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Fürstenkinder Staffel 1 – Adelsroman. Helga TorstenЧитать онлайн книгу.

Fürstenkinder Staffel 1 – Adelsroman - Helga Torsten


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Kater mit in die Oper genommen hast, ohne daß ich es gemerkt habe?«

      »Ist aber so!« piepste Vronli und ließ ihr Harlekinchen auf ihrem Schoß tanzen.

      »Du hast ja nirgendwo hingeguckt!« rechtfertigte sich Stoffel. »Na, und als es dunkel wurde, hast du doch geschlafen, Papa!«

      Weil ich rechtschaffen müde war! verteidigte sich der Mann innerlich.

      Und nun schien diese Aufführung einfach ein Ereignis zu sein.

      Wenigstens dem rasenden Applaus nach.

      Oder hörte Michail von Bassarow die Stimme des Kritikers der größten Tageszeitung neben sich sprechen: »Das ist einfach einmalig. Diese Schneekönigin ist ein Erlebnis. Und kurzfristig soll die Kleine eingesprungen sein. Nun, ich werde für eine Karriere sorgen.«

      »Von wem?« fragte Michail von Bassarow.

      »Von dieser jungen Jasmine Rasmussen. Wissen Sie nicht, daß sie Künstlerkreisen entstammt? Ihr Vater war ein berühmter Dirigent. Und die Tochter – Herrgott – dieses Geschöpfchen macht einen ja verrückt!«

      »Unsere Jasmine!« flüsterte ganz zart die kleine Vronli jetzt. »Papa, das ist doch Jasmine, die uns damals gerettet hat, als das Wasser kam.«

      Jasmine… Jasmine…

      Michail Fürst von Bassarow wiederholte den Namen beinahe mechanisch.

      Ja, natürlich, er hatte diesem Mädchen geschrieben, sich bedankt.

      Hatte er ihr nicht auch eine Tasse zuschicken lassen? Er wußte es selbst nicht mehr.

      Er hatte sie nie gesehen, die Lebensretterin seiner Kinder.

      Erst jetzt, da das Orchester sich anschickte, erneut den letzten Teil des Balletts zu wiederholen, schaute er zur hellerleuchteten Bühne.

      Wo nur war ihm dies süße, von innerer Wärme strahlende Antlitz schon einmal begegnet?

      Plötzlich erinnerte sich der Mann des kleinen Gemäldes, das er kurz vor der Abfahrt in die Oper betrachtet hatte.

      Ja, diese Schneekönigin auf der Bühne sah aus wie die mädchenhafte, beinahe etwas schalkhafte Madonna auf dem Bild, dessen Maler man noch nicht festgestellt hatte.

      Ein Gemälde – ein Kunstwerk! urteilte der Mann, während sein Blick die anmutige Gestalt auf der Bühne umfing, die jetzt ihre Zugabe tanzte.

      Und das alles mit dem wie zum Ballett gehörenden Kater Julius.

      Michail Fürst von Bassarow war es, als habe sein Herz einen schmerzhaften Stich erhalten: Dieses Mädchen war kein anmutiges Gemälde, kein Kunstwerk; es war mehr, viel mehr!

      Das Leben! dachte der Mann.

      »Papa!« sagte Vronli zaghaft. Sie hatte den Vater beobachtet. »Papa, ist dir nicht gut? Du siehst so… so anders aus?«

      »Wirklich?« Michail von Bassarow war es, als wache er aus einem Traum auf.

      »Bist du böse wegen Julius?« forschte Vronli ängstlich.

      »Aber Papa, alle haben sich über Julius gefreut!«

      »Und wie der tanzt!« fügt Stoffel hinzu.

      »Man nimmt keine Katzen mit ins Theater!« wehrte der Mann zaghaft ab.

      »Sag’s nicht Frau Franzen!« bat Stoffel.

      »Nichts sag’ ich!« Der Mann richtete die sportlich gestählte Gestalt, die nicht an einen Kunstgelehrten erinnerte, plötzlich straff auf. »Aber den Julius, euren Julius, den hole ich mir nach der Vorstellung selbst hinter der Bühne hervor.«

      »Aber…«, Stoffel stammelte. »Du schimpfst nicht, Papa? Nicht mit Julius und nicht mit Jasmine.«

      »Jasmine?« Wie verloren sprach der Mann diesen Namen.

      »Ja, die Schneekönigin, Papa. Aber wenn du Jasmine siehst, sieht sie ganz anders aus. Die trägt einen schrecklich schäbigen Kapuzenmantel. Und sie hat auch keine silbernen Haare wie auf der Bühne. Sie hat ganz kurz geschnittenes Haar. Na, das sieht aus wie Kastanien.«

      In Stoffel erwachte der Sohn seines Vaters, ein kleiner, noch unerweckter Kunstexperte.

      »Tizianrot!« erläuterte er sehr stolz. »Nicht, so nennt man das doch?«

      Michail von Bassarow nickte beinahe mechanisch.

      Jasmine – Schneekönigin! Ein Mädchen, das tanzt, ein Mädchen, das an eine Madonna erinnerte, von der man den Blick nicht wenden kann – und auch nicht… das Herz!

      Herrgott!

      Weshalb aber fand er keine Ruhe?

      Gab es keine Schneekönigin? Keinen Kater Julius?

      *

      »Kleines Fräulein«, sagte eine Stunde später der Fürst Bassarow in der Garderobe der Ballettmädchen. »Kleines Fräulein, ich wäre glücklich, wenn Sie…«

      Mein Gott, weshalb fand er, der Redegewandte, der stets über allen Dingen Stehende, in diesem Augenblick nicht die passende Ausdrucksform? »Nun, wenn Sie meine Kinder einmal besuchen würden. Und im übrigen… ich bin Ihnen zutiefst verpflichtet.«

      Jasmine, die erst halb abgeschminkt war und ein erhitztes Gesichtchen hatte, lachte laut und herzlich.

      »Sie sind mir überhaupt nicht verpflichtet, Fürst oder Herr von Bassarow. Ich weiß nicht, was Sie hören wollen. Ich habe Ihre Kinder lieb. Und Julius, Stoffels Kater, hat mir einfach zu einem enormen Erfolg verholfen. – Nicht wahr, Julius?«

      Jasmine beugte sich zu dem grauen Kater mit dem mächtigen Bart hinab, der sie jetzt auch in der Garderobe zärtlich umstrich.

      »Dir habe ich überhaupt meinen großen Erfolg zu verdanken, ja, dir ganz allein!«

      Jasmines strahlende Augen schauten zu dem Mann empor.

      »Jasmine!« sagte Michail von Bassarow sehr eindringlich, sehr leise.

      Er wiederholte diesen Namen noch einmal und auch die Aufforderung: »Bitte, besuchen Sie die Kinder und… mich, Schneekönigin!«

      Und dann fügte der Mann hinzu: »Natürlich erwarte ich nicht, daß Sie Ihre Zeit opfern. Sinnlos opfern. Am nächsten Mittwoch muß ich einen vorweihnachtlichen Ball bei mir veranstalten. Geben Sie mir einen Korb, wenn ich Sie bitte, an diesem Tag zu kommen?«

      »Jasmine! Schneekönigin!«

      In diesem Augenblick meldeten sich Stoffel und Vronli, die auch zur Garderobe gefunden hatten. »Bitte, komm doch! Das wird ein ganz großes Fest. Aber… aber du mußt auch zu uns kommen!«

      Jasmine saß jetzt vor dem Spiegel, sie schminkte sich ab. Sie war nun keine Schneekönigin mehr, sondern ein sehr kleines und beinahe hilfloses Mädchen, das nicht ganz genau wußte, wie es sich zu entscheiden hatte.

      »Ich…« Nun stammelte die kleine Jasmine. »Ich weiß doch nicht… ich habe kein festliches Kleid…«

      »Du bist immer schön!« Stoffel baute sich vor Jasmine auf; seine dunklen Augen begegneten denen des Vaters.

      »Findest du das nicht auch, Papa?«

      Michail Fürst von Bassarows Blick umfaßte die schmale, anmutige Gestalt vor dem Spiegel. »Ja, sie ist immer schön, eure Jasmine.«

      Wieder aus den Träumen zurückgekehrt, erklärte er formell und sehr ruhig, wie es einem Mann seines Standes gebührte: »Fräulein Rasmussen, ich würde mich geehrt fühlen, wenn Sie meiner Einladung Folge leisteten.«

      Da lächelte die kleine Jasmine. »Also, Fürst Bassarow, ich komme. Und den Stoffel und das Vronli will ich genauso wiedersehen wie den Kater Julius, der mir zu meinem heutigen Erfolg verholfen hat. Abgemacht?«

      Der hochgewachsene dunkelhaarige Mann mit dem scharfgeschnittenen bräunlichen Antlitz neigte den Kopf.

      »Abgemacht!«


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