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Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda HuchЧитать онлайн книгу.

Der Dreißigjährige Krieg - Ricarda Huch


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und wis­se, dass sie nicht son­der­lich mehr zu fürch­ten wä­ren; einst­wei­len hät­te man mit ih­nen auf­ge­räumt. »Die Tür­ken sind so mäch­tig wie je«, sag­te Wal­len­stein mit küh­ler Be­stimmt­heit, »und so­lan­ge die Tür­ken in Eu­ro­pa sind, wird nie­mals ein si­che­res Gleich­ge­wicht bei den christ­li­chen Staa­ten herr­schen.« Ob er eine Welt­mon­ar­chie grün­den wol­le? frag­te Trautt­mans­dorff höh­nisch. Das kom­me wohl aus sei­nem Blu­te, denn so viel er wis­se, sei At­ti­la ein Böh­me ge­we­sen.

      Noch ein­mal leg­ten sich die Of­fi­zie­re zwi­schen die Strei­ten­den mit dem Vor­schlag, die Wür­fel soll­ten ent­schei­den, wer recht habe. Un­ter lau­tem Ju­bel tat Trautt­mans­dorff den höchs­ten Wurf, wo­mit es für be­wie­sen galt, dass der nächs­te Krieg ge­gen die Ket­zer ge­hen wer­de. Als dann der Wür­fel­be­cher un­ter al­len um­ging, und zwar un­ter der Ab­ma­chung, dass der Sie­ger im Spiel den nächs­ten großen Sieg da­von­tra­gen sol­le, ge­wann es Trautt­mans­dorff wie­der mit der größ­ten Zahl. Ein paar von den be­die­nen­den Mäd­chen bra­chen Zwei­ge von den Lor­beer­bäu­men, die an der Mau­er wuch­sen, ban­den sie zu­sam­men und setz­ten den Kranz auf sei­nen blon­den Kopf; sein schon er­hitz­tes Ge­sicht wur­de noch dunk­ler rot, er um­fass­te die Mäd­chen, küss­te sie, zog sie auf sei­ne Knie und er­wi­der­te das Zu­trin­ken der üb­ri­gen. Wal­len­stein setz­te sein Glas an die Lip­pen, dann stand er auf und ent­fern­te sich, in­dem er sich mit der Hit­ze ent­schul­dig­te. Es sei gut, dass er ge­gan­gen sei, sag­te Dam­pi­er­re auf­at­mend; sei­ne Ge­gen­wart las­se kei­ne rech­te Fröh­lich­keit auf­kom­men. »Er hat et­was an sich, das mir nicht ge­fällt«, sag­te Trautt­mans­dorff; »wenn er ein Ka­va­lier ist, so hat er ge­wiss den Bocks­fuß im Wap­pen.«

      Drei Tage spä­ter wur­de Trautt­mans­dorff, als er die Wäl­le be­such­te und sich da­bei zu sehr aus­setz­te, von ei­ner Gra­na­te ge­trof­fen und starb ei­ni­ge Stun­den spä­ter. Auch der ve­ne­zia­ni­sche Feld­herr Gi­us­ti­nia­ni fiel in die­sem Krie­ge, der auf bei­den Sei­ten mit großer Tap­fer­keit, aber ohne ent­schei­den­de Er­geb­nis­se, fast wie ein glän­zen­des Tur­nier ge­führt wur­de. Nach wech­seln­dem Kriegs­glück kam im Herbst 1617 der Frie­de da­durch zu­stan­de, dass auf Khlesls Be­trei­ben der Kai­ser der Re­pu­blik Ve­ne­dig güns­ti­ge Be­din­gun­gen zu­ge­stand, an­statt Fer­di­n­ands In­ter­es­sen, wie die­ser ge­wünscht hät­te, bis zum äu­ßers­ten zu ver­tre­ten.

      Von Gra­dis­ca aus fuhr Wal­len­stein ei­nes Ta­ges über die fri­au­li­sche Ebe­ne nach Ve­ne­dig und Pa­dua, um den al­ten Pro­fes­sor Ar­go­li zu be­su­chen, von dem er sich als Jüng­ling in der Astro­lo­gie hat­te un­ter­rich­ten las­sen. In ei­nem von au­ßen düs­ter aus­se­hen­den Hau­se be­wohn­te Ar­go­li hohe, luf­ti­ge Ge­mä­cher, von de­nen aus man auf einen von Bäu­men ein­ge­fass­ten Platz und jen­seit des­sel­ben auf die aus Ge­bü­schen an­schwel­len­de ge­kup­pel­te Mas­se des Do­mes von San An­to­nio sah. Auf dem Plat­ze war stets ein leb­haf­ter Ver­kehr, sei es, dass an Markt­ta­gen die Land­leu­te hier zu­sam­men­ka­men oder dass, im Win­ter, die rei­chen Ve­ne­zia­ner, die in Pa­dua Pa­läs­te be­sa­ßen, in Ka­ros­sen oder Sänf­ten oder auch zu Pfer­de hier spa­zier­ten. Ar­go­li brach­te einen großen Teil des Ta­ges da­mit zu, den Leu­ten zu­zu­se­hen und sich über sie zu be­lus­ti­gen, in­dem er sie mit dem Ge­wim­mel von Ma­den auf ei­nem fau­len Käse ver­glich, die über­ein­ge­kom­men wä­ren, sich und ih­ren Wohn­ort für et­was Wich­ti­ges und Dau­er­haf­tes aus­zu­ge­ben.

      Ob nicht ein Ge­wit­ter im An­zu­ge sei? frag­te Wal­len­stein, nach dem duns­ti­gen Ho­ri­zont bli­ckend. Nein, sag­te Ar­go­li, noch acht Tage, so­lan­ge Ju­pi­ter den Him­mel be­herr­sche, wer­de die At­mo­sphä­re den ent­zünd­li­chen Stoff ein­sau­gen und ver­til­gen; her­nach, wenn sie über­la­den sei, wer­de es mit furcht­ba­rer Ge­walt aus­bre­chen. Es moch­te in ent­fern­ten Re­gio­nen ein star­ker Wind le­ben­dig sein; denn wäh­rend die Wip­fel der Pla­ta­nen um den Platz her­um un­be­weg­lich schweb­ten, eil­te dunkles Ge­wölk un­s­tet durch den blau­en Him­mel. Etwa um die zehn­te Stun­de tra­ten die Ster­ne her­vor, und bald dar­auf zeig­te Ar­go­li sei­nem Schü­ler die auf­blit­zen­de Kro­ne des Ju­pi­ter. »Seht«, sag­te er, »Wol­ken und Ster­ne


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