Эротические рассказы

Der Golem. Gustav MeyrinkЧитать онлайн книгу.

Der Golem - Gustav Meyrink


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haben so fest geschlafen, daß Sie nicht merkten, wie wir Sie schüttelten«, sagte Josua Prokop zu mir, »der Punsch ist aus, und Sie haben alles versäumt.«

      Der heiße Schmerz über das, was ich vorhin mitangehört, übermannte mich wieder, und ich wollte aufschreien, daß ich nicht geträumt habe, als ich ihnen von dem Buche Ibbur erzählte – und es aus der Kassette nehmen und ihnen zeigen könne.

      Aber diese Gedanken kamen nicht zu Wort und konnten die Stimmung allgemeinen Aufbruches, die meine Gäste ergriffen hatte, nicht durchdringen.

      Zwakh hängte mir mit Gewalt den Mantel um und rief:

      »Kommen Sie nur mit zum Loisitschek, Meister Pernath, es wird Ihre Lebensgeister erfrischen.«

      NACHT

      Willenlos hatte ich mich von Zwakh die Treppe hinunterführen lassen.

      Ich spürte den Geruch des Nebels, der von der Straße ins Haus drang, deutlicher und deutlicher werden. Josua Prokop und Vrieslander waren einige Schritte vorausgegangen, und man hörte, wie sie draußen vor dem Torweg mitsammen sprachen.

      »Er muß rein in das Kanalgitter gefallen sein. Es ist doch zum Teufelholen.«

      Wir traten hinaus auf die Gasse, und ich sah, wie Prokop sich bückte und die Marionette suchte.

      »Freut mich, daß du den dummen Kopf nicht finden kannst«, brummte Vrieslander. Er hatte sich an die Mauer gestellt, und sein Gesicht leuchtete grell auf und erlosch wieder in kurzen Intervallen – wie er das Feuer eines Streichholzes zischend in seine kurze Pfeife sog. Prokop machte eine heftig abwehrende Bewegung mit dem Arm und beugte sich noch tiefer hinab. Er kniete beinahe auf dem Pflaster:

      »Still doch! Hört ihr denn nichts?«

      Wir traten an ihn heran. Er deutete stumm auf das Kanalgitter und legte horchend die Hand ans Ohr. Eine Weile standen wir unbeweglich und lauschten in den Schacht hinab. – Nichts.

      »Was war’s denn?« flüsterte endlich der alte Marionettenspieler; doch sofort packte ihn Prokop heftig beim Handgelenk.

      Einen Augenblick – kaum einen Herzschlag lang – hatte es mir geschienen, als klopfte da unten eine Hand gegen eine Eisenplatte – fast unhörbar. Als ich eine Sekunde später darüber nachdachte, war alles vorbei; nur in meiner Brust hallte es wie ein Erinnerungsecho weiter und löste sich langsam in ein unbestimmtes Gefühl des Grauens auf.

      Schritte, die die Gasse heraufkamen, verscheuchten den Eindruck. »Gehen wir; was stehen wir da herum!« mahnte Vrieslander.

      Wir schritten die Häuserreihe entlang.

      Prokop folgte nur widerwillig.

      »Meinen Hals möcht ich wetten, da unten hat jemand geschrien in Todesangst.«

      Niemand von uns antwortete ihm, aber ich fühlte, daß etwas wie leise dämmernde Angst uns die Zunge in Fesseln hielt.

      Bald darauf standen wir vor einem rotverhängten Schenkenfenster.

      SALON LOISITSCHEK

      Heinte großes Konzehr

      stand auf einem Pappendeckel geschrieben, dessen Rand mit verblichenen Photographien von Frauenzimmern bedeckt war.

      Ehe noch Zwakh die Hand auf die Klinke legen konnte, öffnete sich die Eingangstür nach innen, und ein vierschrötiger Kerl mit gewichstem schwarzem Haar, ohne Kragen – eine grünseidene Krawatte um den bloßen Hals geschlungen und die Frackweste mit einem Klumpen aus Schweinszähnen geschmückt –, empfing uns mit Bücklingen.

      »Jä, jä, das sin mir Gästäh. – Pane Schaffranek, rasch einen Tusch!« setzte er, über die Schulter in das von Menschen überfüllte Lokal gewendet, hastig seinem Willkommensgruß hinzu.

      Ein klimperndes Geräusch, wie wenn eine Ratte über Klaviersaiten liefe, war die Antwort.

      »Jä, jä, das sin mir Gästäh, das sin mir Gästäh. Da schaut man«, murmelte der Vierschrötige immerwährend eifrig vor sich hin, während er uns aus den Mänteln half.

      »Ja, ja, heinte ist der ganze verehrliche Hochadel des Landes bei mir versammelt«, beantwortete er triumphierend Vrieslanders erstaunte Miene, als im Hintergrund auf einer Art Estrade, die durch Geländer und eine zweistufige Treppe vom vorderen Teil der Schenke getrennt war, ein paar vornehme junge Herren in Abendtoilette sichtbar wurden.

      Schwaden beißenden Tabakrauches lagerten über den Tischen, hinter denen die langen Holzbänke an den Wänden vollbesetzt von zerlumpten Gestalten waren: Dirnen von den Schanzen, ungekämmt, schmutzig, barfuß, die festen Brüste kaum verhüllt von mißfarbigen Umhängetüchern, Zuhälter daneben mit blauen Militärmützen und Zigaretten hinter dem Ohr, Viehhändler mit haarigen Fäusten und schwerfälligen Fingern, die bei jeder Bewegung eine stumme Sprache der Niedertracht redeten, vazierende Kellner mit frechen Augen und blatternarbige Kommis mit karierten Hosen.

      »Ich stell ich Ihnen spanische Plente umadum, damit Sie schön ungestört sein«, krächzte die feiste Stimme des Vierschrötigen, und eine Rollwand, beklebt mit kleinen, tanzenden Chinesen, schob sich langsam vor den Ecktisch, an den wir uns gesetzt hatten.

      Schnarrende Klänge einer Harfe machten das Stimmengewirr im Zimmer verlöschen.

      Eine Sekunde eine rhythmische Pause.

      Totenstille, als hielte alles den Atem an.

      Mit erschreckender Deutlichkeit hörte man plötzlich, wie die eisernen Gasstäbe fauchend die flachen, herzförmigen Flammen aus ihren Mündern in die Luft bliesen – dann fiel die Musik über das Geräusch her und verschlang es. Als wären sie soeben erst entstanden, tauchten da zwei seltsame Gestalten aus dem Tabakqualm vor meinem Blick empor.

      Mit langem, wallendem, weißen Prophetenbart, ein schwarzseidenes Käppchen – wie es die alten jüdischen Familienväter tragen – auf dem Kahlkopf, die blinden Augen milchbläulich und gläsern – starr zur Decke gerichtet –, saß dort ein Greis, bewegte lautlos die Lippen und fuhr mit dürren Fingern wie mit Geierkrallen in die Saiten einer Harfe. Neben ihm in speckglänzendem schwarzem Taffetkleid, Jettschmuck und Jettkreuz an Hals und Armen – ein Sinnbild erheuchelter Bürgermoral –, ein schwammiges Weibsbild, die Ziehharmonika auf dem Schoß.

      Ein wildes Gestolper von Klängen drängte sich aus den Instrumenten, dann sank die Melodie ermattet zur bloßen Begleitung herab.

      Der Greis hatte ein paarmal in die Luft gebissen und riß den Mund weit auf, daß man die schwarzen Zahnstumpen sehen konnte. Langsam aus der Brust herauf rang sich ihm, von seltsamen hebräischen Röchellauten begleitet, ein wilder Baß:

      »Roo – n – te, blau – we Stern – –«

      »Rititit« (schrillte das Weibsbild dazwischen und schnappte sofort die keifigen Lippen zusammen, als habe sie schon zuviel gesagt).

      »Roonte, blaue Steern,

      Hörndlach ess i’ ach geern.«

      »Rititit.«

      »Rotboart, Grienboart,

      allerlaj Stern – –«

      »Rititit, rititit.«

      Die Paare traten zum Tanze an.

      »Es ist das Lied vom ›chomezigen Borchu‹«, erklärte uns lächelnd der Marionettenspieler und schlug leise mit dem Zinnlöffel, der sonderbarerweise mit einer Kette am Tisch befestigt war, den Takt. »Vor wohl hundert Jahren oder mehr noch hatten zwei Bäckergesellen, Rotbart und Grünbart, am Abend des ›Schabbes Hagodel‹ das Brot – Sterne und Hörnchen – vergiftet, um ein ausgiebiges Sterben in der Judenstadt hervorzurufen; aber der ›Meschores‹ – der Gemeindediener – war infolge göttlicher Erleuchtung noch rechtzeitig draufgekommen und konnte die beiden Verbrecher der Stadtpolizei überliefern. Zur Erinnerung an die wundersame Errettung aus Todesgefahr dichteten damals die ›Landonim‹ und ›Bocherlech‹ jenes seltsame Lied, das wir


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