Fettnäpfchenführer Island. Marc HerbrechterЧитать онлайн книгу.
geschlossener Ortschaften. Die 80 km/h gelten dabei auf Schotterpisten. Davon abweichende Tempolimits sind immer ausgewiesen. An die Beschränkung sollte man sich halten, denn die Strafen für Verstöße können enorm ins Geld gehen. Ein Überschreiten des Tempolimits um wenige Stundenkilometer kann bereits mehrere Hundert Euro kosten.
Je abgelegener Sie unterwegs sind, desto vorsichtiger sollten Sie fahren: Schlaglöcher, unbefestigte Straßenränder und herumstreunende Schafe sind nur einige der Überraschungen, die überall lauern können. Die Scheinwerfer sind in Island übrigens jederzeit einzuschalten, egal ob die Sonne scheint oder nicht.
Bei der Buchung eines Mietwagens stellt sich vor allem eine Frage: Allrad oder nicht? Wer im Sommer in Island ist und die Ringstraße entlangfahren möchte, kann das durchaus mit einem Kleinwagen tun. Ein Allradfahrzeug ist in der Nebensaison und in den Übergangszeiten empfehlenswert, aber nicht notwendig. Im isländischen Winter würde ich ein Allradfahrzeug allerdings sehr empfehlen. Die bessere Traktion bietet im Zweifelsfall zusätzliche Sicherheit und macht die Reise auch komfortabler.
Notwendig wird der Allradantrieb, wenn man die F-Straßen Islands befahren will. Diese liegen führen in das Hochland und sind meist nicht viel mehr als grob ausgefahrene Spuren. Große Steinblöcke und Flüsse machen das Passieren schwierig. Einen Jeep zu mieten reicht hier nicht unbedingt aus, man muss auch damit umgehen können. Bitte erkundigen Sie sich eingehend, bevor Sie eine Reise in das Hochland unternehmen!
3
SELTSAME DUSCHEN
MAX STINKT ES
Seit ein paar Tagen ist Max jetzt in Island, und so langsam hat er das Gefühl, den Dreh rauszuhaben. Auf der Arbeit läuft es immer besser, er hat die täglichen Routinen mittlerweile gut im Griff und macht fast keine Fehler mehr. Mit den Isländern kommt er ebenfalls gut zurecht, seit er mehr Zeit mit ihnen verbringt und ihre Eigenheiten kennenlernt.
Heute ist ein Gespräch mit dem Chef anberaumt. Tobi will wissen, wie es vorangeht, ob Max sich wohl fühlt und wie die Lage so ist. Die ersten Tage in Island hatten Max viel abverlangt: das Wetter, die kleinen Sprachbarrieren und die neue Umgebung. An all das musste er sich erst mal gewöhnen. Mittlerweile fühlt er sich sehr wohl und freut sich auf die kommenden Wochen und Monate in Reykjavík.
Es wird Zeit, sich fertig zu machen für die Arbeit. Max hat viel zu lange im Bett gelegen und muss sich jetzt beeilen. Schnell geht es erst mal unter die Dusche. Hier muss Max immer etwas vorsichtig sein, denn das heiße Wasser ist kochend, und so muss man über die Mischbatterie zunächst mit viel Gefühl eine Wassertemperatur zusammenmischen, die es einem erlaubt zu duschen, ohne sich zu verbrennen. Das hat er mittlerweile ganz gut raus und hüpft schnell in die kleine Duschkabine. Das Einzige, woran Max sich bisher nicht gewöhnen konnte, ist der Gestank in der Dusche. Das Wasser riecht stark. Der Geruch ist nur beim Duschen vorhanden und danach sofort wieder weg. Heute ist er allerdings so intensiv, dass Max sich ein wenig Sorgen macht und beschließt, das Problem mit Tobi zu besprechen. Hoffentlich keine große Sache, denn wenn irgendwelche Leitungen ausgetauscht werden müssten, hätte Max erst mal keine Bleibe mehr!
Nach dem Duschen kommt das Essen. Seit Max in Island ist, hat er Haferbrei für sich entdeckt. Jeden Morgen gibt es eine riesige Schüssel mit leckerem Porridge, inklusive Zimt, Zucker und Äpfeln. Das macht satt, ist gesund und vor allem im Handumdrehen zubereitet. Weil er heute so wenig Zeit hat, lässt Max das heiße Wasser aus dem Hahn einfach so lange laufen, bis es kaum noch erhitzt werden müsste, und stellt es danach nur kurz auf den Herd. Der Geruch aus der Dusche breitet sich jetzt auch vom Waschbecken her aus, und als Max die ersten Löffel Brei zu sich nimmt, bildet er sich ein, ihn sogar schmecken zu können. Schweren Herzens entschließt er sich, das Porridge lieber nicht aufzuessen und sich unterwegs etwas fürs Frühstück zu holen. Es wird Zeit, er muss zum Tauchladen.
Dort angekommen, erzählt er den Kollegen von dem Gespräch mit Tobi. Dass er am Nachmittag nach der Tour mit ihm sprechen wolle und bei dieser Gelegenheit auch das Problem mit dem Wasser ansprechen könne. Als die Kollegen wegen des Problems mit dem Wasser nachfragen, erzählt Max von den Geschehnissen am Morgen und fügt hinzu: »Ich hoffe, das ist nichts Schlimmes oder vielleicht sogar Gefährliches!«
»Nun, letzte Woche sind zwei Menschen in Kópavogur gestorben, weil sie verseuchtes Wasser getrunken haben. Da würde ich nicht mit spaßen!«, ruft Ásgeir im Brustton der Überzeugung aus dem Eingangsbereich, den er gerade erst betreten hat.
»Jau, jau, jau!«, fügt ein anderer Kollege hinzu und fragt Max: »Grummelt es im Bauch? Wenn ja, solltest du heute etwas kürzertreten und schauen, ob noch andere Symptome dazukommen!«
Max schaut nach unten. Sein Bauch grummelt tatsächlich ein wenig.
Auf dem Weg zum Nationalpark versucht Max mehr herauszubekommen: »Die Leute in Kópavogur, woran sind die denn genau gestorben? Was war da im Wasser und wieso ist das passiert?«
»Manchmal sterben Elfen oder Kobolde, während sie sich in den Rohren herumtreiben, und dann ist das Wasser eben verseucht«, antwortet Ásgeir trocken.
»Ha ha, sehr lustig.« Max ist verärgert und glaubt, dass er nur wieder mal auf den Arm genommen wird.
»Im Ernst: Es verenden manchmal Tiere in der Nähe der Quellen, und wenn diese krank waren, gelangen Keime in das Wasser. Das passiert ab und zu. Das Wasser riecht dann ein wenig nach …«
Faulen Eiern, denkt Max, sagt es aber nicht.
»… faulen Eiern«, vollendet Ásgeir seinen Satz.
Max starrt ihn entsetzt an. Seine Hände wandern reflexartig zu seinem Bauch, und mit großen Augen schaut er zu seinem Kollegen: »Schwefelig, richtig? Verrottet und eklig?«
Ásgeir sieht zu Max hinüber und runzelt die Stirn: »Ganz genau. Hmm. Mach dir mal keine Sorgen, das passiert höchstens ein paar Mal pro Jahr. Ich bezweifle, dass es dich erwischt hat!«
Max’ Bauch grummelt wie wild. Er kann sich bereits ausmalen, wie die Bakterien in seinem Inneren ihn langsam anknabbern und dass in wenigen Tagen nicht mehr als ein paar Pfund Knochen von ihm übrig sein werden. Im Besucherzentrum spricht Ásgeir mit der Bedienung und kommt dann zu Max: »Sie haben gerade nichts hier, aber die Kollegen der Mittagsschicht bringen dir ein Prophylaxemittel mit. Dann gehst du heute Abend ins Krankenhaus, und alles wird gut!«
Beim Tauchgang hat Max das Gefühl, das Grummeln in seinem Bauch müsse für alle anderen hörbar sein, so laut ist es. Die Gäste werden beim Aussteigen sicher fragen, ob jemand den Wal gesehen hat, dessen Gesänge unter Wasser zu hören waren! Außerdem fühlt Max sich kraftlos und will einfach nur zum Arzt. Nach dem Tauchgang reicht Ásgeir Max die Keksdose und sagt: »Du musst zumindest ein paar Bissen runterkriegen, damit du nicht gleich ganz aus den Latschen kippst!«
Auf dem Rückweg machen sie also nochmals Halt am Besucherzentrum, und zu seinem Glück bekommt Max von einem der dort arbeitenden Isländer die Prophylaxe: Ein kleines Gläschen mit klarer Flüssigkeit steht vor ihm. »Das ist wie Erkältungsmedizin und hilft dabei, den Magen aufzuräumen. Prost!«, sagt der junge Mann. Max leert das Glas mit einem großen Schluck. Die Flüssigkeit brennt kurz und schmeckt eigentlich nach gar nichts.
Zurück im Tauchshop springt Max aus dem Wagen, rennt in den Laden und vorbei an Tobias, der erstaunt fragt: »Max! Keine Lust auf unser Gespräch?«
»Doch, klar. Aber mir geht es nicht gut und ich glaube, ich muss ins Krankenhaus!«
»Unser neuer Guide hat Angst, dass er sich heute Morgen mit stinkendem Wasser vergiftet hat“, feixt Ásgeir, der hinter Max in den Laden kommt.
»Es stank also beim Duschen, ja?«, fragt Tobias, verdreht die Augen und schubst den neben ihm stehenden Ásgeir mit der rechten Hand in die Taucheranzüge, die neben ihm hängen.
Was ist diesmal schiefgelaufen?