Dr. Norden Extra Box 2 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
fast eine fremde Frau.
*
Als Philipp heimkam, sagte ihm Marie, daß sich Michelle gleich hingelegt hätte.
»Sie ist hier?« staunte er. »Allein?«
Marie sah ihn verwirrt an. »Warum nicht allein?« fragte sie.
»Sie ist verheiratet.«
Marie riß die Augen auf. »Das wußte ich nicht«, stotterte sie.
»Ich dachte, jeder wüßte es«, murmelte er.
»Darf ich fragen, mit wem sie verheiratet ist?« Marie war verwirrt und verlegen.
»Carlos Dorant heißt er«, erwiderte Philipp ironisch.
»Ist das nicht ein Schauspieler?«
»So ist es, aber wir wollen ihm keine Ovationen bringen, meine Gute.«
»Was möchten Sie essen?« fragte Marie.
»Ich gehe aus. Hat Michelle eigentlich gesagt, ob ihr Mann kommt?«
»Kein Wort. Sie war nur müde. Nach Frau Laurentis hat sie gefragt.«
Doris wird hoffentlich ihre Kur nicht Michelles wegen unterbrechen, dachte er. Doris hatte nämlich gerade erst eine schwere Grippe überwunden.
Er brachte es nicht fertig, an Michelles Zimmer vorüberzugehen. Leise öffnete er die Tür.
Er liebte seine Schwester sehr, und was auch geschehen war, an seinen Gefühlen für sie änderte das nichts.
»Bist du das, Phil?« hörte er sie fragen.
»Ja, Schwesterchen, ich bin es. Darf ich dich stören?«
»Du darfst alles.«
Er setzte sich zu ihr ans Bett und küßte sie leicht auf die Schläfe.
»Warum hast du nicht mal angerufen?« fragte er.
»Es hat sich alles überstürzt.«
»Wo ist Carlos?«
»Nach Spanien zu Aufnahmen. Ich möchte mal wieder zu Hause sein.«
»Das freut mich. Ich bin heute abend mit Mona verabredet. Kommst du mit?«
»Nein, ich bin zu müde. Warum seid ihr eigentlich nicht verheiratet?«
»Sollten wir das?«
»Warum nicht?«
»Muß man immer gleich heiraten?«
»Gleich sicher nicht, das mag ein Fehler sein, aber ihr kennt euch doch schon lange, und sicher schläfst du doch auch mit ihr.«
»Sei nicht so indiskret, Michelle. Wir haben wenig Zeit füreinander.«
»Man kann doch darüber reden. Ist Mona böse auf mich?«
»Sie versteht nicht, daß du Dorant geheiratet hast. Es scheint ein Schock für sie gewesen zu sein.«
Sie wechselte wieder das Thema. »Möchtest du denn keine Kinder haben, Phil?«
»Doch, natürlich. Es ergibt sich dann schon.«
»Du läßt wohl alles an dich herankommen.« Es klang mißbilligend.
Er lachte leise.
»Es genügt doch, wenn du so impulsiv bist. Ich meine, du hättest mir wenigstens vorher mitteilen können, daß ihr heiratet.«
»In England geht es schneller. Und ich wollte kein großes Tamtam. Außerdem hatte Carlos Termine.«
»Sein letzter Film war ein Flop.«
»Er war miserabel. Ich beschönige ja nichts. Ich sage auch nicht, daß er der Größte ist. Aber du bist mit Mona verabredet. Ich will dich jetzt nicht aufhalten.«
Sie will mich loswerden. Ich soll ihr wohl nicht zu direkte Fragen stellen, dachte er.
»Wie lange wirst du bleiben?« fragte er.
»Ich weiß es noch nicht. Aber sicher einige Zeit.«
Na dann, dachte Philipp, da stimmt was nicht.
*
Michelle fühlte sich elend, als Philipp gegangen war. Ihr war schwindelig, und ihr Magen rebellierte. Wahrscheinlich gehörte das zur Schwangerschaft. Dr. Norden hatte ihr gesagt, was sie vermeiden sollte. Keinen Alkohol trinken, nicht rauchen, auch nicht überanstrengen und regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen gehen.
Wollte sie denn überhaupt ein Kind von Carlos haben? War es nicht Trotz, es ihm präsentieren zu wollen? Und warum sollte sie sich eigentlich nicht von ihm trennen?
Sie wollte sich mal lieber beim Anwalt erkundigen, was sie eine Scheidung kosten würde, da er ja noch im Geschäft war. Dann war es ja nur eine ganz kurze Ehe. Vielleicht konnte die auch annulliert werden. Die widersprüchlichsten Gedanken bewegten sie nun.
Aber sollte sie sich so blamieren? Jetzt würde die Heirat doch erst recht publik werden, und dann sollte gleich darauf eine Scheidung folgen?
Früher hatte man ihr nachgesagt, daß sie sehr wählerisch sei, und ein paar Männer hatten sie sogar die eiserne Jungfrau genannt.
Verzweiflung packte sie plötzlich, doch dabei mußte sie sich allein die Schuld an dieser Misere geben.
Dr. Norden hatte gesagt, sie solle zu einem Gynäkologen gehen. Vielleicht riet ihr der, die Schwangerschaft zu unterbrechen, wenn es ihr schlechtging. Und es ging ihr schlecht. Dr. Norden wollte sie nicht fragen. Ihm hatte sie ja die glückliche Frau vorgespielt. Hatte sie ihn wirklich getäuscht? Was hatte man denn hier so über Carlos geredet und geschrieben?
Warum dachte sie erst jetzt darüber nach, warum nicht schon früher, bevor sie ja gesagt hatte zu dieser Ehe?
Aber Carlos hatte sie ja auch getäuscht. Er hatte von Liebe gesprochen und daß sie die einzige Frau sei, die ihn festhalten könnte. Keine andere hätte ihm soviel bedeutet. Sie solle die Gerüchte nicht ernstnehmen, und was nicht alles, und sie war wie benebelt gewesen.
Sie wankte ins Bad, stellte sich unter die Dusche. Ihr wurde es ein bißchen wohler. Dann ging sie hinunter zu Marie und ließ sich einen Tee aufbrühen. Sie schluckte wieder die Tabletten.
Marie sah es.
»Sind Sie krank?« fragte sie besorgt. »Soll ich Dr. Norden rufen? Sie kennen ihn doch?«
»Ich war schon bei ihm. Ich fühle mich tatsächlich nicht ganz wohl. Ich werde mich doch gründlich untersuchen lassen.«
»Ich will ja nicht aufdringlich sein, aber Herr Laurentis hat gesagt, daß Sie geheiratet haben. Ich möchte gern Glück wünschen.«
»Das kann ich brauchen, Marie. Aber reden wir jetzt nicht davon.«
*
»Mir geht Michelle nicht aus dem Sinn«, sagte Fee Norden abends zu ihrem Mann. »In der Abendzeitung ist eine kleine Notiz, daß Carlos Dorant in England die reiche Erbin Michelle Laurentis geheiratet hat. Die Hochzeit fand zwischen Filmaufnahmen statt. Das ist alles.«
»Wäre dir eine prunkvolle Hochzeit lieber, Fee?« scherzte er.
»Gar keine wäre mir am liebsten gewesen. Ich kenne Michelle, sie wird es bestimmt schnell bereuen.«
Sie konnte nicht ahnen, wie sehr sie es schon bereute.
Michelle hatte eine Flasche Sekt neben sich stehen und schon zwei Gläser getrunken. Marie hatte nur den Kopf geschüttelt, als sie diese selbst aus dem Keller holte. Früher hatte Michelle Alkohol nie angerührt. Und geraucht hatte sie auch nicht. Jetzt rauchte sie.
Daß sie wieder zwei Tabletten nahm, sah Marie nicht, aber sie sah Michelle an diesem Abend überhaupt nicht mehr, denn sie lag inzwischen schon wieder in tiefstem Schlummer in ihrem Bett, beinahe bewußtlos zu nennen.
Sie