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Sophienlust Staffel 15 – Familienroman. Susanne SvanbergЧитать онлайн книгу.

Sophienlust Staffel 15 – Familienroman - Susanne Svanberg


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mit gerösteten Kartoffeln vom Herd zog.

      Ein anderes Mal hatte Betti weniger Glück. Im Vorraum stand auf einem niedrigen Schränkchen eine kleine Vase aus handbemaltem Porzellan. Schon seit geraumer Zeit zeigte Peterle eine deutliche Vorliebe für dieses Erbstück, doch bisher hatte es sich jenseits seiner Reichweite befunden. Seit er laufen konnte, hatte sich das geändert. Doch daran hatte niemand gedacht.

      Betti war gerade damit beschäftigt, den Teppich abzusaugen, als plötzlich Peterles Geschrei an ihre Ohren drang. Sie stellte den Staubsauger ab und sah sich nach dem Jungen um.

      Das Geschrei des Kleinen war leiser geworden, er schluchzte nur mehr herzzerbrechend und sah zu Boden. Betti folgte seinen Blicken. O weh! Da lag die Vase, in zwei Stücke zerbrochen.

      Peterle setzte sich abrupt nieder und wollte nach den Scherben greifen, aber Betti kam ihm zuvor. »Nein, warte – ich hebe das auf!«, rief sie. »Da muss man vorsichtig sein, sonst schneidet man sich in den Finger und blutet.«

      Peterle verstummte und beobachtete Betti, wie sie die Stücke aufhob. Er schien zu hoffen, dass sie die Vase wieder ganz machen könne. Als er merkte, dass sie die Scherben auf das Schränkchen legte, ohne dass wieder eine Vase daraus wurde, brach er erneut in lautes Weinen aus. Das lockte seine Eltern herbei.

      Hans-Joachim erschien als Erster. »Was soll dieses Geschrei? Hast du dir wehgetan, Peterle?«, fragte er und hob seinen Sohn auf. »Wein doch nicht so. Gleich ist alles wieder gut. Zeig mir, wo hast du dir wehgetan?«

      Peter schluchzte auf.

      Nun erschien auch Andrea. Auch sie war der Meinung, dass Peter hingefallen sei und sich wehgetan habe. Sie befühlte seinen Kopf, suchte nach einer Beule, fand jedoch keine.

      Peterle streckte seine Hände aus. Andrea besah sie und meinte dann: »Außer dass sie schmutzig sind, kann ich an deinen Händen nichts entdecken.«

      Betti hatte schon die ganze Zeit über die Angelegenheit aufklären wollen, kam aber erst jetzt zu Wort. »Peterle hat sich nichts getan«, erklärte sie. »Er hat bloß die Vase zerbrochen.«

      »Bloß die Vase?« Hans-Joachims Blick fiel auf die Scherben. »Peter! Du schlimmer Junge!« Er stellte seinen Sohn auf den Boden und griff nach den beiden Bruchstücken.

      »Schimpf nicht«, versuchte Andrea ihren Mann zu besänftigen. »Er hat es bestimmt nicht mit Absicht getan.«

      »Das will ich auch hoffen«, grollte Hans-Joachim.

      »Er ist doch selbst traurig darüber, dass die Vase kaputt ist«, meinte Betti. »Sie hat ihm so gut gefallen. Ich weiß nicht, wie es passiert ist. Wahrscheinlich hat er danach gegriffen, und sie ist ihm aus der Hand gerutscht.«

      Andrea hatte Peterle wieder hochgehoben und wischte nun seine Tränen fort. »Wein nicht wegen der dummen Vase«, tröstete sie ihn.

      »Dumme Vase?«, fragte Hans-Joachim vorwurfsvoll. »Das war ein Erbstück von Großtante Valeri. Meine Eltern haben immer sorgfältig …«

      »Wenn es ein Erbstück ist, so hätte es ohnehin eines Tages Peter gehört. Er hat also nur sein Eigentum beschädigt«, unterbrach Andrea ihren Mann.

      Über diese Beweisführung musste Hans-Joachim so lachen, dass er seinem Sohn verzieh.

      *

      Beinahe hätte Betti mit der Zeit Evis Vater vergessen. Doch Evi selbst war es, die eines Tages das Gespräch auf ihn brachte und Bettis nagende Zweifel zu neuem Leben erweckte.

      Betti hatte für Evi einen roten Faltenrock und ein rotweiß gemustertes Jäckchen gestrickt und ließ das Kind nun die beiden Kleidungsstücke probieren.

      Erst sah Evi an sich herunter, aber dann lief sie zum nächsten Spiegel, um sich und Bettis Erzeugnisse gebührend zu bewundern. Sie drehte sich nach rechts und nach links und war mit ihrer Erscheinung offenbar sehr zufrieden.

      »Na, gefällt es dir?«, fragte Betti, die insgeheim von ihrem Werk sehr angetan war.

      »Ja, es ist sehr schön!« Evi drehte sich noch einmal, sodass das Röckchen flog. »Das hast du schön gemacht«, sagte sie zu Betti. Doch zog sie ihre kleine Stirn kraus. »Schade, dass Vati mich nicht sehen kann«, meinte sie bedauernd. »Sicher würde ihm mein neues Gewand auch gefallen.«

      »Hast du … Möchtest du deinen Vater wiedersehen?«, fragte Betti mit bebender Stimme.

      Evi zögerte nicht mit der Antwort. »Ich werde ihn wiedersehen«, erklärte sie bestimmt. »Wenn ich groß bin, fahre ich zu ihm und pflege ihn so lange, bis er wieder gesund ist.«

      Betti war sprachlos. Da lebte sie so eng mit dem Kind zusammen und hatte von diesem Vorsatz nie etwas geahnt. Zugleich musste sie über die Naivität des Kindes ein wenig lächeln, obwohl sie traurig war. »Ach, Evilein«, sagte sie, »es dauert doch noch so lange, bis du groß bist.«

      »Dann möchte ich schon früher zu meinem Vati fahren«, erwiderte Evi.

      »Aber, Evi, bist du denn nicht gern bei mir?«, fragte Betti.

      »O ja, schon, aber Vati …« Evi stockte, und Betti sah ein, dass sie das Kind in keinen Zwiespalt stürzen durfte.

      Betti überlegte und kam dann plötzlich zu einem Entschluss. »Weißt du was, Evi?«, sagte sie spontan. »Ich werde Frau von Lehn – Tante Andrea – um Urlaub bitten und mit dir zu deinem Vati fahren.«

      »Oh, wirklich? Wir werden Vati besuchen?«

      »Ja, das werden wir. So bald wie möglich fahren wir los.«

      Es lag nicht in Bettis Natur, ein getroffenes Vorhaben lang aufzuschieben. Deshalb setzte sie Andrea von Lehn umgehend von ihrem Plan in Kenntnis.

      Andrea war darüber nicht sehr begeistert. »Sind Sie sicher, dass dieser Besuch Evi guttun wird?«, gab sie zu bedenken.

      »Ja, warum denn nicht?«

      »Es ist möglich, dass sich der Vater dem Kind gegenüber ablehnend verhält«, meinte Andrea nachdenklich.

      »Das kann ich mir nicht vorstellen«, erwiderte Betti. »Sogar Helmut ist in letzter Zeit sehr freundlich zu Evi, da wird doch ihr eigener Vater … Nein, ich bin überzeugt, er muss sein Kind einfach gernhaben.«

      »Wie Sie meinen«, entgegnete Andrea etwas reserviert. »Ich will Ihnen nichts in den Weg legen. Ich hoffe nur, dass Sie und das Kind nicht enttäuscht werden. Kennen Sie überhaupt die Adresse von Herrn Gleisner?«

      »Nein.«

      »Ich werde mich erkundigen und nachsehen, welcher Zug für Sie am günstigsten ist. Selbstverständlich bringe ich Sie und das Kind zur Bahn.«

      *

      Insgeheim sah Betti einer neuerlichen Fahrt mit dem Zug nur mit Grauen entgegen. Aber es half nichts, sie musste ihre Furcht überwinden und durfte sie dem Kind nicht zeigen.

      Mit gemischten Gefühlen verabschiedete sie sich von Andrea von Lehn, die sie und Evi wie versprochen zum Bahnhof nach Maibach gebracht hatte.

      »Und schicken Sie mir ein Telegramm, wann Sie zurückkommen?«, rief Andrea ihr nach. Betti hatte den genauen Termin ihrer Rückkehr nicht angeben können, da es schließlich ganz auf den Empfang ankam, der ihr und dem Kind im Bayerischen Wald bereitet werden würde.

      Evi schien keine bleibende Abneigung gegen Bahnfahrten davongetragen zu haben. Sie belegte ein leeres Abteil mit Beschlag, stürzte zum Fenster und beugte sich hinaus, um Tante Andrea zuzuwinken. Betti verstaute den Koffer und eine Reisetasche. Viel Gepäck hatten sie nicht bei sich, denn sie würden umsteigen müssen.

      Betti biss sich auf die Lippen und wunderte sich über Evis Unbefangenheit. Jetzt, wo sie im Zug saß, kehrte die Erinnerung an das Unglück in vollem Umfang zurück. Sie glaubte, neuerlich das Bersten und Krachen und die Schreie der Verletzten zu vernehmen. Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen.

      »Was hast du, Betti?«, fragte Evi.

      »Du bist ja ganz blass.


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