Mami Staffel 13 – Familienroman. Lisa SimonЧитать онлайн книгу.
laufen wollte, verstellte Herr Kaiser ihr den Weg, bellte und stupste sie behutsam zurück. Auch die anderen Lufthungrigen, die auf den Bänken saßen, amüsierten sich über die beiden.
Gespannt beobachteten sie das Schauspiel. Stephanie krähte empört, wollte den Hund zur Seite schieben. Aber Herr Kaiser kannte seine Pflicht, er bellte, winselte.
»Er ist das beste Kindermädchen«, lachte Herr Poppel glücklich. »Was für ein Glück, daß Laura ihn ins Haus brachte. Sehen Sie doch nur, Stephanie hat nicht einmal Lust, mit anderen Kindern zu spielen, der Hund genügt ihr.«
»Jetzt kann ich es ja sagen«, vertraute Frau Wagenfeld dem Freund an, ja, er war für sie ein Freund. »Ich habe mir manchmal Gedanken gemacht, ob es normal war, daß Stephanie so wenig sprach, und wenn, dann krähte sie nur, und man konnte sie nicht verstehen. Der Hund ist tatsächlich ein Segen für sie.«
Die Sonne versteckte sich einen Moment hinter einer dicken Wolke, die wie geschlagene Sahne aussah.
»Und Laura? Wie steht Laura zu Harro?« wagte Frau Wagenfeld zu fragen. Sie machte ein so ängstliches Gesicht, daß Herr Poppel beruhigend seine Hand auf ihre Finger legte.
»Laura ist sehr klug. Sie hat einmal eine Enttäuschung hinter sich, sie ist vorsichtig geworden, vielleicht sogar zu vorsichtig. Natürlich genießt sie seine Aufmerksamkeit.«
»Hoffentlich hofft sie nicht, daß er sie heiratet«, flüsterte Frau Wagenfeld gepreßt. »Sie kennen seine Mutter nicht, Joachim. Sie ist der Kopf der Familie, sie bestimmt alles. Im Augenblick ist eine junge Dame zu Gast, sie kommt aus einem reichen Haus. Die Erdmanns brauchen nämlich Geld. Sie haben noch immer Geld geheiratet. Der Mensch und die Liebe sind dort oft zu kurz gekommen.«
»Ob Sie es Laura sagen?« überlegte Poppel ängstlich.
»Ich weiß es nicht. Ich habe mir geschworen, mich nicht einzumischen. Ich kann nur auf Lauras gesunden Verstand vertrauen.«
Stephanie rannte über den Rasen auf sie zu. In der kleinen Faust quetschte sie die Blumen, strahlend lief sie auf die beiden zu.
»Für dich, Omi.« Sie streckte ihr die Blumen entgegen, die leider Köpfe und Blätter hängen ließen. Aber Frau Wagenfeld nahm sie, als wäre es der schönste Strauß, den sie je bekommen hatte.
»Du kriegst keine Blumen, du Kriegst einen Kuß.« Sie hatte einen Moment Herrn Poppel angestarrt und war zu dem Ergebnis gekommen. Schmatzend küßte sie ihn auf die Wangen und rannte schon wieder davon. Mit übermütigen Sprüngen lief Herr Kaiser neben ihr her.
*
Laura räumte das kostbare Porzellan aus der Kiste. Als die Tür geöffnet wurde und die Musik erklang, sah sie auf, nicht übermäßig begeistert, als sie den Besucher erkannte.
»Harro, du schon wieder?« staunte sie. »Du warst doch erst gestern hier.«
»Also, den Empfang habe ich mir anders vorgestellt.« Er brauchte den Beleidigten nicht zu spielen, Harro war wirklich gekränkt. Es war nicht leicht gewesen, sich vom Lindenhof loszueisen. Hier war er, und statt ihm um den Hals zu fliegen, zeigte Laura nicht einmal Freude. Für seine Erwartungen erhob sie sich viel zu langsam.
Sie lachte über ihn, als wäre er ein störrischer Junge.
»Entschuldige, daß ich mich wundere. Aber du bist doch erst gestern abend fortgefahren, Harro. Immerhin liegen zwischen dem Lindenhof und dieser Stadt einige Kilometer.«
»Da siehst du, was du mir bedeutest. Mir ist keine Mühe zu groß. Ich zeige dir fortwährend meine Liebe, ich umwerbe dich, wie ich noch nie einem Mädchen den Hof gemacht habe.«
»Ich weiß es zu schätzen.« Sie lächelte. Sie trug eine einfache helle Hose, eine bunte Bluse, die ihr locker über die Hüften hing. Ihr schönes Haar hatte sie mit einem Tuch bedeckt.
Er mochte sie nicht in diesem Aufzug und doch bemerkte er, wie schön sie sogar in dieser Kleidung war.
»Hast du eine Stunde Zeit für mich, Laura? Ich möchte mit dir ein wenig bummeln gehen, und dann bin ich gekommen, um dir einen Vorschlag zu machen.«
Sie hatte ihn flüchtig auf beide Wangen geküßt und hatte dann rasch Abstand zwischen sich und ihn gebracht. Auch das registrierte er gekränkt.
»Schieß los.« Sie hockte schon wieder vor der Kiste und schälte ein Milchkännchen aus der Holzwolle, mit der man das Porzellan geschützt hatte.
»Ich habe für das Wochenende eine Überraschung für dich. Wir werden nach Wien fahren, abends in die Oper gehen, durch Wien bummeln. Das Hotel habe ich schon bestellt.«
Sie hielt das Porzellan in der Hand und kniete noch immer auf dem Boden. Mit einem rätselhaften Blick sah sie zu ihm hinauf.
»Da muß ich dich enttäuschen, Harro. Am Wochenende kann ich nicht. Falls du es vergessen haben solltest, ich habe eine Tochter.«
Und er Narr hatte geglaubt, sie würde ihm vor Freude um den Hals fallen. Sie benahm sich wirklich immer anders, als man erwartete, vollkommen anders als die Mädchen, in die er bisher verliebt gewesen war.
»Das weiß ich. Einen Hund auch. Im Ernst, Laura, was soll das? Du weißt doch genau, daß Herr Poppel und Stephanie bestens miteinander auskommen. Er ist doch froh, wenn er das Kind für sich allein hat.«
Sie erhob sich. In der hellen Hose kamen ihre langen Beine vorteilhaft zur Geltung. Kleine Locken stahlen sich aus dem Kopftuch und fielen über ihre Stirn.
»Ich kann Joachim unmöglich ein ganzes Wochenende das Kind zumuten. Stephanie ist in den letzten Wochen sehr lebhaft geworden, sie versucht ständig, ihren kleinen Kopf durchzusetzen. Sie ist für Joachim zu anstrengend. Nein, Harro, es tut mir leid für die Mühe, die du dir gegeben hast. Aber bevor du etwas planst, solltest du doch vielleicht mit mir darüber sprechen.«
Er war vor Ärger dunkelrot geworden.
»Du hast also keine Lust.«
Sie stellte behutsam, als hätte sie Angst, es könnte ihr aus der Hand fallen, das Kännchen auf den Tisch.
»Willst du mich absichtlich falsch verstehen?« Ihre Wangen waren vor Ärger rot geworden. Ihre braunen Augen hatten schon als Kind so intensiv geleuchtet, wenn sie wütend gewesen war. Wie Sonnenblumen, hatte er ihr einmal erklärt.
Sie musterte ihn mit weit geöffneten Augen, als wäre sie es, die man enttäuscht hatte.
»Ich habe ein Kind, Harro.«
»Hör auf, mit mir zu reden, als wäre ich schwachsinnig«, fuhr er sie an. »Wenn du mich so liebtest, wie ich dich liebe, dann würdest du genauso verrückt darauf sein, so viele Stunden wie nur möglich mit mir zu verbringen. Aber dir ist ja alles wichtiger als ich. Deine Tochter, deine Arbeit, Herr Poppel, sogar der blöde Hund.«
Sie hatte schon den Mund zu einer heftigen Antwort geöffnet, aber dann lächelte sie. Das war typisch für sie, dachte er wütend. Mal platzt sie vor Wut, bringt mich zum Wahnsinn… und dann lächelte sie.
»Komm, Harro. Wie sagtest du früher immer, wenn ich meinen Rappel kriegte? Zieh die Bremse an.
Wir kennen uns doch. Wenn wir wütend sind, sagen wir Dinge, die wir hinterher bereuen. Bitte, geh in die Wohnung hinauf, ich hoffe, du kannst mit uns zu Mittag essen. Es duftet köstlich bis hierher. Oben findest du mein Töchterchen mit dem Hund, den wir Herr Kaiser getauft haben.« Sie sprach absichtlich in dem launigen Ton. Sie wußte doch, wie man ihn behandeln mußte. »Herr Poppel wird in seinem Zimmer sein, er fühlt sich heute nicht sehr gut.
Ich komme dir sofort nach, Harro.«
Er war halb versöhnt und natürlich überzeugt, daß er seinen Willen durchsetzen würde.
Auf dem Lindenhof ging er nie in die Küche, aber hier spielte sich das tägliche Leben in der Küche ab.
Nicht sehr begeistert sah er die dicke Haushälterin am Herd stehen. Stephanie hielt eine bunte Kette in der Hand, sie sah Harro nur flüchtig entgegen und wandte sich