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Bekenntnisse-Confessiones. Aurelius AugustinusЧитать онлайн книгу.

Bekenntnisse-Confessiones - Aurelius Augustinus


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ich es auch allein tun, wenn ich jene Sünde begehen wollte, nur um meiner Lust zu frönen, und hätte nicht nötig gehabt, durch Reizung meiner Mitschuldigen den Kitzel meiner Lust zu entzünden. Aber weil ich an jenen Früchten kein Vergnügen fand, so fand ich an der Tat selbst den Reiz, welcher durch die Gesellschaft meiner Mitschuldigen erhöht wurde.

      Was war nun jenes Streben meines Herzens? Gewiss war es überaus schändlich, und mir war’s wehe, dass ich es hatte. Doch was war es eigentlich? Wer durchschaut die Missetat? Ein Hohnlachen war’s, das hervorging aus einem Kitzel des Herzens, weil wir die betrogen, welche uns solcher Missetat nicht für fähig hielten, und sie von Grund ihres Herzens verdammten. Weshalb ergötzte es mich deshalb mehr, als wenn ich es allein getan hätte? Etwa weil niemand leicht allein lacht? Gewiss tut dies niemand so leicht, aber doch befällt einzelne Menschen, welche allein sind und niemand anderes gegenwärtig ist, zuweilen ein Lachen, wenn ihnen etwas allzu Lächerliches in den Sinn kommt oder vor die Seele tritt. Aber ich hätte es ganz allein nicht getan, gewiss nicht. Siehe, mein Gott, offen liegt vor dir die lebendige Erinnerung meiner Seele. Allein hätte ich jenen Diebstahl nicht verübt, bei welchem mich nicht nach dem Objekt, sondern nach dem Diebstahle selbst gelüstete, der, allein begangen, mich ganz und gar nicht ergötzt haben würde. O Freundschaft, die doch nur Feindschaft ist, unerforschbare Verführung des Geistes; Begierde, die zum Spaß und Scherz zu schaden sucht; Lust nach fremdem Schaden, nicht entsprungen aus Gewinnsucht, nicht hervorgegangen aus Rachgier, sondern aus den Worten: »Kommt, lasst uns gehen, lasst uns etwas verüben«, und man schämt sich der Unverschämtheit nicht, Folge zu leisten.

      Wer löst diesen verworrensten und verwickeltsten Knoten? Doch hinweg, ich mag ihn nicht fest ins Auge fassen, ich will ihn nicht sehen. Dich nur will ich sehen, die Gerechtigkeit und Unschuld, schön und herrlich in erhobener Klarheit und von einer Sättigung ohne Ende. Groß ist die Ruhe bei dir und ein Leben ohne Trübsal. Wer eingeht zu dir, geht ein zu seines Herrn Freude, keine Furcht macht ihn erzittern, und am besten wird ihm sein bei dem Besten. Von dir bin ich gewichen und in die Irre gegangen, mein Gott, auf Abwegen, allzu fern von deiner Feste in meiner Jugend, und wurde zu einer Stätte des Darbens.

      Drittes Buch

      Erstes Kapitel

      Nach Karthago kam ich, und von allen Seiten umtoste mich das ekle Gewirr schändlicher Liebeshändel. Noch liebte ich nicht, doch suchte ich Liebe, und aus einem tieferen und besseren Liebesbedürfnis zürnte ich mir, dass ich wenig liebesbedürftig war. Im Drange nach Liebe suchte ich den Gegenstand meiner Liebe und hasste die Sicherheit und den Weg ohne Fallstricke. Du selbst, o mein Gott, hattest mir eingepflanzt in das Herz einen Hunger, der du selbst bist die Speise des Herzens; dieser Hunger aber war nicht lebendig in mir, sondern ich war ohne Sehnsucht nach unvergänglicher Speise, doch nicht, weil ich etwa erfüllt war von ihr, sondern je leerer ich war, desto mehr widerstand sie mir. Deshalb siechte meine Seele, und in ihrem Elend warf sie sich hinaus in die Außenwelt, gierend nach sinnlicher Reizung. Wohl würde auch das Sinnliche nicht geliebt werden, wenn es nicht beseelt wäre; aber Lieben und Geliebtwerden, es war mir am köstlichsten, wenn ich auch den Körper der Geliebten genießen konnte. So trübte ich den Quell der Freundschaft mit dem eklen Schlamme der Sinnenlust, ihren reinen Glanz verdunkelte ich durch höllische Lüste, und so abscheulich und ehrlos ich war, so wollte ich doch im Übermaß der Eitelkeit für fein und gebildet gelten. So stürzte ich mich hinein in die Liebe, die mich fesseln sollte. Du aber, o mein Gott und mein Erbarmer, wie hast du mir in deiner Güte diese Süßigkeit vergällt! Denn ich wurde geliebt, und insgeheim verstrickte ich mich in die Fesseln des Genusses und ließ mich mit schmerzbringenden Banden umgarnen, um dann gepeitscht zu werden von den glühenden Eisenruten der steten Eifersucht, des Argwohns, der Furcht, des Zorns und des Zwistes.

      Auch die Schauspiele rissen mich hin, weil sie erfüllt waren von Bildern meines eigenen Elends und neuen Zunder boten für mein brennendes Herz. Wie kommt es doch, dass der Mensch den Schmerz sucht beim Anblick von tragischen Szenen, Schmerzen, die er doch selbst nicht erleiden möchte? Und doch will er im Zuschauen Schmerz erleiden, und der Schmerz selbst ist es, der ihm Wonne schafft. Was ist dies anders als klägliche Torheit? Und um so mehr wird jemand von ihnen erregt, je weniger er von solchen Leidenschaften frei ist. Leidet er sie selbst, so pflegt er sie Leid, leidet er sie mit anderen, so pflegt er sie Mitleid zu nennen. Was aber bezweckt ein solches Mitleid bei szenischen Dichtungen? Der Hörer wird nicht zur Hilfe herbeigerufen, nur zum Scherz wird er eingeladen, und das ist der beste Schauspieler, der den größten Schmerz zu erregen weiß. Und gelangweilt und verdrossen geht er hinweg, wenn jene menschlichen Leiden, die entweder weit hinter uns liegen oder ganz und gar erdichtet sind, so dargestellt werden, dass der Zuschauer keine schmerzliche Regung empfindet; wird dagegen sein Mitgefühl in hohem Grade erregt, so bleibt er in Spannung und freut sich unter Tränen. So kann also auch der Schmerz geliebt werden, während doch jeder Mensch die Freude sucht. Und wenn auch das Leiden an und für sich keinem gefällt, so gefällt ihm doch das Mitleid. Weil dies aber ohne Schmerz unmöglich ist, so werden vielleicht nur um seinetwillen die Schmerzen geliebt. Das aber hat in jenem Quell der Freundschaft seine Begründung. Doch wohin eilt dieser Quell, wohin fließt er? Warum verläuft er sich in einen wilden Pechstrom, der kochend heraufsteigen lässt die entsetzliche Glut aufwallender scheußlicher Gelüste, in welche er sich verwandelt und verkehrt, abgelenkt und hinabgestürzt von himmlischer Klarheit durch den eigenen sündigen Gang? Soll aber darum das Mitleid verworfen werden? Keineswegs, denn nur so kann der Schmerz zuweilen geliebt werden. Aber hüte dich, meine Seele, vor der Unreinheit, unter dem Schutz meines Gottes, des Gottes unserer Väter, des Preiswürdigen, in alle Ewigkeit Erhabenen, ja hüte dich vor Unreinheit. Auch jetzt bin ich nicht mitleidslos; damals aber im Theater freute ich mich mit den Liebenden, wenn sie die Frucht ihrer Schande genossen, obgleich sie es nur spielweise im Theater aufführten. Wenn sie einander verloren, so trauerte ich mit ihnen, als sei ich wahrhaft mitleidig, und doch erfreute mich beides. Ich aber nahm einen größeren Anteil an dem, der in der Schande seine Freude fand, als widerführe ihm Hartes durch den Abbruch verderblicher Lust und die Einbuße elenden Glückes. Das aber ist das wahrhaftige Mitleid, in welchem der Schmerz keinen Genuss findet. Denn obgleich durch die Pflicht der Nächstenliebe Mitleid an und für sich geboten ist, so wünscht der von aufrichtigem Mitgefühl Beseelte doch lieber keine Ursachen, solchen Schmerz zu empfinden. Denn gäbe es ein böswilliges Wohlwollen, was freilich unmöglich, dann könnte auch der, welcher wahrhaft aufrichtiges Mitleid hegt, wünschen, es gäbe Leidende nur zu dem Zwecke, Mitleid empfinden zu können. So kann also ein Schmerz wohl gebilligt, nie aber darf er geliebt werden. Denn du, mein Herr und mein Gott, bist es, der die Seelen liebt, und zwar weit reiner denn wir, du, dessen Mitleid ein unvergängliches ist, weil du von keinem Schmerze verwundet wirst. Und wer ist hierzu tüchtig?

      Aber ich Unseliger liebte den Schmerz und suchte nach einem Gegenstande für meinen Schmerz, da mir die Darstellung eines Schauspielers bei fremdem erlesenem, unwahrem und vorgegaukeltem Schmerze am besten gefiel und mich um so mächtiger anzog, je mehr er mir Tränen entlockte. Was Wunder, wenn ich unglückliches Lamm, von der Herde abirrend und deiner Flut mich entziehend, durch hässliche Räude entstellt ward. Daher stammt meine Liebe zum Schmerz, doch nicht solchen Schmerzen, die mich tiefer durchdringen, war es doch keineswegs mein Wunsch, das Geschehene selbst zu erleiden, nur oberflächlich wollte ich von der gehörten Dichtung berührt werden. Und doch folgte, wie bei denen, die sich mit den Nägeln zerkratzen, brennende Geschwulst, Fäulnis und ekler Eiter. Das war mein Leben, o mein Gott; war denn das aber überhaupt ein Leben?

      Doch ob meinem Haupte umschwebte mich dein treues göttliches Erbarmen von fern. Wie verfaulte ich in großen Sünden und ging nach frevelhaftem Fürwitz, der mich, da ich dich verließ, in trügerische Tiefen führte und zum Gehorsam gegen dämonische Mächte verleitete, die mich überlisteten und denen ich als Opfer meine Schandtaten darbrachte. Und all dies diente mir zur


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