Die Reise der Bounty in die Südsee. William BlighЧитать онлайн книгу.
aufgenommen. Das schrecklichste Beispiel von Grausamkeit, wozu diese Gesellschaft fähig war, gaben der Eri von Tittaha, namens Tippahu, und seine Gemahlin, eine Schwester Teinas, die acht Kinder gehabt, aber alle gleich nach der Geburt umgebracht hatten. Dann hatten sie einen Neffen an Kindes statt angenommen, an dem sie mit großer Zärtlichkeit hingen.
Auf den Inseln des Südmeeres, deren Umfang so gering ist und deren Bewohner, ehe die Europäer sie entdeckten, keine Vorstellung von anderen Ländern und Völkern hatten, scheint die Sorge um eine Übervölkerung ganz natürlich zu sein. Daher können hier vielleicht die ehelosen Orden, die für andere Länder nachteilig geworden sind, einen wesentlichen Vorteil bringen, wenigstens solange sie ihren Zweck ohne Verbrechen erfüllen. Man hat die Bevölkerung der Insel Tahiti auf Hunderttausend geschätzt. Noch ist die Insel nicht genügend kultiviert, aber wenn auch in der Landwirtschaft große Fortschritte gemacht würden, könnte sie doch nicht mit einer grenzenlos steigenden Bevölkerung Schritt halten.
Hier drängt sich mir ein Gedanke auf, der zwar traumhaft erscheinen mag, aber doch einige Aufmerksamkeit verdient. Auf der einen Seite sehen wir die Eingeborenen dieser Inseln in ihrer Existenz bedroht und unzählige Kinder gleich nach ihrer Geburt zum Tode verurteilt, auf der anderen aber wissen wir ein so nahes und festes Land wie Neuholland (Australien), wo ungeheure Landstriche unbebaut liegen und fast gar keine Bewohner haben. Ist es da nicht natürlich, auf den Gedanken zu kommen: Wie wäre es, wenn beide Länder einander Hilfe und Ausgleich bringen würden? Neuholland scheint wirklich von der Schöpfung dahin verlegt zu sein, um dem Überschuss von Eingeborenen auf den Inseln als Zuflucht zu dienen. Könnte man die Auswanderung dorthin möglich machen, dann würde nicht nur dem schrecklichen Kindermord ein Ende gesetzt, sondern ein großer Kontinent, der bisher eine Wüste war, würde sich in ein volkreiches Land verwandeln, und viele Eingeborene der Inseln könnten vom Tode errettet werden und auch in der Moral Fortschritte machen. Wahrscheinlich könnte auch unseren Kolonien in Neuholland daraus so viel Vorteil erwachsen, dass die Mühen und Kosten eines so menschenfreundlichen Planes sich vielleicht reichlich lohnen würden.
Ich gestehe, dass diese letzte Aussicht sehr vage ist, da nur die zwischen den Wendekreisen liegenden Teile von Neuholland den Lebensgewohnheiten der Insulaner angemessen sind, wie dort auch Boden und Klima am besten für die Ansiedlung geeignet sind. Der Mensch, der von seinem Schöpfer in ein warmes Klima versetzt worden ist, würde vielleicht nie ein kälteres aufsuchen, wenn nicht die Not ihn tyrannisch dazu triebe. Ganze Jahrhunderte würden also vergehen, ehe die neuen Ansiedler von den Inseln sich bis an unsere Niederlassungen in Neuholland ausgebreitet hätten. Sicher aber würde der naheliegende Plan, Menschen ohne Land in ein Land ohne Menschen zu bringen, bedeutende Vorteile bringen.
Bei einem Volk wie den Tahitianern, das sonst so fern von Anmaßung und Eitelkeit ist, bei einem Volk, dessen Sitten so einfach und natürlich sind, bleibt es unbegreiflich, mit welcher Strenge die oft nur kleinen Unterschiede von Stand und Rang beachtet werden. Ich wüsste keinen Umstand und keine noch so verdienstvolle Tat, die einen Insulaner über die Klasse, in der er geboren ist, erhöhen könnte, es sei denn, er habe genug Macht erlangt, sich selbst eine Würde zu erteilen. Wenn eine Frau aus den niedrigen Kreisen von einem Eri ein Kind hat, so darf es nicht am Leben bleiben. Vielleicht mussten auch Tippahus acht Kinder irgendeiner grausamen Rangordnung geopfert werden.
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