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Melodie der Liebe. Barbara CartlandЧитать онлайн книгу.

Melodie der Liebe - Barbara Cartland


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machten sie Bootsfahrten auf dem See und veranstalteten Picknicks im Wald. All ihre Unternehmungen waren von schallendem, fröhlichem Lachen begleitet.

      Nur Roberta hatte wirklich gewußt, wie elend ihrem Vater nach dem Tode ihrer Mutter zumute war, als das Haus auf einmal finster und ohne Freude war. Damals hatte er begonnen, gelegentlich nach London zu fahren, um zu vergessen und bei jeder Rückkehr aus London hatte er etwas besser ausgesehen. Er erzählte ihr immer die neuesten amüsanten Geschichten aus den Theatern, die er dort besuchte, von den großen Abendgesellschaften, die er sehr genoß, und von den Menschen, die er dort kennenlernte.

      Manchmal kam ihr der Gedanke, daß bei diesen Anlässen wohl kaum hoch angesehene Persönlichkeiten aus der Gesellschaft teilnahmen, wie es früher bei ihnen zu Hause üblich war. Ihr Vater erzählte ihr begeistert von den Tänzerinnen und Unterhaltungskünstlern in den Varieté-Theatern und von den lustigen Abenden, die er bei »Romano« oder in einem anderen berühmt-berüchtigten Restaurant verbracht hatte, wohin er sie bestimmt niemals mitgenommen hätte. Die Ausflüge ihres Vaters nach London wurden immer häufiger. Und eines Tages änderte sich plötzlich alles.

      Nun zog er es wieder vor, sich auf dem Land aufzuhalten. Er ritt mit der hübschen Lady Bingham aus - der zweiten Frau des Lord Lieutenant, die um viele Jahre jünger war als ihr Mann. Roberta war fasziniert von ihrer Schönheit und wünschte sich, wenn sie erwachsen wäre, wie sie auszusehen.

      Manchmal durfte sie mit ihrem Vater und Lady Bingham ausreiten oder mit ihnen eine Bootsfahrt auf dem Fluß machen, und gelegentlich gingen sie gemeinsam zum Essen aus.

      Im Sommer, wenn es heiß war, ließ der Earl draußen im griechischen Tempel am Ende des Gartens servieren. Es war fast so, als wäre Robertas Mutter wieder da; ihr Vater lachte wieder, und was sie und Lady Bingham auch sagten, es amüsierte ihn alles. Das Haus war erneut von Freude und Glückseligkeit erfüllt.

      Doch eines Tags war der Earl plötzlich verschwunden. Am Abend zuvor hatte er beim Gute-Nacht-Sagen Roberta fest an sich gedrückt und sehr ernst zu ihr gesagt: »Du wirst allmählich erwachsen, mein Schatz, und du wirst eine sehr hübsche Frau werden, oder besser gesagt, liebreizend. Ich muß an deine Zukunft denken und dafür sorgen, daß du eine Anstandsdame bekommst, die dich in die Gesellschaft einführt, damit du den passenden Ehemann findest.«

      »Bis dahin ist noch so viel Zeit, Papa«, hatte Roberta lachend erwidert. »Außerdem rede ich viel lieber mit dir und tanze auch am liebsten mit dir. Ich habe gar kein Verlangen danach, mit irgendeinem anderen Mann zusammen zu sein.«

      Der Vater hatte sie noch fester an sich gedrückt. »Danke, mein Liebling. Das ist ein herrliches Kompliment. Aber das Leben, das ich führe, ist, was dich anbelangt, nicht gerade beispielhaft.«

      Roberta hatte nicht verstanden, was er meinte; es war ihr auch egal, denn sie war sehr schläfrig. Sie hatten zusammen einen wunderschönen Tag verbracht, nur der Vater und sie. Sie mochte Lady Bingham sehr und fand ihre Gesellschaft amüsant, doch noch lieber hatte sie ihren Vater für sich allein. Kurz nach dem Frühstück hatten sie einen Ausritt über den gesamten Besitz gemacht, fast so, als wollte ihr Vater ihn inspizieren. Mittags hatten sie in einem Gasthof ein paar Kilometer von ihrem Haus entfernt Brot und Käse gegessen und Apfelwein getrunken und waren dann erst am Spätnachmittag nach Hause zurückgekehrt. Sie gingen noch in die Ställe und blieben lange bei den Pferden, um sie zu beobachten, erst später begriff sie, daß er sich an diesem Nachmittag von den Pferden verabschiedet hatte.

      Abends hatte er ihr noch eine besonders große Freude gemacht - sie durfte ganz allein bei ihm im Speiseraum essen, wozu sie ihr hübschestes Kleid angezogen hatte.

      Ihr Vater plauderte mit ihr wie mit einer Erwachsenen, und sie durfte sogar ein kleines Glas Sekt trinken.

      Später, als sie im Bett lag und er zu ihr kam, hatte er nach dem Gutenachtkuß gesagt: »Gib gut auf dich acht, mein bewundernswertes kleines Mädchen, und vergiß nicht, daß ich dich liebe!«

      »Ich dich auch, Papa. Du bist der wundervollste Vater, den je ein Mädchen gehabt hat!«

      Der Earl hatte tief Luft geholt, bevor er sich zu ihr herabbeugte um sie auf die Stirn zu küssen. Dann hatte er ohne ein weiteres Wort das Zimmer verlassen, und sie war eingeschlafen.

      Am folgenden Morgen fand sie eine Nachricht von ihm; er sei nach Frankreich gefahren und habe seine Mutter gebeten, sich um Worth Park zu kümmern und Roberta zu sich nach Essex zu nehmen. Zuerst hatte Roberta nicht geglaubt, daß er für immer weggegangen sei. Als sie jedoch erfuhr, daß er Lady Bingham mit sich genommen hatte, und sich ausmalte, daß dies zu einem riesigen Skandal würde, war ihr klar, daß er niemals mehr für längere Zeit nach England zurückkehren konnte.

      Der Lord Lieutenant weigerte sich auch noch, in eine Scheidung von seiner Frau einzuwilligen, ein Umstand der, sollten der Earl und Lady Bingham je nach England zurückkehren, dazu führte, daß man sie aus der Gesellschaft gänzlich ausschloß und sie nie wieder bei Hof empfing - was Robertas Großmutter bei jedem Anlaß betonte.

      »Wie konnte dein Vater so etwas Entsetzliches tun!« mußte sich Roberta oft anhören. »Ein Mann in seiner Stellung hätte es besser wissen müssen! Er hat den Namen unserer Familie in den Schmutz gezogen! Er sollte sich wirklich schämen!«

      Manchmal kam Roberta der Gedanke, die Großmutter und Tante Emily machten diese ätzenden Bemerkungen, die sie so verletzten, absichtlich immer wieder, um sie ihr förmlich einzubläuen.

      Zwei Jahre später erfuhr sie, als sie einmal dem Klatsch der Dienstboten lauschte, daß Lady Bingham zurückgekehrt sei und ihr Gatte ihr verziehen habe. Trotzdem wollten viele der Bewohner der Grafschaft nichts mehr mit ihr zu tun haben, und bei Hofe wurde sie auch nicht mehr empfangen.

      Als Roberta eines Tages auf dem Wege in den Salon war, hörte sie, wie Tante Emily zu einer Besucherin sagte: »Kein Ehrenmann hätte sich einer Frau gegenüber, die nicht besser als eine Hure ist, großzügiger verhalten können.«

      Die Worte ließen Roberta aufhorchen, und sie blieb stehen.

      »Und was ist aus Ihrem Bruder geworden?« fragte jetzt die Besucherin ihre Tante. »Er ist wirklich der bestaussehende Mann, der mir je begegnet ist!«

      »Leider ist das auch sein Verderben gewesen«, erwiderte Lady Emily bitter. »Er wird sich bestimmt mit einer anderen Frau, trösten.«

      »Sie denken nicht, daß er wieder herkommen wird?«

      »Nein, das denke ich kaum!«

      Einen Moment schwiegen beide.

      »Wo hält er sich denn zur Zeit auf?« erkundigte sich die Besucherin.

      »Bis vor kurzem lebte er in Spanien«, hörte Roberta die Tante sagen. »Doch kürzlich erfuhr ich zufällig durch einen unserer Vetter, daß er sich für das Frühjahr in Paris ein Haus gemietet hat.«

      Der sarkastische, Roberta so vertraute Unterton lag wieder in der Stimme ihrer Tante.

      Roberta begriff, daß all die Verleumdungen, die etwas abgeklungen waren, wieder von vorne beginnen würden.

      Das ertrage ich einfach nicht mehr! dachte sie verzweifelt. Noch einmal zwei Jahre lang diese Tyrannei, bis ich dann vielleicht heirate, wie es von mir erwartet wird! Immer wieder aufs Neue diese Vorwürfe gegen den Vater, denen sie nichts entgegenzusetzen hatte.

      Roberta betrat den Salon nicht, wie sie es eigentlich vorgehabt hatte. Sie ging die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer, setzte sich ans Fenster und blickte hinaus. Doch sie nahm die ersten grünen Frühlingsknospen an den Bäumen gar nicht wahr; die goldgelben Narzissen im hohen Gras, die vor kurzem geborenen Lämmer, die zum ersten Mal über die Wiesen hüpften. Sie sah nur im Geiste ihren lachenden, augenzwinkernden Vater vor sich. Und mit einem Mal hatte sie das Gefühl, das Leben sei unsagbar aufregend und sie könne alles erreichen, was sie nur wolle, ja sogar den Mond.

      Er ist allein, sagte sie sich. Jetzt kann ich zu ihm fahren.

      Sie war zwar erst sechzehn, hatte jedoch eine Auffassungsgabe und einen Scharfsinn entwickelt, die ihrem Alter weit voraus waren - »etwas, was sich bei einer jungen Dame nicht


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