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Der Iceman. Anthony BrunoЧитать онлайн книгу.

Der Iceman - Anthony Bruno


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war. Man konnte einen Bären damit erlegen, aber letztendlich hing das Ding einfach an der Wand in Dwaynes Zimmer und setzte Staub an. Doch das war typisch Richard. Er dachte sich nichts dabei, vier-, fünf-, sechshundert Dollar für eine einzige Mahlzeit auszugeben. Wenn es um seine Familie ging, spielte der Preis keine Rolle.

      Alle sechs Monate musste ein neuer Wagen her, das war ein regelrechter Tick bei ihm. Dwayne hatte er den blauen Camaro gekauft, den sie aktuell fuhren, der so aufgemotzt war, dass der Junge zu Hause anrufen musste, als er das erste Mal damit unterwegs war. Er kam mit diesem hochfrisierten Schlitten einfach nicht zurecht. Richard musste ihn abholen und das Auto zurückfahren. Jetzt sprach er ständig davon, ihm einen Lamborghini Excalibur zu kaufen, und fragte Dwayne augenzwinkemd, was die Priester in der Schule wohl sagen würden, wenn er in einem solchen Prachtstück Vorfahren würde.

      Barbara schüttelte einfach den Kopf. Es war sinnlos, mit ihm über solche Sachen vernünftig reden zu wollen: Wenn er beschloss, dass sie etwas haben mussten, war nicht mehr daran zu rütteln.

      Allein Geld und das, was man damit kaufen konnte, gab ihm das Gefühl, jemand zu sein. Als Kind hatte er in ärmli­chen Verhältnissen gelebt und immer gespürt, dass er ein Niemand war. Jetzt hatte er Geld, und nur dadurch war er jemand. Sie kannte seine Einstellung. Man war wertlos ohne Geld in der Tasche, ohne einen Cadillac und ohne die Möglichkeit, sich zu kaufen, was immer man wollte und wann immer man es wollte. Allein dadurch war man Ri­chards Ansicht nach jemand.

      Geld. Darum drehte es sich, und genau das war der Auslöser, der den bösen Richard zum Vorschein brachte. Es wiederholte sich jedesmal, wenn ein finanzieller Engpass drohte. Und obwohl sie nicht im Traum daran denken wür­de, ihn zu fragen, wusste sie, dass es im Augenblick wieder so weit war. Sie konnte es förmlich riechen. Woher das Geld kam, wollte sie gar nicht wissen. Einiges stammte aus Richards Firma, der Sunset Company, die er nach der Straße in Dumont, wo sie lebten, benannt hatte. Richard handelte mit ausländischen Währungen, und seine Geschäfte führten ihn oft nach England und in die Schweiz. Soweit sie wusste, war das alles legal, weil er dieses Einkommen ordnungsgemäß versteuerte. Im Juni war er beruflich nach Zürich gereist, um eine große Summe in nigerianischer Währung zu verkaufen. Er hatte sich viel von diesem Ge­schäft versprochen, denn er redete davon, im superreichen Saddle River ein Haus zu kaufen, von dem er völlig besessen war, ein Anwesen für eine Million Dollar, in unmittelbarer Nachbarschaft des ehemaligen Präsidenten Nixon. Aber als er aus der Schweiz zurückkehrte, war er in übelster Stim­mung. Der Handel war in letzter Minute geplatzt. Man habe ihn ausgetrickst, fluchte er immer wieder. Das Haus in Saddle River wurde danach nie mehr erwähnt.

      Doch diese Finanztransaktionen waren nicht seine einzige Einkommensquelle. Es gab darüber hinaus noch anderes Geld – Geld, das nicht in den Rechnungsbüchern auftauchte. In Anbetracht ihres Lebensstils musste es so sein. Aber Bar­bara stellte keine Fragen. Sie riss ein weiteres Stück Brot ab und verstreute es dicht zu ihren Füßen, um die Enten wieder heranzulocken. Bedrückt erinnerte sie sich an Zeiten, als sie derart pleite gewesen waren, dass sie Lebensmittel von den Nachbarn borgen mussten, und das war noch gar nicht so lange her. Von zusammengebettelten Konserven zu extrava­ganten Mahlzeiten in feinsten französischen Restaurants – das war ihr Leben. Es eine Achterbahn zu nennen, wäre noch eine Untertreibung. Es hatte Höhen und Tiefen gegeben, und wenn sie obenauf waren, konnte es berauschend und wunderbar sein; aber anders als auf einem Rummelplatz war der Absturz in Schrecken und Angst echt.

      Sie blickte über ihre Schulter zum Telefon und seufzte. Richard sprach mit John Sposato. Vor einem Jahr hatte er große Hoffnungen auf diesen Sposato gesetzt. Sie würden eine Menge Geld zusammen machen, hatte er ihr erzählt. Doch sie wusste, ohne dass er es ausdrücklich sagte, dass diese großen Pläne bisher nur Luftschlösser geblieben waren.

      John hatte irgendwas zu tun gehabt mit dem Geschäft, das in Zürich geplatzt war, und Barbara argwöhnte, dass Richard im Moment darauf aus war, seine Verluste wieder hereinzu­bekommen. Sie erinnerte sich an die Zeit im letzten Sommer, als sie mitten im Monat einen Anruf der Telefongesellschaft erhalten hatte, die um eine zwischenzeitliche Begleichung der Kosten bat. Auf ihre erstaunte Frage nach dem Grund, musste sie hören, dass ihre laufende Rechnung bereits über siebentausend Dol­lar betrage. Barbara war fast in Ohnmacht gefallen. Die Anrufe waren größtenteils Ferngespräche nach Europa, die zu Lasten ihres Kontos von Sposatos Wohnung in Süd-Jersey aus getätigt worden waren.

      Sie hatte es Richard erzählt und erwartet, dass er glatt in die Luft gehen würde, aber er sagte nur, es handle sich um rein geschäftliche Angelegenheiten. Er habe Vertrauen in Sposa­to. John wisse, was er tue. Barbara war anderer Ansicht, und sie war überzeugt, dass es Richard im Grunde ebenso ging. Er vertraute eigentlich niemandem.

      Sie sah sich in ihren Zweifeln bestätigt, als sie Sposato schließlich kennenlemte. Die Tatsache, dass Richard es über­haupt zuließ, war an sich schon bezeichnend, weil er übli­cherweise strikt darauf achtete, Geschäfte und Privatleben zu trennen. Daher wusste sie, dass er ihre Meinung über seinen neuen Partner hören wollte – was nur bedeuten konnte, dass er selbst seine Bedenken hatte.

      Auf dem Parkplatz eines Rasthauses an der Route 80 in Pennsylvania hatte sie Sposato zum ersten Mal zu Gesicht bekommen. Ihn ein fettes Schwein zu nennen, wäre noch nett ausgedrückt. Sein langes, strähniges Haar sah aus, als habe er es seit einem Monat nicht mehr gewaschen, und sein Hemd war total bekleckert, so dass man raten konnte, woraus die letzte Mahlzeit bestanden hatte. Er hatte seine Frau und drei Kinder dabei. Das jüngste kreischte die ganze Zeit und war kaum zu bändigen. Die Frau gab dem armen Ding eine Schachtel Knusperflocken, damit es endlich ruhig war. Of­fenbar bekam keines der Kinder jemals eine richtige Mahl­zeit, und wiederholte Andeutungen, dass die Windeln des Babys gewechselt werden müssten, wurden von beiden El­tern schlicht überhört.

      Richard hatte davon geredet, sich mit Sposato in dieses Rasthaus einzukaufen; und sie waren hergekommen, um es sich genauer anzuschauen. Anfangs hatte Barbara angenom­men, es sei ein ganz legales Geschäft – bis sie diesen Sposato persönlich traf. Aber Richard hielt damals große Stücke auf ihn, daher wagte sie es nicht, ihm zu sagen, was sie tatsäch­lich empfand.

      Am folgenden Tag traf Richard eine Verabredung mit einer Maklerin, um sich Immobilien in Saddle River anzusehen.

      Diese zeigte ihnen ein Haus, von dem er auf Anhieb fasziniert war. Barbara beobachtete sein Gesicht vom Rücksitz des Wagens aus, als die Maklerin sie durch die Wohngegend fuhr. Misstrauisch musterte er eine Videokamera, die auf einem hohen Pfosten in der Einfahrt einer imposanten Villa montiert war. Halb verborgen in einem Briefkasten sah man eine zweite Kamera. Die Vorstellung, jeder Schritt könnte beobachtet werden, gefiel ihm ganz und gar nicht.

      Doch als die Maklerin erzählte, dass hier Richard Nixon lebe, veränderte sich sein Gesicht. Barbara wusste genau, was er gerade dachte. In derselben Gegend zu wohnen wie ein ehemaliger Präsident der Vereinigten Staaten schmei­chelte seinem Prestigedenken ungemein. Von einem bitterar­men Kind aus dem schlechtesten Viertel von Jersey City zu jemandem, der Tür an Tür mit solcher Prominenz lebte – das war etwas für ihn. Am Abend nach dem Essen machte er ständig Witze darüber, wie es wäre, mit Shaba spazierenzu­gehen und dabei Nixon über den Weg zu laufen, der eben­falls seinen Hund Gassi führte.

      Barbara schloss die Augen und seufzte.

      »Nein! Kein Wort mehr darüber!«, brüllte Richard ins Telefon, so dass seine Stimme über den Teich hallte.

      Die Enten flatterten erschrocken davon. Sie blickte über ihre Schulter. Er gestikulierte heftig, als stünde Sposato persönlich vor ihm. Was er sagte, konnte sie nicht verstehen, aber sein Ton war unverkennbar und ebenso der wütende Ausdruck auf seinem Gesicht. Richard war mit seiner Ge­duld, die sowieso nicht allzugroß war, am Ende. Sie fragte sich, ob Sposato wusste, dass es besser war, ihn nicht zu reizen. Angeblich sollte er ein gerissener Bursche sein, und sie hoffte für ihn, dass er seine Situation richtig einschätzte.

      Richard knallte den Hörer auf, nahm ihn sofort wieder auf und wählte eine andere Nummer. Sie bemühte sich zu lauschen, wen er jetzt anrief. »Hallo, Lenny? Hier ist Rich.« Ganz plötzlich war seine Wut verschwunden, und er lächelte.

      Barbara wandte sich wieder zum Teich. Sie wollte gar nichts


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