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Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda HuchЧитать онлайн книгу.

Der Dreißigjährige Krieg - Ricarda Huch


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hat­te, war nicht da­durch ge­rührt und ließ sich nicht dar­auf ein. »Es gibt einen ver­gra­be­nen Schatz im Kö­nig­reich Böh­men«, sag­te er, den Kai­ser fest ins Auge fas­send, »wer den hebt, ist Herr des Lan­des, und Eure Ma­je­stät kann ihn ohne viel Mühe oder Ge­fahr ge­win­nen!« Ru­dolf, in dem so­gleich aben­teu­er­li­che Hoff­nun­gen auf­tauch­ten, hob den Kopf und sah Han­ne­wald be­gie­rig an; er wer­de doch aber nicht al­lein bei der Nacht et­was Schau­er­li­ches ver­üben sol­len? Nein, sag­te Han­ne­wald, der­glei­chen nichts. Er brau­che nur den Städ­ten die Reich­sun­mit­tel­bar­keit zu ver­lei­hen und die Bau­ern zu be­frei­en, so hät­te er ein Heer, das für ihn kämp­fen und sie­gen wer­de. Wie lan­ge hät­te er den Über­mut und Trotz des Adels er­dul­det, von dem sich je­der mehr als der Kai­ser dün­ke und die dar­auf aus­gin­gen, eine Adels­re­pu­blik zu grün­den. Die­ser Adel habe das Reich an sich ge­ris­sen, in­dem er die Bau­ern zu Knech­ten ge­macht habe und für sich ar­bei­ten las­se. Die Schma­rot­zer sö­gen sich voll, in­des der Kai­ser und das Land ver­arm­ten. Auch die Städ­te fürch­te­ten den Neid und die Miss­gunst des Adels und blick­ten voll Sehn­sucht nach dem Kai­ser; die Bau­ern rie­fen ihn an als ih­ren Hei­land. Kürz­lich hät­ten die Bau­ern eine Be­schwer­de ge­gen ihre Her­ren auf­set­zen las­sen, um sie dem Kai­ser zu über­rei­chen; wie das her­aus­ge­kom­men wäre, hät­ten die Her­ren den Bau­ern die Köp­fe und dem Schrei­ber, der die Be­schwer­de ge­schrie­ben hat­te, die Hän­de ab­schla­gen las­sen. Sie woll­ten es nicht lei­den, dass die Bau­ern einen Kai­ser hät­ten, dar­um hät­te der Kai­ser kei­ne Bau­ern und kein Kriegs­heer mehr. Er, der ka­tho­li­sche Kai­ser, kön­ne mit ei­nem Wort die evan­ge­li­schen Bür­ger und Bau­ern zu sei­nen treu­en Un­ter­ta­nen ma­chen. Nur von ihm hän­ge es ab, ob er ein mäch­ti­ger Herr über ein blü­hen­des Land sein wol­le.

      Der Kai­ser starr­te Han­ne­wald ent­täuscht und be­frem­det an. »Das ist Re­bel­li­on«, sag­te er lang­sam. »Das ist wi­der Got­tes Ge­bo­te.« Ob Gott dem Adel die Erde ge­schenkt habe? frag­te Han­ne­wald. Es hand­le sich da nicht um Re­li­gi­on, son­dern um Ver­nunft und Not­wen­dig­keit. In­des­sen, was Han­ne­wald auch ent­geg­ne­te, der Kai­ser schüt­tel­te den Kopf und sag­te am Ende, das wä­ren Schi­mä­ren, Han­ne­wald sol­le ihm auf an­de­re Art hel­fen. Er kön­ne ja ab­dan­ken, sag­te Han­ne­wald är­ger­lich und schick­te sich an, fort­zu­ge­hen. Ru­dolf hielt ihn kläg­lich bit­tend zu­rück; wenn er, Han­ne­wald, ihn ver­las­se, so blei­be ihm nichts üb­rig, als sich ins Grab zu le­gen. »Wenn Sie sich zum Han­deln nicht ent­schlie­ßen kön­nen«, sag­te Han­ne­wald, sich an der Tür um­wen­dend, »so müs­sen Sie den Evan­ge­li­schen nach­ge­ben.« Geld, um Söld­ner zu ei­nem aus­sichts­vol­len Krie­ge zu wer­ben, sei nicht vor­han­den. Die gan­ze Erde hät­te nicht Was­ser ge­nug, um den Brand zu lö­schen, der ent­ste­hen wür­de, wenn ir­gend­wo ein Feu­er­fun­ken zün­de­te. Pfalz und Hes­sen spitz­ten die Ohren, um das Schwert zu zie­hen, so­wie ir­gend­wo die Waf­fen klän­gen; Frank­reich und Hol­land wür­den ein­fal­len. Wo wol­le er da blei­ben ohne Heer? Er sei nicht ein­mal Bay­erns si­cher. Dann möch­te sich Lob­ko­witz mit dem Papst vor sei­nen Thron stel­len und ihn be­schüt­zen.

      Die­ser Aus­gang, die For­de­run­gen der pro­tes­tan­ti­schen Her­ren zu be­wil­li­gen, war dem Kai­ser im Grun­de er­wünscht; denn sei­ne Un­ter­schrift kos­te­te ihn nichts, und er ge­wann Zeit, neue Ret­tungs­plä­ne ein­zu­fä­deln. Von sol­chen Hin­ter­ge­dan­ken äu­ßer­te er ge­gen Han­ne­wald nichts; aber am Tage, nach­dem er die Ur­kun­de un­ter­schrie­ben hat­te, durch wel­che der böh­mi­sche evan­ge­li­sche Adel sei­ne Rech­te zu ver­si­chern dach­te und wel­che un­ter dem Na­men des Ma­je­stäts­brie­fes be­kannt wur­de, emp­fing er sei­nen Nef­fen Leo­pold und er­teil­te ihm die Er­laub­nis, sich um­ge­hend nach Jü­lich auf­zu­ma­chen und in sei­nem Na­men von der Fes­tung Be­sitz zu er­grei­fen. Auf die­sen krie­ge­ri­schen jun­gen Mann, der ihm lei­den­schaft­li­che Er­ge­ben­heit be­teu­er­te, setz­te er jetzt sein Ver­trau­en, und ihn dach­te er ge­gen sei­ne Brü­der und sei­nen Nef­fen Fer­di­nand aus­zu­spie­len. Böh­men und Jü­lich soll­ten Leo­polds Haus­macht wer­den, und als Schwa­ger Ma­xi­mi­lians von Bay­ern wür­de er auch über des­sen Macht ver­fü­gen kön­nen; Ru­dolf näm­lich gab sei­ne Hei­ratsplä­ne be­reit­wil­lig auf, um die Braut für sei­nen Nef­fen zu wer­ben, der ihm sei­ne Lie­be und die da­mit ver­knüpf­ten Hoff­nun­gen ge­stan­den hat­te.

      Leo­polds aben­teu­er­li­che Fahrt ließ sich zu­erst bes­ser an, als zu er­war­ten war: der Kom­man­dant von Jü­lich, Rau­schen­berg, der die Fes­tung we­der dem Bran­den­bur­ger noch dem Neu­bur­ger hat­te ein­räu­men wol­len, über­ließ sie dem Günst­ling des Kai­sers, der sich in Ver­klei­dung glück­lich bis da­hin durch­ge­schla­gen hat­te.

      Da­mit war die Lo­sung zum Krie­ge ge­ge­ben; denn die Uni­on hat­te sich ver­pflich­tet, den Fürs­ten von Bran­den­burg und Neu­burg zur Er­hal­tung des Rhein­lan­des, wenn es ih­nen etwa strei­tig ge­macht wer­den soll­te, zu Hil­fe zu kom­men. Dass es sich da­bei nicht ei­gent­lich nur um das Her­zog­tum Jü­lich han­del­te, wuss­ten alle; bei die­sem An­lass soll­ten ein­mal die al­ten Streit­fra­gen aus­ge­foch­ten wer­den, die in Güte nicht zum Aus­trag zu brin­gen wa­ren. Nach dem Zu­sam­men­tritt der Uni­on hat­ten sich auch die ka­tho­li­schen Fürs­ten ver­bün­det, um den Pro­tes­tan­ten nö­ti­gen­falls eine tüch­ti­ge Kriegs­macht ent­ge­gen­set­zen zu kön­nen. Ma­xi­mi­li­an von Bay­ern hat­te sich be­reit er­klärt, die Lei­tung des Bun­des und den Ober­be­fehl über das Heer im Fall ei­nes Krie­ges zu über­neh­men un­ter der Be­din­gung, dass Ös­ter­reich nicht dar­in auf­ge­nom­men wür­de. Doch hat­te Spa­ni­en, das dem Bun­de gern bei­ge­tre­ten wäre, we­nigs­tens die Zu­las­sung Fer­di­n­ands von Stei­er­mark durch­ge­setzt, wenn er auch frei­lich mit ei­nem blo­ßen Ti­tel ab­ge­fun­den wur­de; da man schon Frank­reich ge­gen sich hat­te, hielt es Ma­xi­mi­li­an nicht für rät­lich, es auch mit Spa­ni­en zu ver­der­ben.

      Wäh­rend der pro­tes­tan­ti­sche Adel Böh­mens noch in krie­ge­ri­scher Stim­mung auf dem Rat­hau­se zu Prag ver­sam­melt war, eil­te Chris­ti­an von An­halt hin, um auf den Sturz des Kai­sers zu drin­gen und einen An­schluss an die Uni­on zu ver­ein­ba­ren. Wie sehr er je­doch sei­ne Rei­se be­schleu­nig­te, kam er erst an, als Ru­dolf schon den Ma­je­stäts­brief un­ter­zeich­net und da­durch eine Ver­söh­nung her­bei­ge­führt hat­te. An­halt war ent­täuscht und ent­rüs­tet, dass man sich so hat­te ein­fan­gen, vom ab­ge­feim­tes­ten der Lüg­ner hat­te hin­ters Licht füh­ren las­sen. Nie mehr, und wenn er sei­ne See­le zum Pfän­de set­ze, wür­de er Ru­dolf trau­en; er hät­te kei­ne, sei­ne Brust sei leer wie ein hoh­ler Baum, in dem die Fäul­nis leuch­te­te. So arg sei es doch wohl nicht, mein­te Wil­helm von Lob­ko­witz, und man ver­mei­de doch lie­ber die Ex­tre­mi­tä­ten, wo­ge­gen an­de­re sag­ten, sie trau­ten Ru­dolf kei­nes­wegs, einst­wei­len hät­ten sie ihm aber die Hän­de ge­bun­den, das Wei­te­re müs­se man ab­war­ten. Graf Thum war un­zu­frie­den und teil­te An­halts Mei­nung, man hät­te den mür­ben Strick nicht noch ein­mal ank­no­ten sol­len; nun aber, sag­te er auch, müs­se man sich da­mit wei­ter­hel­fen, so­lan­ge er hiel­te. Ver­ge­bens mal­te An­halt die Gunst der Um­stän­de: über­all re­cke die Frei­heit das Haupt, Ve­ne­dig sei im Kamp­fe mit dem Papst Sie­ger ge­blie­ben, man kön­ne kei­ne küh­ne­re Spra­che füh­ren als der Doge und je­ner vom kal­vi­ni­schen Geis­te be­seel­te Mönch Pao­lo Sar­pi. Was für Ver­än­de­run­gen,


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