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Unbestreitbare Wahrheit. Mike TysonЧитать онлайн книгу.

Unbestreitbare Wahrheit - Mike  Tyson


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wie Jim und Bill mich haben wollten – im Gegensatz zu mir selbst. Ich wollte ein übler Kerl sein, mit dem Football-Spieler Jim Brown als meinem Vorbild. Als ich mich in den New Yorker Bars herumzutreiben begann, traf ich auf ältere Profi-Footballer, die mit ihm gespielt hatten. Sie redeten von ihm wie von einem Mythos.

      „Hey, wenn der hereinkäme und ihm irgendwas nicht passte, der Geruch, die Musik oder laute Unterhaltungen, würde er sofort alles kurz und klein schlagen.“

      Ich hörte mir das an und dachte: „Verdammt, ich wünschte, ich wäre so ein übles Arschloch, über das die Leute so reden. Wenn Jim dich fertigmacht, weil er den Gestank vor Ort nicht mag, dann muss ich hereinspazieren und gleich irgendein Arschloch umbringen.“

      Als der 22. November näher rückte, begann ich ernsthaft zu trainieren, zunächst einen Monat in Catskill und dann in Vegas. Gleich zu Beginn gaben mir Jimmy und Cayton ein Video mit Berbicks Kampf gegen Pinklon Thomas, in dem er sich den Meistertitel geholt hatte. Ich schaute mir das Video an und meldete mich dann bei Jimmy.

      „War das Video in Zeitlupe?“

      Ich war wahnsinnig überheblich, hatte aber einfach das Gefühl, dass meine Zeit gekommen sei. In meinem kranken Hirn kamen sämtliche alten großen Boxkämpfer und Kriegsgötter über mich, um mir zuzusehen, wie ich in ihren Kreis aufstieg. Sie würden mir ihren Segen geben und mich in ihren Club aufnehmen. Im Kopf hörte ich immer noch Cus, aber nicht in einem krankhaften Sinn, sondern zur Unterstützung.

      „Das ist der Moment, für den wir trainiert haben, seitdem du 14 bist. Wir sind das immer wieder durchgegangen. Gegen diesen Typen kannst du mit geschlossenen Augen antreten.“

      Ich wusste, dass Berbick grob, zäh und ein harter Gegner war, weil er als Erster in einer Titelverteidigung 15 Runden gegen Larry Holmes durchgestanden hatte. Larry hatte bislang alle k.o. geschlagen. Ich wollte Berbick einfach zurechtstutzen, dann würden mich alle ernstnehmen. Denn damals dachten alle, dass ich gegen Flaschen und Staubflusen antreten würde. Es hieß, dieser Typ sei kein echter Fighter, der trete bloß bei leichten Kämpfen an. Deshalb war es mein Hauptziel, Berbick zu erledigen. Ich wollte ihn in der ersten Runde aus dem Rennen werfen – und ihn richtig übel zurichten.

      Kevin und Matt Baranski waren so zuversichtlich wie ich. Wir waren alle in Hochstimmung, und meine war noch höher. Einen Tag vor dem Kampf schaute ich auf meine Unterhosen und bemerkte einen Ausfluss. Ich hatte einen Tripper und wusste nicht, ob ich ihn mir bei einer Hure oder einem schmuddeligen jungen Mädchen eingefangen hatte. Wir übernachteten wieder in Dr. Handlemans Haus, der mir ein Antibiotikum spritzte.

      Später am selben Tag zogen Steve Lott und ich los, um einige Videokassetten auszuleihen.

      „Was wohl Cus über diesen Berbick sagen würde, Mike?“, fragte er mich.

      Steve wollte mich auf die Art dazu bringen, mich in Cus hineinzuversetzen und so zu denken wie er. Was Steve nicht wusste: Ich brauchte nicht wie Cus zu denken. Er war bereits in meinem Kopf. „Er würde sagen, dass dieser Typ eine Flasche ist“, antwortete ich. „Ein fauler Sack.“

      Beim Wiegen führte ich mich wie ein echtes Arschloch auf. Ich starrte Berbick immerzu an, sobald ich ihn im Blick hatte. Als er zu mir kam, um mir die Hand zu schütteln, ließ ich ihn mit der ausgestreckten Hand stehen und drehte mich weg. Wenn ich ihn dabei ertappte, wie er mich anschaute, kläffte ich ihn an: „Was zum Teufel glotzt du mich an?“ Dann sagte ich ihm, dass ich ihn in zwei Runden ausschalten würde. Als er mit seinem Gürtel posierte, brüllte ich: „Viel Spaß mit deinem Gürtel. Lange hast du ihn nicht mehr. Der wandert jetzt weiter an die Taille eines echten Weltmeisters.“ Ich war damals unglaublich großspurig und aggressiv. Irgendwie konnte ich Berbick damals einfach nicht ab. Außerdem wollte ich seinen Gürtel. Ich ließ das grünäugige Monster in mir raus. Ich musste einfach auf Touren kommen.

      Ich war auch deshalb wütend, weil Berbicks Trainer Angelo Dundee damit prahlte, dass mich sein Schützling schlagen könne. Cus war immer neidisch gewesen auf Dundee, weil er Ali trainiert hatte und ihm so die Aufmerksamkeit der Medien sicher gewesen war. Cus hatte geglaubt, dass er das nicht verdient hatte.

      „Berbick hat einen Stil, mit dem er Tyson übel reinlegen kann“, teilte Dundee der Presse mit. „Trevor leckt sich die Lefzen beim Gedanken, dass er wenigstens einmal nicht jagen muss, weil Tyson sich ihm direkt stellen wird. Trevor ist gut bei Körpertreffern und hat schon 23 Knockouts in der Bilanz. Er ist zuversichtlich. Und ich bin es auch. Ich denke, er wird Tyson in einer der letzten Runden stoppen.“

      In der Nacht vor dem Kampf konnte ich nicht schlafen. Ich hing ständig am Telefon und redete mit Mädchen, die ich mochte, aber mit denen ich noch keinen Sex gehabt hatte. Um mich abzulenken, fragte ich sie, was sie so machten, aber sie wollten bloß über den anstehenden Kampf reden. Dann stand ich auf und machte in meinem Schlafzimmer Schattenboxen.

      Am Tag des Kampfs aß ich um 13 Uhr eine kleine Pasta, um 16 Uhr ein Steak und um 17 Uhr nochmal Pasta. Im Umkleideraum verdrückte ich einen Schokoriegel und trank Orangensaft. Dann bandagierte mir Kevin die Hände und zog mir die Handschuhe über. Es war Zeit, in den Ring zu steigen. Weil es in der Arena kühl war, zerschnitt Kevin ein Handtuch und legte es mir um den Hals. Ich trug die schwarzen Shorts, die ich schon seit ein paar Kämpfen trug. Das kostete mich 55.000 Dollar Strafe, weil Berbick schon schwarze Shorts trug, aber mir war das egal. Ich brauchte so ein unheilverheißendes Outfit.

      Als Herausforderer musste ich als Erster hinausgehen. Zu meinem Einzug spielte man einen Song der Gruppe Toto, während ich in meinem Kopf aber nur einen Song von Phil Collins hörte: „In The Air Tonight“.

      Ich trat durch die Seile und schritt durch den Ring. Als ich in die Menge blickte, sah ich Kirk Douglas, Eddie Murphy und Sylvester Stallone. Minuten später kam Berbick in einem schwarzen Boxmantel mit schwarzer Kapuze herein. Er wirkte großspurig und voller Zuversicht, aber ich spürte, dass es nur Fassade, nur eine Illusion war. Ich wusste, dass sich dieser Typ für seinen Gürtel nicht umbringen würde.

      Ali wurde der Menge präsentiert und kam dann zu mir herüber.

      „Tritt ihm für mich in den Arsch“, sagte Ali.

      Ali war von Berbick fünf Jahre zuvor geschlagen worden und hatte sich daraufhin aus dem Boxsport zurückgezogen. Den Gefallen wollte ich ihm mehr als gerne tun.

      „Das wird leicht“, versicherte ich Muhammad.

      Schließlich war es Zeit für den Kampf. Der Gong ertönte. Ringrichter Mills Lane forderte uns mit einer Geste zur Aktion auf. Ich griff Berbick an und prügelte gleich mit harten Schlägen auf ihn ein. Ich fasste es nicht, dass er sich weder bewegte noch zurückschlug. Er blieb einfach vor mir stehen. Nahe am Rand des Rings verpasste ich ihm eine Rechte auf sein linkes Ohr und versuchte ihm das Trommelfell zu zerschlagen. Ungefähr in der Mitte der Runde überraschte ich ihn mit einer harten Rechten und setzte ihm so sehr zu, dass er gegen Ende der ersten Runde benommen wirkte. Er hatte ein paar richtig fette Treffer einstecken müssen.

      Ich ging in meine Ecke und setzte mich. Wegen der Antibiotika tropfte ich wie ein angeschlagener Wasserhahn. Aber das störte mich nicht, ich wollte nur Berbick umnieten. Übrigens kämpfte einer meiner Helden, Kid Chocolate, die ganze Zeit über mit einer Syphilis.

      „Beweg deinen Kopf. Vergiss die Führhand nicht“, sagte Kevin. „Du machst hier ja den Kopfjäger. Halt dich zuerst an den Körper.“

      Zehn Sekunden nach Beginn der zweiten Runde schickte ich ihn durch einen Volltreffer mit der Rechten zu Boden. Er sprang aber sofort wieder auf und ging auf mich los. Er versuchte zurückzuschlagen, aber seine Schläge blieben wirkungslos. Ungefähr eine halbe Minute vor Ende der Runde traf ich ihn mit einem Körperhaken und setzte einen Aufwärtshaken nach, der aber danebenging. Dafür traf ich ihn mit der Linken an der Schläfe. Etwas verzögert ging er zu Boden. Ich hatte den Schlag selbst nicht gespürt, aber er tat beste Wirkung. Berbick versuchte aufzustehen, stürzte aber wieder zu Boden. Mir fiel auf, dass sein Knöchel geknickt war.

      „Der steht vor dem Auszählen nicht mehr auf“, dachte ich.

      Ich behielt recht. Berbick versuchte ein zweites Mal aufzustehen, taumelte


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