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Buddenbrooks. Thomas MannЧитать онлайн книгу.

Buddenbrooks - Thomas Mann


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erste Gattin, die Tochter eines Bremer Kaufmannes, in rührender Weise geliebt haben, und das eine, kurze Jahr, das er an ihrer Seite hatte verleben dürfen, schien sein schönstes gewesen zu sein. »L'année la plus heureuse de ma vie«, stand dort, mit einer krausen Wellenlinie unterstrichen, auf die Gefahr hin, daß Madame Antoinette es las …

      Dann aber war Gotthold gekommen, und das Kind hatte Josephinen zugrunde gerichtet … Wunderliche Bemerkungen standen, was dies betrifft, auf dem rauhen Papier. Johann Buddenbrook schien dieses neue Wesen ehrlich und bitterlich gehaßt zu haben, von dem Augenblick an, wo seine ersten kecken Regungen der Mutter gräßliche Schmerzen bereitet hatten, – gehaßt zu haben, bis es gesund und lebhaft zur Welt kam, während Josephine, den blutleeren Kopf in die Kissen gewühlt, verschied, – und niemals diesem skrupellosen Eindringling, der kräftig und sorglos heranwuchs, den Mord der Mutter verziehen zu haben … Der Konsul verstand das nicht. Sie starb, dachte er, indem sie die hohe Pflicht des Weibes erfüllte, und ich hätte die Liebe zu ihr zärtlich auf das Wesen übertragen, dem sie das Leben schenkte, und das sie mir scheidend hinterließ … Er aber, der Vater, hat in seinem ältesten Sohne nie etwas anderes als den ruchlosen Zerstörer seines Glückes erblickt. Dann, später, hatte er sich mit Antoinette Duchamps, dem Kinde einer reichen und hochangesehenen Hamburger Familie, vermählt und respektvoll und aufmerksam hatten die beiden nebeneinander gelebt …

      Der Konsul blätterte hin und her im Hefte. Er las, ganz hinten, die kleinen Geschichten seiner eigenen Kinder, wann Tom die Masern und Antonie die Gelbsucht gehabt und Christian die Windpocken überstanden hatte; er las von den verschiedenen Reisen nach Paris, der Schweiz und Marienbad, die er mit seiner Gattin unternommen, und schlug zurück bis zu den pergamentartigen, eingerissenen, gelbgesprenkelten Blättern, die der alte Johann Buddenbrook, der Vater des Vaters, mit blaßgrauer Tinte in weitläufigen Schnörkeln beschrieben hatte. Diese Aufzeichnungen begannen mit einer weitläufigen Genealogie, welche die Hauptlinie verfolgte. Wie am Ende des 16. Jahrhunderts ein Buddenbrook, der älteste, der bekannt, in Parchim gelebt, und sein Sohn zu Grabau Ratsherr geworden sei. Wie ein fernerer Buddenbrook, Gewandschneider seines Zeichens, zu Rostock geheiratet, »sich sehr gut gestanden« – was unterstrichen war – und eine ungemeine Menge von Kindern gezeugt habe, tote und lebendige, wie es gerade kam … Wie wiederum einer, der schon Johan geheißen, als Kaufmann zu Rostock verblieben, und wie schließlich, am Ende und nach manchem Jahr, des Konsuls Großvater hierhergekommen sei und die Getreidefirma gegründet habe. Von diesem Vorfahren waren schon alle Daten bekannt: Wann er die Frieseln und wann die echten Blattern gehabt, war treu verzeichnet; wann er vom dritten Boden auf die Darre gestürzt und am Leben geblieben, obgleich eine Menge Balken im Wege gewesen seien, und wann er in ein hitzig Fieber mit Raserei verfallen, stand reinlich vermerkt. Und er hatte seinen Notizen manche gute Ermahnung an seine Nachkommen hinzugefügt, von denen, sorgfältig in hoher gotischer Schrift gemalt und umrahmt, der Satz hervorstach: »Mein Sohn, sey mit Lust bey den Geschäften am Tage, aber mache nur solche, daß wir bey Nacht ruhig schlafen können.« Und dann war umständlich nachgewiesen, daß ihm die alte, zu Wittenberg gedruckte Bibel zugehöre, und daß sie auf seinen Erstgeborenen und wiederum auf dessen Ältesten übergehen solle …

      Konsul Buddenbrook zog die Ledermappe zu sich heran, um dies oder jenes der übrigen Papiere herauszugreifen und zu überlesen. Da waren uralte, gelbe, zerrissene Briefe, welche sorgende Mütter an ihre in der Fremde arbeitenden Söhne geschrieben hatten, und die vom Empfänger mit der Bemerkung versehen waren: »Wohl empfangen und den Inhalt beherzigt.« Da waren Bürgerbriefe mit Wappen und Siegel der freien und Hansestadt, Policen, Gratulationspoeme und Patenbriefe. Da waren diese rührenden Geschäftsbriefe, die etwa der Sohn an den Vater und Kompagnon aus Stockholm oder Amsterdam geschrieben, die mit einer Beruhigung in betreff des ziemlich gesicherten Weizens die dringende Bitte verbanden, sogleich Frau und Kinder zu grüßen … Da war ein besonderes Tagebuch des Konsuls über seine Reise durch England und Brabant, ein Heft, auf dessen Umschlag ein Kupfer das Edinburger Schloß mit dem Graßmarkte darstellte. Da waren als traurige Dokumente die bösen Briefe Gottholds an seinen Vater und schließlich, als heiterer Abschluß, das letzte Festgedicht Jean Jacques Hoffstedes …

      Ein feines, eiliges Klingeln ließ sich vernehmen. Der Kirchturm droben, auf dem mattfarbigen Gemälde, das über dem Sekretär hing und einen altertümlichen Marktplatz darstellte, besaß eine wirkliche Uhr, die nun auf ihre Weise zehn schlug. Der Konsul verschloß die Familienmappe und verwahrte sie sorgfältig in einem hinteren Fache des Sekretärs. Dann ging er ins Schlafzimmer hinüber.

      Hier waren die Wände mit dunklem, großgeblümtem Tuche ausgeschlagen, dem gleichen Stoffe, aus dem die hohen Gardinen des Wochenbettes bestanden. Eine Stimmung von Erholung und Frieden nach überstandenen Ängsten und Schmerzen lag in der Luft, die, vom Ofen noch leise erwärmt, mit einem Mischgeruch von Eau de Cologne und Medikamenten durchsetzt war. Die geschlossenen Vorhänge ließen das Licht nur dämmernd herein.

      Über die Wiege gebeugt standen die beiden Alten nebeneinander und betrachteten das schlafende Kind. Die Konsulin aber, in einer eleganten Spitzenjacke, das rötliche Haar aufs beste frisiert, streckte, ein wenig bleich noch, aber mit einem glücklichen Lächeln ihrem Gatten die schöne Hand entgegen, an deren Gelenk auch jetzt ein goldenes Armband leise klirrte. Sie wandte dabei, nach ihrer Gewohnheit, die Handfläche soweit als möglich herum, was die Herzlichkeit der Bewegung zu erhöhen schien …

      »Nun, Bethsy, wie geht es?«

      »Vortrefflich, vortrefflich, mein lieber Jean!«

      Ihre Hand in der seinen, näherte er, den Eltern gegenüber, sein Gesicht dem Kinde, das rasch und geräuschvoll Luft holte, und atmete während einer Minute den warmen, gutmütigen und rührenden Duft ein, der von ihm ausging. »Gott segne dich«, sagte er leise, indem er die Stirn des kleinen Wesens küßte, dessen gelbe, runzlige Fingerchen eine verzweifelte Ähnlichkeit mit Hühnerklauen besaßen.

      »Sie hat prächtig getrunken«, bemerkte Madame Antoinette. »Sieh nur, sie hat stupende zugenommen …«

      »Wollt ihr mir glauben, daß sie Netten ähnlich sieht?« Johann Buddenbrooks Gesicht strahlte heute geradezu vor Glück und Stolz. »Blitzschwarze Augen hat sie, hole mich der Teufel …«

      Die alte Dame wehrte bescheiden ab. »Ach, wie kann man schon jetzt von einer Ähnlichkeit sprechen … Du willst zur Kirche, Jean?«

      »Ja, es ist zehn, – hohe Zeit also, ich warte auf die Kinder …«

      Und die Kinder ließen sich bereits hören. Sie lärmten ungebührlich auf der Treppe, während man das beruhigende Zischen Klothildens vernahm; dann aber traten sie in ihren Pelzmäntelchen – denn in der Marienkirche war es natürlich noch winterlich – leise und vorsichtig herein, erstens wegen der kleinen Schwester und zweitens, weil es nötig war, sich vor dem Gottesdienste zu sammeln. Ihre Gesichter waren rot und erregt. Welch ein Festtag heute! Der Storch, ein Storch mit braven Muskeln, entschieden, hatte außer dem Schwesterchen noch allerlei Prachtvolles mitgebracht: eine neue Schulmappe mit Seehundsfell für Thomas, eine große Puppe mit wirklichem – dies war das Außerordentliche – mit wirklichem Haar für Antonie, ein buntes Bilderbuch für die artige Klothilde, die sich aber still und dankbar fast ausschließlich mit den Zuckertüten beschäftigte, die gleichfalls eingetroffen waren, und für Christian ein komplettes Kasperle-Theater mit Sultan, Tod und Teufel …

      Sie küßten ihre Mutter und durften rasch noch einmal behutsam hinter die grünseidne Gardine blicken, worauf sie mit dem Vater, der seinen Pelerinenmantel übergeworfen und das Gesangbuch zur Hand genommen hatte, schweigend und ruhigen Schrittes zur Kirche zogen, gefolgt von dem durchdringenden Geschrei des neuen Familiengliedes, das plötzlich erwacht war …

       Inhaltsverzeichnis

      Zum Sommer, im Mai vielleicht schon, oder im Juni, zog Tony Buddenbrook immer zu den Großeltern vors Burgtor hinaus, und zwar mit heller Freude.

      Es lebte sich gut dort draußen im Freien, in der luxuriös eingerichteten Villa mit weitläufigen Nebengebäuden,


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