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Der Serienmörder von Paris. David KingЧитать онлайн книгу.

Der Serienmörder von Paris - David  King


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keine Probleme bereitet. Folglich musste eine mit dem Gebäude vertraute Person die Briefe gebracht haben. Khaït erinnerte sich zudem an die Verbitterung seiner Frau wegen der Drogenabhängigkeit Raymondes und an einige Gespräche, in denen sie die Überlegung anstellte, für die Zeitdauer des Prozesses in die freie Zone zu fliehen. Doch gleichzeitig wusste er, dass sie niemals Drogen genommen hatte.

      Am selben Morgen wurden Raymondes Rechtsanwalt, Maître Pierre Véron, zwei Briefe zugestellt. Beide – einer an ihn gerichtet, der andere an Raymonde – enthielten nahezu identische Informationen, verglichen mit den Schreiben an die Familie. Drei 100-Francs-Scheine lagen als Bezahlung dem Schreiben an den Rechtsanwalt bei.

      Das Hausmädchen, das sie entgegennahm, meinte, sie seien von Marthe Khaït abgegeben worden. Sie war sich sicher, da sie die Frau von früheren Besuchen her kannte. Später änderte sie ihre Aussage und behauptete, die Briefe seien von einer Frau gebracht worden, die Madame Khaït zum Täuschen ähnlich gesehen habe. Wie auch bei den zwei anderen Schriftstücken war der Ton eher formal gehalten. Darüber hinaus sprach sie kein Familienmitglied mit dem Kosenamen an. Auch hier konnten die Graphologen kein eindeutiges Ergebnis vorlegen.

      Und warum hätte Madame Khaït eigentlich überhaupt Dr. Petiot aufsuchen sollen? Wollte sie ihm erklären, dass sie bei der Täuschung der Behörden nicht mitmachte? Wollte sie bei Petiot das versprochene Geld für den Rechtsanwalt abholen, oder gab es einen anderen, bislang unbekannten Grund?

      Madame Khaïts Mann David wusste zuerst nicht, wie er sich verhalten sollte, gab dann aber der im Brief geäußerten Bitte nach und vermied die Polizei. Fernand benachrichtigte die Ordnungshüter erst am 7. Mai 1942. David Khaït hatte als Jude gute Gründe, den Kontakt zu den Behörden zu meiden, und suchte zuerst Petiot auf, der Madame Khaït am Tag der Verschwindens angeblich nicht gesehen hatte. Er beteuerte, er habe sie zuletzt bei dem Besuch im Appartement der Khaïts gesehen. „Ich weiß lediglich“, erzählte ihm Petiot in seiner Praxis, „dass sie sich in die unbesetzte Zone absetzen wollte.“

      Petiot meinte, ihr schon früher einen Kontakt vermittelt zu haben, um fliehen zu können. Während David Khaït wartete, nahm Petiot eine Postkarte und adressierte sie an einen gewissen „Monsieur Gaston – Plage, nahe Loupiac, Cantal“ im südwestlichen Frankreich. Dann kritzelte er einen Satz darauf: „Hast du schon die Reisegruppe gesehen, die ich zu dir schickte?“ Der Arzt frankierte die Karte und überreichte sie Khaït, der sie einwarf.

      Im folgenden Monat suchte David Khaït Petiot ein zweites Mal auf. Angeblich hatte der Doktor noch nichts von dem Kontaktmann gehört. Bei einer dritten Begegnung – und zwar Anfang Mai in Olmis Büro im Justizpalast – sagte Petiot, dass er gerade die Nachricht von seinem Bekannten erhalten habe, diese Madame Khaït nicht getroffen zu haben.

      „Du Mistkerl! Du Krimineller!“, schrie Khaït. „Du hast meine Frau umgebracht!“ Er habe die Tat an den Augen des Arztes ablesen können. Petiot erwiderte in aller Seelenruhe, dass der Mann verrückt sei und eingesperrt gehöre.

      Bei einer Befragung durch die Polizei gab Petiot zu Protokoll, nichts über den augenblicklichen Aufenthaltsort von Madame Khaït zu wissen, und verwahrte sich gegen die Anschuldigung, ihr Injektionen verabreicht zu haben. Angeblich hatte er einen Brief von der Tochter erhalten, die ihn bei der Polizei anschwärzen wollte, falls er nicht aussage, dass es sich bei den Rezepten um echte Dokumente gehandelt habe. Die Geschichte über die Injektionen war Petiots Aussage nach die Lüge einer Drogensüchtigen, die ihre eigene Haut retten wollte.

      Baudet wurde am 15. Juli 1942 schuldig gesprochen. Petiot musste einen Urteilsspruch und eine Geldstrafe wegen Handels mit Drogen hinnehmen. Jedoch gelang es dem Rechtsanwalt René Floriot im Januar 1943 die Strafen in den Fällen Van Bever und Khaït zu kombinieren und auf eine Summe von insgesamt 2.400 Francs herunterzudrücken. Trotz des Schuldspruchs hegten viele an dem Fall beteiligte Personen Zweifel. Maître Véron zum Beispiel drängte Untersuchungsrichter Olmi, Petiot wegen Menschenraubes oder Mordes anzuklagen. Er sollte in den folgenden Jahren noch eine wichtige Rolle im Leben des Verdächtigen spielen …

      Die Polizei hielt auch weiterhin Ausschau nach Madame Khaït, sowohl unter ihrem richtigen Namen als auch unter diversen von der Familie weitergegebenen anderen Namen, darunter der Mädchenname Fortin und Variationen des Familiennamens Lavie aus erster Ehe, wie Lavic, Laric und Lepic. Die Beamten fanden jedoch nicht die leiseste Spur von ihr. Drei Tage nach dem Verschwinden von Van Bever löste sich ein weiterer Belastungszeuge gegen Petiot also buchstäblich in Luft auf.

      Schließlich durchsuchte die Polizei die Wohnung des Arztes in der Rue Caumartin, fand aber nichts, was sich in irgendeinen Zusammenhang mit den verschwundenen Personen bringen ließ. Allerdings entdeckten sie in einem Büroschrank eine erstaunliche Anzahl an Juwelen, feinsten Leinen und anderen wertvollen Gegenständen, die Petiot als „Geschenke“ von Patienten bezeichnete, die ihre Rechnung nicht bezahlen konnten. Nachdem bei der Wohnungsdurchsuchung nicht der kleinste Hinweis entdeckt wurde, wandte sich der leitende Beamte Achille Olmi beinahe entschuldigend an Petiot und sagte: „Sie können beruhigt sein. Niemand beschuldigt Sie, die Leute in Ihrem Ofen zu verbrennen.“

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      MEIN LIEBER KOMMISSAR, ICH BENEIDE IHRE ERMITTLER NICHT, DENN SIE MÜSSEN DEN ÜBERRESTEN NAMEN GEBEN.

      (Dr. Albert Paul)

      Die Pariser Zeitungen schlachteten die Geschichte des Monsters aus dem eleganten 16. Arrondissement nach allen Regeln der Kunst aus. Marcel Petiot wurde als „der neue Landru“ tituliert, nach dem berüchtigten französischen Mörder, den man 1921 schuldig gesprochen hatte, elf Menschen getötet zu haben, zehn davon waren seine Geliebten. Le Petit Parisien wählte für diese auflagensteigernde Umschreibung am Montag, dem 13. März, eine Schlagzeile mit einer Buchstabengröße von fast fünf Zentimetern. Auch der L’Oeuvre nutzte die Titulierung an diesem Morgen und berichtete, dass 25 oder möglicherweise 30 Frauen in dem Beinhaus getötet oder „bei lebendigem Leibe verbrannt“ worden waren. L’Oeuvre und die zahlreichen Mistreiter auf dem Zeitungsmarkt der Hauptstadt lieferten sich einen wahren Wettstreit in der farbenprächtigsten Beschreibung des Mörders als eines sadistischen Triebtäters, der Frauen bis aufs Blut quälte, bevor er ihren letzten Überlebenskampf durch einen Spion beobachtete und sie nach dem Eintreten des Todes zerstückelte.

      Le Matin betonte insbesondere die „dämonische und erotische“ Natur des Verbrechens. Alle in der Rue Le Sueur entdeckten Leichen – abgesehen von den zerstückelten, verbrannten oder durch den Löschkalk unkenntlich gewordenen Überresten – waren nackt. Wann hatte der Mörder seinen Opfern die Kleider ausgezogen? War es bevor oder nachdem er sie gefesselt an die Haken der schalldichten Zelle gehängt hatte? Um die Vorstellungskraft der Leser anzuregen und ihnen wahre Alpträume zu verkaufen, berichtete die Zeitung, dass Dr. Petiot eine furchterregende Maske trug, während er die Opfer quälte und sie daraufhin umbrachte.

      Die von den Deutschen kontrollierte französische Presse berichtete über den Petiot-Fall für den Heimatmarkt, wohingegen die staatliche deutsche Nachrichtenagentur Deutsches Nachrichtenbüro (DNB) die Meldung über die „verkohlten und verstümmelten Skelette von 25 Frauen“, gefunden auf dem Grundstück des Arztes, international verbreitete. Fast jede Nacht berichtete das Organ detailliert über Petiot, der mit seinem Fahrrad in das leere Haus nahe des Triumphbogens gefahren war, um seinem bestialischen Handwerk nachzugehen, nämlich die Grube bis an den Rand mit Leichen zu füllen und den aus dem Schornstein aufsteigenden übelkeitserregenden Rauch zu verursachen.

      Das DNB, wie auch die Pariser Presse, berichtete gelegentlich, dass Georgette Petiot von den Aktivitäten ihres Mannes gewusst oder ihn sogar dabei unterstützt hatte. Manchmal wurde sie aber auch als Ehefrau dargestellt, die nichts von dem Doppelleben ihres Gatten ahnte. Meist charakterisierte die von den Deutschen kontrollierte Presse Petiot als Raubtier, das es besonders auf Frauen abgesehen hatte. Sie beschrieben einen Arzt, der seine Frau zu Hause zurückließ und sich zu nächtlichen Rendezvous in der Rue Le Sueur aufmachte. Die Nachbarn schauten weg, da sie nichts von der vermeintlich romantischen Liaison wissen wollten.

      Die weiblichen Besucher des Hauses, von


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