Fettnäpfchenführer Kanada. Sophie von VogelЧитать онлайн книгу.
scheint nie aufzuhören und bringt eine tolle Stimmung in die Stadt. Das Jazzfestival ist wohl das berühmteste. Hier traten schon Jazzgrößen wie Ray Charles oder Miles Davis auf und ziehen nicht nur viele Touristen, sondern auch einheimische Zuschauer an.
Mareike hat sich übrigens völlig umsonst Sorgen gemacht: Ein Großteil der Konzerte ist tatsächlich gratis! Vor allem diejenigen auf dem Festivalgelände rund um den Place des Arts. Der liegt mitten in der Innenstadt Montréals und ist das Herz des neu entstehenden Quartier des Spectacles. In unmittelbarer Nähe finden sich verschiedene Konzertsäle, das Museum für zeitgenössische Kunst, die Oper und das Ballett Montréals. Andere Festivals wiederum finden in den verschiedenen Konzert- und Veranstaltungssälen der Stadt statt und kosten Eintritt. Viele Einheimische, die downtown arbeiten, gehen gleich nach der Arbeit zum Place des Arts, treffen sich dort mit Freunden und lauschen den ersten Konzerten des Abends.
Gerade bei der Anfangsshow treten immer besonders berühmte Künstler auf und die Fans kommen oft drei bis vier Stunden vorher, um möglichst nah an der Bühne zu stehen. Wer wie Mareike eine Stunde vor Beginn ankommt, darf daher nicht enttäuscht sein, wenn er weiter hinten ausharren muss. Allerdings werden überall große Leinwände und Lautsprecher aufgestellt, sodass der Besuch des Festivals – egal, welchen Platz man bekommt – immer ein Genuss ist.
KANADA – DAS LAND DER FESTIVALS
Kanada ist ein kulturell sehr vielfältiges Land, was sich auch in der Diversität der vielen Festivals widerspiegelt. Hier nur eine kleine Auswahl der bekanntesten Festivals in Kanada:
Celebration of Lights, Vancouver: Der weltweit größte Feuerwerk-Wettbewerb findet jeden Sommer über mehrere Wochen statt. Ähnliche Festivals gibt es auch in anderen Städten, zum Beispiel in Montréal.
Calgary Stampede, Calgary: Eine riesige zehntägige Cowboy-Show, die jedes Jahr im Juli draußen stattfindet.
Edmonton Folk Festival, Edmonton: Ein großes Folk-Festival, jährlich im August, sehr beliebt und eher preisgünstig.
Toronto International Film Festival, Toronto: Kanadas wichtigstes Filmfestival, das auch international einen sehr guten Ruf genießt.
Winterlude, Ottawa: Eines der vielen Winterfestivals, mit denen die Kanadier die tiefen Temperaturen feiern. In den ersten Februarwochen gibt es Eisskulpturen, Schneespielplätze und unendlich viele weitere Aktivitäten.
Montreal International Jazz Festival, Montréal: Über 500 Konzerte, davon über die Hälfte gratis, internationale Musiker und die Geburtsstätte vieler junger Künstler.
Just for Laughs, Montréal: Seit 1983 bringen internationale Comedians die Stadt jedes Jahr im Juli zum Lachen. Ein buntes Straßenfest mit vielen kostenlosen Aktivitäten rundet das Programm ab. Das Festival ist so erfolgreich, dass daraus sogar eine Fernsehshow entstand.
Québec Winter Carnival, Québec City: Es bringt nichts, die Kälte zu bekämpfen, müssen sich die Bewohner Québecs gedacht haben. Wir feiern den Winter! Und so findet jeden Januar/Februar der weltweit größte Winterkarneval statt.
Angst muss man in der Innenstadt übrigens in der Regel nicht haben. Aufpassen sollte man aber schon und keine dunklen oder besonders einsamen Wege wählen. Die Cafés sind teilweise 24 Stunden geöffnet, sodass man immer auf Menschen stoßen wird. Architektonisch erinnern manche Ecken Montréals tatsächlich an New York in klein. Die Innenstadt zeichnet sich durch eine bunte Mischung von urigen Gebäuden aus dem 19. Jahrhundert, verschachtelten 1960er- und 1970er-Bauten und schicken modernen, teils ökologisch gebauten Hochhäusern aus. Der Geruch, der die ganze Stadt durchzieht, kommt tatsächlich vom Smoked Meat. Dazu später mehr.
Was können Sie besser machen?
Im Tourismusbüro (1255 Rue Peel) gibt es bereits Wochen vorher das sehr ausführliche Programmheft des Jazzfestivals. Es erscheint zweisprachig, auf Englisch und auf Französisch, und bietet einen hervorragenden Überblick der zahlreichen Veranstaltungen. Auch Informationen zu den kostenpflichtigen Konzerten und zu den Tickets finden sich dort. Zu den öffentlichen Veranstaltungen auf dem Place des Arts, wo oft weltberühmte Künstler auftreten, sollte man möglichst früh kommen oder in Kauf nehmen, dass man weit von der Bühne entfernt steht. Die Akustik allerdings ist auf dem gesamten Platz hervorragend.
An kleinen Ständen am Rande des Festivals kann man auch Bier erwerben. Außerhalb der abgegrenzten Bereiche dieser Verkaufsstände bzw. außerhalb des Festivalgeländes sollte man jedoch keinen Alkohol zu sich nehmen. Wird man doch einmal von der Polizei beim Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit erwischt, sollte man unbedingt höflich bleiben und versuchen, die Situation zu erklären. Manchmal gibt es aber nichts mehr zu verhandeln und man muss die Geldstrafe einfach in Kauf nehmen.
JUGENDLICHE UND ALKOHOL
Das Mindestalter für Alkoholgenuss wird von jeder Provinz selbst festgelegt. In Alberta, Manitoba und Québec darf man ab 18 Jahren Alkohol trinken. Im Rest Kanadas erst mit 19 Jahren. Aufgrund der geringen Entfernung zu den USA kommen daher oft US-amerikanische Jugendliche nach Montréal und profitieren von der niedrigeren Altersgrenze. Eben solche Mädchen hat Mareike auf dem Festival gesehen. Sofern sie 18 Jahre alt waren, durften sie also vollkommen legal Bier kaufen.
Viele Restaurants, Bars und Läden, die Alkohol verkaufen, fragen nach zwei Ausweisen: Einer muss von einer offiziellen Stelle ausgestellt sein, zum Beispiel ein Pass mit Name, Unterschrift, Foto und Geburtsdatum. Der andere muss Name und Unterschrift aufweisen, zum Beispiel eine Kreditkarte.
Wird man als Minderjähriger beim Alkoholgenuss erwischt, hat dies ernsthafte rechtliche Folgen. Die Polizei achtet sehr genau darauf, ob Minderjährigen in Bars und Restaurants Alkohol gegeben wird. Daher sind auch die Lokalbetreiber sehr streng und überprüfen meistens das Alter.
7
WENN INDIANER SO GAR NICHTS MIT KARNEVAL ZU TUN HABEN
TIPIS UND FRIEDENSPFEIFEN
Vorsichtig versucht Mareike etwas Milch in ihren Kaffee zu gießen. Die Milchpackung aber ist wie vieles in Nordamerika überdimensional groß, sodass es Mareike schwer fällt, die Balance zu halten. Und Geschicklichkeit hat auch noch nie zu ihren Stärken gezählt. Schwapp – schon breitet sich eine schöne Milchpfütze über ihren Stadtplan aus, den sie auf Maudes Küchentisch ausgebreitet hat. Mist. Schnell rettet sie, was zu retten ist, und wischt die Milch mit einem Küchenschwamm auf. Dabei fällt ihr Blick auf einige beige gefärbte Gegenden auf dem Stadtplan, am Rande von Montréal. Es sind dort keine Straßen oder Namen eingezeichnet. Lediglich ein dickes Wort prangt in der Mitte der Fläche: Réserve. Davon hat sie schon gehört! Das ist die Gegend, wo die Indianer leben! Ein Indianerdorf? So nah an der Großstadt? Müsste das nicht draußen in der Natur liegen? Seltsam. Mareike hat sich noch nie Gedanken gemacht, wo die Ureinwohner Kanadas eigentlich abgeblieben sind.
In diesem Moment klopft es an der Hintertür der Küche. Eine kleine Frau mit einem schicken braunen Kurzhaarschnitt steht vor der Tür und winkt durch das Fenster. Caroline, Maudes Nachbarin, schaut gerne mal vorbei. Sie kommt aus Vancouver, was Mareike sehr spannend findet, weil sie unbedingt noch den Westen Kanadas sehen möchte.
»I’ve made you some cupcakes, dear« – Ich habe dir ein paar Cupcakes gemacht, flötet Caroline als Mareike die Tür öffnet, stürmt in die Küche und breitet die runden Küchlein mit ihren Zuckergussund Cremehauben, auf denen Streusel und Kirschen prangen, auf dem Tisch aus.
»Ich liebe Backen. Oh, planst du eine Stadttour?«, fragt sie, als sie den Stadtplan auf dem Tisch sieht.
»Ja, ich habe mir gerade überlegt, einen Ausflug zu dem Indianerdorf zu machen.«
Carolines ratloser Blick verrät ihr, dass sie sich falsch ausgedrückt haben muss.
»Weißt