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Fürstenkrone 11 – Adelsroman. Viola LarsenЧитать онлайн книгу.

Fürstenkrone 11 – Adelsroman - Viola Larsen


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Stirn kraust sich, so angestrengt denkt er nach. »Für mich ist Seine Durchlaucht eben der ernsteste und herrischste Mensch unter der Sonne.«

      Damit will Steff an Sabrina vorbei, aber diese hält ihn am Ärmel seiner grünen Joppe fest.

      »Haben Sie in der vergangenen Nacht Tante Tabea wieder erschreckt?«, fragt sie halb lachend, halb ernsthaft.

      Trotz des Dämmerlichtes, das im Flur herrscht, erkennt Sabrina ganz deutlich, dass eine tiefe und verräterische Röte in Steffs frische Wangen steigt. Aber er macht dabei runde Unschuldsaugen und versichert treuherzig: »Wo denken Sie denn hin, gnädiges Fräulein! Ich war es diesmal nicht! Auf meine Ehre, gnädiges Fräulein, ich war es nicht!«

      »Aber Sie wissen, wer oder was es war?«, forscht Sabrina unbarmherzig weiter.

      »Gott bewahre.« Steff schüttelt bekümmert seinen Rotschopf. »Dass Fräulein Tabea aber auch eine so schreckliche Angst vor Gespenstern hat, kann ich nicht verstehen«, bemerkt er noch grinsend, um dann mit seinem Holzkorb Sabrina zu entschlüpfen.

      Diese verharrt an der Treppe, die unmittelbar vom Flur zu den oberen Stockwerken des Schlosses führt. Als sie aber Fine das Lied vom Heideröschen singen hört, eilt sie entschlossen die knarrende Holzstiege hinauf.

      Im Korridor des Obergeschosses hockt Fine, umgeben von den Jagdstiefeln Seiner Durchlaucht, auf einem Schemel und rückt mit einer gewaltigen Stiefelbürste dem Leder zu Leibe, dass es eine wahre Pracht ist. Dabei singt sie falsch und laut.

      Als Sabrina sich ihr jetzt nähert, bricht ihr Gesang mit einem Schreckenslaut ab, und polternd fällt die Stiefelbürste zu Boden.

      »O heilige Gertrude!«, stammelt Fine. »Haben Sie mich jetzt aber erschreckt, gnädiges Fräulein!«

      »Sie werden doch nicht auch an Gespenster glauben wie Tante Tabea?«, meint Sabrina lachend. »Fine, ich möchte Sie etwas fragen …«

      »Ja, gnädiges Fräulein?«

      »Fine«, forscht Sabrina ernsthaft, »warum haben Sie Angst vor Seiner Durchlaucht?«

      Fine wird rot, zieht den Kopf ein bisschen ein und meint erst nach einer Weile unschlüssig: »Angst habe ich nicht richtig, gnädiges Fräulein, ich habe nur einen Heidenrespekt vor Seiner Durchlaucht.« Sie zuckt die rundlichen Schultern und fügt zögernd hinzu: »Für mich ist der Herr eben der finsterste, nein, der traurigste Mensch unter der Sonne. Er lacht nie, er scherzt nie, und er sieht einen immer so merkwürdig an.«

      Eine kleine Weile ist es still.

      »Sonderbar«, sagt Sabrina plötzlich versonnen, »bei mir war Fürst Wolfhart immer heiter und …«

      »Ja, zu Ihnen, gnädiges Fräulein!«, stimmt Fine zu und bearbeitet eifrig das Leder der Jagdstiefel. »Sie sind ja auch der Augapfel Seiner Durchlaucht. Aber sonst ist Seine Durchlaucht immer so unzugänglich, wortkarg und todtraurig, dass man sich in seiner Gegenwart nicht einmal zu niesen getraut.«

      Sie richtet sich ein wenig auf, und ihr rundes, frisches Gesicht wirkt ausgesprochen komisch, als es sich jetzt in düstere Falten zieht.

      »Ich glaube, dass Seine Durchlaucht an einem Kummer krankt, dass er ein Geheimnis mit sich herumschleppt …«

      Sie kommt nicht weiter, denn Sabrinas glockenhelles Lachen unterbricht ihren Satz.

      »Sie lesen zu viele Romane«, sagt Sabrina dann. »Nein, nein, Fine, Wolfhart soll an einem Kummer kranken und ein Geheimnis mit sich herumschleppen? Niemals!«

      Gekränkt wendet Fine da ihre Aufmerksamkeit wieder den Jagdstiefeln zu und meint:

      »Ich glaube, da gibt es gar nichts zu lachen, gnädiges Fräulein. Ganz im Gegenteil! Warum, frage ich, müssen alle Leute bei Dienstantritt unterschreiben, dass sie sich mit niemand in der Umgebung über das Schloss, seine Bewohner und die Vergangenheit des Schlosses unterhalten werden?«

      »Ach, das geschieht nur deshalb, weil Wolfhart das Gerede der Leute hasst«, weicht Sabrina aus.

      »Möglich, gnädiges Fräulein. Aber mir ist da etwas nicht geheuer. Meine Nase wittert ein Geheimnis.« Dabei reckt Fine ihre Stupsnase schnuppernd in die Luft. »Warum glaubt etwa Fräulein Tabea, die doch sonst eine sehr vernünftige und gescheite Frauensperson ist, an Gespenster? Und warum wurde vor Jahren die gesamte Dienerschaft entlassen? Warum hat man, mit Ausnahme von Fräulein Tabea und dem alten Sönke, lauter neue Leute eingestellt?«

      Sabrina steht diesen Fragen hilflos gegenüber.

      »Ich weiß es nicht«, gesteht sie ehrlich, »aber ich werde Fürst Wolfhart fragen, wenn er wieder hier ist.«

      Damit überlässt sie Fine ihrer Arbeit und eilt wieder die Treppe hinauf. Sie ist fest entschlossen, nun auch noch den alten Sönke zu fragen, warum er sich nicht auf die Rückkehr Seiner Durchlaucht freut.

      Sie trifft Sönke auf dem Speicher, wo der Alte damit beschäftigt ist, die Fahne der Fürsten von Ravenhill zu entfalten. Es ist eine wunderschöne Fahne. Auf moosgrünem Grund schimmert silbern das Wappen der Ravenhills – ein Falke auf gekreuzten Degen.

      »Die Fürsten von Ravenhill«, bemerkt Sönke, während er mit behutsamen Händen den kostbaren Stoff glättet und an der Fahnenstange befestigt, »die Fürsten von Ravenhill waren früher hervorragende Falkner. Ich habe es selbst erlebt, wie …«

      Sabrina weiß aus Erfahrung, dass Sönke nicht so rasch vom Thema abzubringen ist, wenn er einmal ins Erzählen geraten ist. Darum fragt sie rasch: »Sönke, warum haben Sie Angst vor Seiner Durchlaucht?«

      »Angst?«, fragt Sönke zurück, lacht dröhnend und gibt die Fahne dem Wind frei. »Ich sollte Angst vor Seiner Durchlaucht haben? Nein, ich habe keine Angst vor Seiner Durchlaucht, gnädiges Fräulein! Ich habe nur Mitleid mit ihm, denn es ist nicht zu ertragen, sehen zu müssen, wie er sich verändert hat, seit …«

      »Seit?«, forscht Sabrina, atemlos vor Spannung und innerer Erregung.

      Aber Sönke antwortet ihr nicht. Er zieht seine Schnupftabakdose aus der Joppe und genehmigt sich eine Prise.

      »Diese Tabakdose«, bemerkt er dabei, »hat mir der alte Fürst noch geschenkt. Ich sehe ihn noch vor mir stehen, den Falknerhandschuh übergestreift und bebend vor Erregung, ob der Vogel sich in die Lüfte erheben oder zu ihm zurückkehren werde.«

      »Sie leben immer nur in der Vergangenheit, Sönke«, sagt Sabrina leise.

      Der alte Sönke wirft ihr unter seinen buschigen weißen Brauen einen sonderbaren Blick zu.

      »Es ist besser, in der Vergangenheit zu leben«, antwortet er, »als in dieser lausigen Gegenwart.« Nach diesen Worten wendet er sich ab und stapft zur Speichertür. Die Holzstiegen der Treppe knarren unter seinen schweren Schritten.

      Dann wird es still. Nur die Fahne der Fürsten von Ravenhill mit dem silbernen Falken auf grünem Grund flattert im Herbstwind, der übers Moor gezogen kommt.

      Sabrina beugt sich aus dem niederen Fenster.

      Der Dachfirst des Schlosses springt an dieser Stelle weit vor, sodass sie nur ein Zipfelchen blühender Erika, ein Stück des braunen Moores und den Himmel sehen kann. Sonderbar, denkt sie dabei, jeder sieht Wolfhart anders, Tante Tabea behauptet, er sei der großherzigste, gütigste und edelste Mensch unter der Sonne, Steff meint, dass Wolfhart ernst und herrisch sei. Fine erklärt, er sei todtraurig, kranke an einem Kummer und schleppe ein Geheimnis mit sich herum, und Sönke hat Mitleid mit ihm. Ich aber – ich habe ihn ganz einfach lieb!

      In diesem Augenblick wird auf der Fahrstraße, die die Heideinsel mit dem Moordorf verbindet, eine schwarze Limousine sichtbar, und Sabrina glaubt, ihr Herzschlag setze aus.

      Ein heißes, schwindelndes Glücksgefühl packt sie, und eine Stimme jubelt in ihrem Herzen: Wolfhart kehrt heim!

      Sie eilt über den Speicher und jagt die Treppe hinunter.

      »Seine Durchlaucht kommt!«, verkündet sie der bestürzten Fine, die vor Schreck prompt wieder


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