­ter war käl­ter, als er seit Men­schen­ge­den­ken ge­we­sen war. Der Schnee war hart ge­fro­ren und bog sich wie ei­ser­ne Stan­gen un­ter den Fü­ßen; man er­zähl­te sich, dass ir­gend­wo der Wein im Kel­ler er­fro­ren wäre.

      Die pro­tes­tan­ti­schen Fürs­ten er­schie­nen nicht selbst, son­dern wa­ren durch Ge­sand­te ver­tre­ten, die ein­mü­tig dar­auf un­ter­wie­sen wa­ren, nichts zu be­wil­li­gen, bis die Jus­tiz­re­form, wel­che die Evan­ge­li­schen ver­lang­ten, an Hand ge­nom­men sei. Über den Vor­ver­hand­lun­gen, was zu­erst be­ra­ten wer­den sol­le, ob die Tür­ken­steu­er oder die Jus­tiz­re­form, ver­gin­gen Wo­chen, die den Pro­tes­tan­ten man­ches un­lieb­sa­me Er­leb­nis brach­ten. Nach ei­nem Gast­mahl, wel­ches von ka­tho­li­scher Sei­te ver­an­stal­tet war, wur­de ei­ner aus der kur­pfäl­zi­schen Ge­sandt­schaft so krank, dass er mit­ten in der Nacht einen Arzt ru­fen las­sen muss­te. Die­ser, ein Jude, un­ter­such­te den Kran­ken, schüt­tel­te den Kopf und frag­te, was er ge­ges­sen und ge­trun­ken habe, ob er Fein­de habe, die ihm et­was Gif­ti­ges bei­ge­bracht hät­ten? Nach­dem er wie­der­her­ge­stellt war, wur­de er mit dem Arzt und sei­nen ver­trau­ten Freun­den ei­nig, die Sa­che zu ver­schwei­gen, sich aber ins­künf­tig vor­zu­se­hen. An­de­rer­seits war es be­denk­lich, Ein­la­dun­gen von der ka­tho­li­schen Par­tei aus­zu­schla­gen, da das als Miss­trau­en konn­te ge­deu­tet wer­den. Ei­nem an­de­ren wur­de nach ei­ner Pur­ganz, die er aus der Apo­the­ke hat­te ho­len las­sen, so übel, dass er meh­re­re Tage das Bett hü­ten muss­te. Wenn man nun aus der Apo­the­ke für Heil­mit­tel schäd­li­ches Gift er­hiel­te, sag­te man sich, wie soll­te man denn in die­sem Mord­p­fuhl sein Le­ben be­wah­ren?

      In der Weih­nachts­zeit kam ein Je­sui­ten­pa­ter aus Rom, der dem Erz­her­zog Se­gens­wün­sche des Paps­tes über­brach­te und der von den Ka­tho­li­ken als ein Phö­nix der Ge­lehr­sam­keit und der Be­red­sam­keit ge­prie­sen wur­de. Wenn er pre­dig­te, war die Kir­che von den fürst­li­chen und an­de­ren ho­hen Herr­schaf­ten, die in großer Pracht auf­rück­ten, an­ge­füllt. Da­hin zu ge­hen, un­ter­nah­men die Pro­tes­tan­ten zwar nicht, aber es wur­de man­ches von dem, was er ge­sagt hat­te, ge­rücht­wei­se um­ge­tra­gen wie auch ge­druckt, so­dass es je­der­mann le­sen konn­te. Es sei nun die hei­li­ge Zeit, hat­te er in ei­ner Pre­digt ge­sagt, wo das teu­re Got­tessöhn­lein zur Welt ge­bo­ren sei und auf un­be­greif­lich wun­der­ba­re Wei­se je­des Jahr wie­der her­ab­ge­sen­det wer­de. »Ach, wie gut wer­den ihn die from­men Knech­te und de­mü­ti­gen See­len emp­fan­gen! Da ist ja kein He­ro­des mehr, kein Las­ter­kö­nig, den es ge­lüs­tet, sich im Un­schulds­blu­te zu be­sau­fen! Ar­mes Kind­lein, du mei­nest es wohl; aber da ste­hen schon die heuch­le­ri­schen Pha­ri­sä­er, flet­schen die Zäh­ne und stel­len dir Fal­len, um dich se­ra­phi­sches Häs­lein zu fan­gen! Sie schrei­en Mord! und Feu­er!, nen­nen Chris­tum den An­ti­christ und wer­fen Sei­le aus, um die hei­li­ge Kir­che zu er­wür­gen. Und wie steht es un­ter­des­sen mit den christ­li­chen Gläu­bi­gen, die das Kind­lein war­ten und schüt­zen sol­len? Ja, den Glau­ben hät­ten sie wohl, aber am Mut des Glau­bens fehlt es. Wie Pila­tus, der Trot­tel, für den Gott das Fe­ge­feu­er ein­ge­setzt hat, wa­schen sie die Hän­de, hal­ten Maulaf­fen feil und trat­schen, wäh­rend He­ro­des sei­nen Blut­rat über das Kind­lein hält. Drauf! Drauf, ihr Lau­en! Zie­ret euch nicht, brecht den Wöl­fen die Zäh­ne aus, die das Kind­lein zer­rei­ßen sol­len!«

      Al­ler­dings woll­ten sich die Ka­tho­li­ken ver­ant­wor­ten, als gin­gen sol­che An­spie­lun­gen auf die un­gläu­bi­gen Hei­den und die Gott­lo­sen im All­ge­mei­nen; aber was da­von zu hal­ten war, lag am Tage. Der Re­gens­bur­ger Rat gab das Ver­spre­chen, der Dru­cker sol­le ver­nom­men und be­straft wer­den, rich­te­te aber trotz vie­ler Wor­te nichts aus, um es mit den mäch­ti­gen ka­tho­li­schen Fürs­ten, die an­we­send wa­ren, nicht zu ver­der­ben.

      Mit dem Erz­her­zog Matt­hi­as, der sich eine Zeit lang in Re­gens­burg auf­hielt, und sei­nem Ab­ge­sand­ten, dem Herrn von Star­hem­berg, wa­ren die Evan­ge­li­schen in leid­lich gu­tem Ein­ver­neh­men, sehr zum Är­ger Fer­di­n­ands, der mut­maß­te, sein Oheim wol­le mit den Glau­bens­fein­den pak­tie­ren, um sich ih­res Bei­stan­des zu re­bel­li­schen und ge­fähr­li­chen Zwe­cken zu ver­si­chern. Ei­nes Abends hat­te der Erz­her­zog den pfäl­zi­schen Groß­hof­meis­ter, Gra­fen Solms, und den Erz­bi­schof Schweik­hard von Mainz ein­ge­la­den, die etwa um Mit­ter­nacht zu­sam­men auf­bra­chen. Der Erz­bi­schof war ein stäm­mi­ger, auf­rech­ter Herr, zwi­schen fünf­zig und sech­zig Jah­ren, mit run­dem, fröh­li­chem Ge­sicht, der we­der beim Ze­chen noch bei der Jagd oder im Ge­spräch ein Spiel­ver­der­ber war und


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