Fettnäpfchenführer Kanada. Sophie von VogelЧитать онлайн книгу.
meistens im Straßenverkehrsamt, ausstellen lassen kann. In der Praxis braucht man diesen aber selten. Er ist nur in Verbindung mit dem jeweiligen nationalen Führerschein gültig.
Meistens benötigt man eine Kreditkarte, um einen Wagen mieten zu können, und muss mindestens 21 bis 25 Jahre alt sein, je nachdem, in welcher Provinz man sich befindet. Da sich die Regelungen von Provinz zu Provinz sehr unterscheiden, sollte man sich vor Reiseantritt über sein jeweiliges Ziel genau informieren. Reserviert man den Wagen vor Beginn der Reise, ist es oft günstiger, als wenn man dies spontan vor Ort tut.
Züge fahren in die entlegenen Vororte, aber nicht mehr spät abends. In Montréal werden sie zum Beispiel von der AMT (Agence métropolitaine de transport – Städtische Agentur für Transport), in Toronto von GO Transit betrieben und verkehren lediglich zu den Stoßzeiten des Berufsverkehrs. In Vancouver verkehrt der SkyTrain werktags von 5:30 bis 1 Uhr, am Wochenende kürzer. Möchte man abends etwas unternehmen, braucht man fast zwangsläufig ein Auto oder kann versuchen, einen der Nachtbusse zu erwischen, die zwar regelmäßig, aber längst nicht überallhin fahren. Die Busse sind zudem oft unglaublich langsam, da sie an jeder Straßenecke halten, im Berufsverkehr sowieso. Und tatsächlich gibt es auch nicht an jeder Bushaltestation einen Fahrplan.
Das Wichtigste aber, was Mareike nicht wusste: In den Bussen der meisten kanadischen Städte muss man passendes Kleingeld parat haben, da kein Wechselgeld herausgegeben wird. Sonst wird man nicht mitgenommen. Daher sind an den Bustüren auch Schilder mit der Aufschrift angebracht: »Montant exact seulement – Exact amount only« – Keine Geldrückgabe.
Ein weiterer wichtiger Tipp zum Busfahren: Die Haltestellen haben keine Namen, das heißt, man muss ständig aus dem Fenster schauen, um zu sehen, wie die Straßen heißen und wann man aussteigen muss. Das ist besser möglich als in Deutschland, da in Kanada gut les- und sichtbar an jeder Ecke Straßenschilder aufgestellt sind. Oder man bittet den Fahrer, Bescheid zu sagen: »Pourriez-vous s’il vous plait m’avertir quand on arrive à la rue ... / au centre-ville – Could you please let me know when we arrive at ... street /downtown?« – Könnten Sie mir bitte Bescheid geben, wenn wir in der ...straße/in der Innenstadt ankommen? Wenn man an der nächsten Haltestelle aussteigen möchte, zieht man an einer der gelben Leinen, die an den Fensterfronten den ganzen Bus durchlaufen, oder drückt auf einen der roten Knöpfe, die quer durch den Bus verteilt sind. Übrigens fahren in Vancouver einige Buslinien mit einem Oberleitungssystem. Diese Verbindung rastet manchmal aus, sodass es durchaus vorkommen kann, dass der Bus mitten auf der Kreuzung stehen bleibt!
Maude war so überrascht von Mareikes Frage nach dem Fahrrad, weil sie wirklich weit draußen wohnt und von dort kaum jemand mit dem Rad in die Stadt fährt. Radfahren wird höchstens als Sport betrieben, ist allerdings in ganz Kanada als umweltbewusster Trend auf dem Vormarsch. Gerade Montréal hat in den letzten Jahren den Ruf der Fahrradhauptstadt Nordamerikas erhalten. Das Fahrrad ist in Montréal und Toronto bereits so beliebt geworden, dass es im Sommer zu regelrechten Fahrradstaus kommt – trotz der fast 500 Kilometer Fahrradwege, die sich durch das Zentrum Montréals ziehen. Das kostet nicht nur die Radfahrer Nerven, sondern auch die Autofahrer, die durch den Raddschungel gar nicht mehr durchblicken. Bis zu 10.000 Radler nutzen täglich die wichtigste Nord-Süd-Straße Montréals, es gibt Fahrradclubs und die Radwege werden von Jahr zu Jahr besser ausgebaut. Die Montréaler erklären dieses Phänomen damit, dass sie den Europäern kulturell näherstehen als den Amerikanern und sich daher auch das Rad besser durchsetzt als im Rest Nordamerikas.
Fakt ist aber, dass der Drahtesel im ganzen Land auf dem Vormarsch ist. Aufgrund der langen kalten Winter im Großteil des Landes wird das Fahrrad aber wohl nie zum Hauptfortbewegungsmittel werden können.
Was können Sie besser machen?
Um nicht wie Mareike an der Straße stehen gelassen zu werden, wenn man kein Kleingeld dabei hat, bietet es sich in immer mehr Städten an, Guthabenkarten für Fahrkarten zu kaufen, die man in Bussen und U-Bahnen verwenden und so das Kleingeldproblem umgehen kann (in Montréal zum Beispiel die Carte OPUS). Aufgeladen werden diese Karten an Automaten oder Schaltern in den U-Bahn-Stationen, die hier, wie in Frankreich, Métro heißen oder Subway im Rest Kanadas. Mit jedem Ticket darf man einmal innerhalb von 120 Minu ten von U-Bahn zu Bus oder andersherum umsteigen. Um den genauen Fahrplan zu kennen, lohnt es sich, vorher im Internet nachzuschauen. An den größeren Haltestellen, zum Beispiel an den U-Bahn-Stationen, hängen in der Regel immer Busfahrpläne aus.
Wenn man innerhalb der Großstädte mit dem Rad unterwegs ist, erlebt man die Stadt gleich mit ganz anderen Augen und kommt zudem schneller voran – doch am besten fährt man nur auf den gekennzeichneten Radwegen. Die meisten Radfahrer sind eher auf sportlichen Rädern unterwegs und tragen Helme. Hollandräder sind eine Rarität, mutieren aber gerade zum Liebhaberobjekt für junge Leute und werden aus den Niederlanden und Dänemark importiert.
Verkehrssicherheitsregeln gibt es noch wenige. Daher wird man auch nur selten angehalten, wenn man bei Dunkelheit ohne Licht fährt. Das sollte man aber aus Sicherheitsgründen trotzdem nicht tun. Falls man längere Zeit in einer kanadischen Großstadt bleibt, lohnt es sich, zum Beispiel auf www.craigslist.com oder www.kijiji.ca nach einem günstigen gebrauchten Rad zu suchen, das es oft schon ab 60 Dollar zu kaufen gibt.
Eine Alternative für diejenigen, die lieber spontan auf ein Rad zurückgreifen, sind die BIXIs. Diese Leihräder sind in Montréal in der ganzen Stadt an solarbetriebenden Andockstationen zu finden. Bereits mehr als 40.000 Einwohner nutzen dieses Angebot. Das Konzept ist so erfolgreich, dass es nach Toronto, Ottawa und London exportiert wurde.
5
WARUM STINKT ES HIER SO?
VON CÉLINE DION UND MAISKOLBEN
»Tu connais Shania Twain?« – Kennst du Shania Twain?, fragt Maude als Mareike und sie gemeinsam beim Abendessen sitzen. »Über sie kommt gleich ein Spezial auf CBC. Hast du Lust, das mit mir zu sehen?«
»Klar.«
Mareike kennt noch kaum Leute in Montréal und ist froh, dass Maude sich ab und zu um sie kümmert. Die Sängerin Shania Twain ist zwar nicht gerade ihr Lieblingsstar, aber man soll sich ja auf andere Kulturen einlassen. Gemütlich schlurft sie Richtung Fernseher ins Wohnzimmer, aber Maude sprintet schon die Kellertreppe runter und ruft: »Hier unten, Mareike!«
Tatsächlich – unten im Keller steht ein zweiter Fernseher und Mareike fällt erst jetzt auf, dass sie Maude eigentlich noch nie oben beim Fernseher gesehen hat. Das Sofa hier unten ist noch gemütlicher als das oben und der Fernseher noch größer. Ansonsten ist vieles aber wie in einem ganz normalen Keller: Skier warten an die Wand gelehnt auf den nächsten Winter, ein völlig überfülltes Bücherregal staubt vor sich hin und eine riesige Gefriertruhe brummt leise in der Ecke. Das Programm beginnt und Mareike ist überrascht, wie schnell es wieder von Werbung unterbrochen wird. Im Schnitt werden alle zehn Minuten Werbespots gezeigt! Maude zappt durch die Sender. Auf dem nächsten Kanal läuft ein Musikvideo von Céline Dion.
»Sie singt auf Französisch! So was ... hat die nicht das Lied zu dem Film ›Titanic‹ gesungen, und zwar auf Englisch?«, ruft Mareike erstaunt.
Maude reagiert gespielt pikiert.
»Aber Mareike, das ist unsere Céline! Céline stammt doch aus Québec! Ihre ersten Lieder waren alle auf Französisch! Erst später hatte sie den großen Erfolg in den USA.«
KANADISCHE FERNSEHKULTUR
In Kanada findet man Fernsehsender in den verschiedensten Sprachen. Die größten sind aber natürlich die englisch- und französischsprachigen Sender:
CBC – ein öffentlich-rechtlicher Sender, der kanadaweit auf Englisch sendet. Er wird von der Canadian Broadcasting