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Meditationen / Abhandlung über die Methode. Рене ДекартЧитать онлайн книгу.

Meditationen / Abhandlung über die Methode - Рене Декарт


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ihrer Beweise wegen. Indessen erkannte ich ihren wahren Nutzen noch nicht, und da ich meinte, sie diene nur den mechanischen Künsten, war ich erstaunt, dass man auf ihr nicht Erhabeneres aufgebaut hatte, da doch ihre Grundlagen fest und dauerhaft waren. Gleichsam im Gegensatz hierzu verglich ich die moralischen Schriften der alten Heiden mit außerordentlich stolzen und großartigen Palästen, die nur auf Sand und Schlamm erbaut waren: sie erheben die Tugenden sehr hoch und lassen sie über alle Dinge der Welt erhaben erscheinen; aber sie benennen sie nicht erkennbar genug, und oft ist, was sie mit jenem schönen Namen bezeichnen, nichts wie Fühllosigkeit oder Hochmut oder Verzweiflung oder der schändlichste Mord.

      Ich verehrte unsere Theologie und wollte, wie jeder andere, der ewigen Seligkeit teilhaftig werden; doch als es für mich eine unumstößliche Tatsache wurde, dass der Weg zu ihr den Ungelehrten genau so offen stehe wie den Gelehrtesten, und dass die offenbarten Wahrheiten, die dahin führen, über unsere Einsicht hinausgehen, so wagte ich nicht, sie einer Prüfung durch meinen schwachen Verstand zu unterziehen, und ich war der Ansicht, es bedürfe einer besonderen Gnade des Himmels und man müsse mehr sein als Mensch, um diese Prüfung mit Erfolg vorzunehmen.

      Von der Philosophie will ich nichts sagen, als dass ich sie von den hervorragendsten Geistern aller Zeiten betrieben sah, und dass dennoch kein einziger Satz darin zu finden ist, der unbestritten und mithin nicht zweifelhaft wäre, und ich war nicht anmaßend genug, um mich der Hoffnung hinzugeben, dass ich zu einem besseren Ergebnis käme als die andern; und als ich überlegte, wie vielerlei verschiedene Ansichten über einen einzigen Gegenstand es geben kann, da galt mir alles, was nur wahrscheinlich war, fast als falsch.

      Was die übrigen Wissenschaften betrifft, welche ja ihre Prinzipien der Philosophie entlehnen, so war ich der Ansicht, dass man auf solch unsicheren Grundlagen nichts Dauerhaftes hatte aufbauen können; und weder die Ehre noch der Gewinn, den sie in Aussicht stellen, vermochten mich zu ihrem Studium zu reizen. Gott sei Dank zwangen meine Verhältnisse mich nicht, aus der Wissenschaft ein Gewerbe zu machen, um meinen Unterhalt zu verdienen; und obwohl ich den Ruhm nicht geradezu verachte wie ein Zyniker, so mache ich mir doch wenig daraus, denn er kommt mir nicht zu; und schließlich glaubte ich alle die falschen Wissenschaften, selbst die nichtigsten und irrigsten, zur Genüge kennengelernt zu haben, so dass mich weder die Versprechungen eines Alchemisten, noch die Weissagungen eines Astrologen, noch die Betrügereien eines Magiers, noch die Kunststücke und Aufschneidereien irgend eines andern von jenen Leuten, die ein Geschäft daraus machen, mehr zu wissen, als sie wirklich wissen, zu täuschen vermocht hätten.

      Deshalb gab ich das Studium der Wissenschaften gänzlich auf, sobald mein Alter mich der Leitung meiner Lehrer enthob; ich entschloss mich, keine andere Wissenschaft mehr zu suchen als diejenige, welche ich in mir selbst oder in dem großen Buche der Welt zu finden vermochte; und so verwendete ich den Rest meiner Jugendzeit auf Reisen; ich sah Höfe und Heere, verkehrte mit Leuten verschiedener Temperamente und verschiedener Lebensstellung, sammelte mancherlei Erfahrungen, erprobte mich in den Widerwärtigkeiten, in die das Schicksal mich versetzte, und dachte über alles nach, was sich mir darbot, damit ich Nutzen daraus ziehen konnte, denn es schien mir, als sei in den Betrachtungen, die ein jeder in seinen eigenen Angelegenheiten vornimmt und bei denen ein falscher Schluss ihn bald durch einen Fehlschlag bestraft, viel mehr Wert zu finden, als in den Spekulationen, die ein Gelehrter in seinem Studierzimmer anstellt, die zu nichts führen, als ihn um so eitler zu machen, je weiter sie vom gesunden Menschenverstand entfernt sind, denn um so mehr Geist und Geschicklichkeit muss er aufwenden, um ihnen den Anschein der Wahrheit zu geben. Ich jedoch trug von jeher das Verlangen in mir, das Wahre und das Falsche unterscheiden zu lernen, um in meinen Handlungen klar zu sehen und in diesem Leben sicher vorwärts zu schreiten.

      Solange ich indessen nur die Sitten anderer Menschen betrachtete, fand ich kaum irgendetwas Sicheres, und ich bemerkte hier fast genauso viel Unterschiede wie unter den Meinungen der Philosophen. Der größte Vorteil, den ich daraus zog, war daher die Einsicht, dass manche Dinge, so überspannt und lächerlich sie uns auch erscheinen, dennoch bei anderen großen Völkern allgemeine Annahme und Bildung gefunden haben, und dass ich an nichts zu fest glauben dürfe, was ich nur durch Beispiel und Gewohnheit als wahr angenommen hatte; und so befreite ich mich nach und nach von vielen Irrtümern, die unser natürliches Erkenntnisvermögen verdunkeln und uns weniger fähig machen, die Stimme der Vernunft zu vernehmen. Als ich jedoch mehrere Jahre in dem Buche der Welt studiert und einige Erfahrung zu sammeln versucht hatte, beschloss ich eines Tages, auch in mir selbst zu forschen und alle meine Geisteskräfte auf die Auffindung des Weges zu richten, dem ich folgen müsse; das gelang mir, wie ich glaube, weit besser, als wenn ich niemals mein Vaterland und meine Bücher verlassen hätte.

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