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Superhelden. Grant MorrisonЧитать онлайн книгу.

Superhelden - Grant Morrison


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von einem weiteren Fernseh-Auftritt und sah Polizeilichter rund um sein Haus. Ein Einbrecher hatte Onkel Ben erschossen, und als ein erzürnter Spider-Man den Killer bis zu seinen Unterschlupf verfolgte, erkannte er den Mann, den er drei Seiten zuvor hatte entkommen lassen. Peter war schuld am Tod seines Onkels. Batman konnte wenigstens jemand anderem die Schuld am Tod seiner Eltern zuweisen. Es war der Zeitpunkt gekommen, an dem Spider-Man, der Entertainer, von Spider-Man, dem Verbechensbekämpfer, abgelöst wurde – angetrieben durch die furchtbare Last seiner Schuld.

      Als die kleine, von Ditko illustrierte Silhouette in die mondbeschienene Finsternis der City wanderte, schloss Lee dieses erste ernüchternde Abenteuer mit folgenden unsterblichen Worten: „AUS GROSSER KRAFT FOLGT GROSSE VERANTWORTUNG!“

      Der abschließende Bildtext führte uns aus dieser intensiven, emotional aufgeladenen Situation mit einer seltsam phrasierten Erinnerung, das all dies nur Fiktion war: „UND SO WIRD EINE LEGENDE GEBOREN, UND EIN NEUER NAME LEUCHTET UNTER JENEN AUF, WELCHE DIE WELT DER FANTASIE ZUM AUFREGENDSTEN GEFILDE ÜBERHAUPT MACHEN!“ Pickelige, hormongeplagte Outsider bekamen in Peter einen neuen Helden. Clark Kent hatte seine eigene Wohnung und einen festen Job, Peter hingegen war der geborene Loser. Er entlarvte die Wahrheit hinter den überzuckerten Lügen eines Barry Allens oder Ray Palmers: Kein gutaussehendes Girl hatte je etwas für Wissenschaftler übrig. Peter baute Scheiße, bekam die Grippe, verlor sein Geld und auch mal die Hoffnung. Peter saß in seinem beschädigten Kostüm in seinem Zimmer im Haus von Tante May in Queens, während die Zeitungen seine Art der Verbrechensbekämpfung als Bedrohung für die Gesellschaft brandmarkten.

      Frisch aus dem Ofen hatte Marvel in kurzer Zeit zwei Hits gelandet, die das Superhelden-Paradigma komplett neu definierten. Mit neuen, sorgenvollen Helden ausgestattet, begannen die Storys vermehrt aufeinander aufzubauen sowie aufeinander zu verweisen, um so ein immer größer werdendes Mosaik einer völlig neuen Welt zu schaffen. Bei DC konnte ein welterschütterndes Ereignis im Zentrum des Geschehens einer Ausgabe stehen, aber in der nächsten bereits wieder vergessen sein. Batman konnte sich in seinem eigenen Comic um ein gebrochenes Bein kümmern, während er in World’s Finest, Detective oder Justice League über Häuserdächer hüpfte – das Marvel-Universum jedoch setzte auf eine solide Kontinuität. Wenn Peter also eine sichtbare Schramme am Ende einer Episode hatte, so hatte er diese auch noch am Beginn der nächsten, was die ganze Marvel-Linie zu einer großen, miteinander verwobenen Saga werden ließ.

      Fantastic Four hatte vertraute Familiendramen zu übermenschlichen Epen werden lassen. Nun verwandelte Spider-Man den gewöhnlichen Teenager-Alltag in eine absonderliche, symbolische Seifenoper. Spider-Man war staksig und gelenkig wie sein Namenspatron – und Ditko bildete ihn gerne in verdrehten und unnatürlichen Posen ab. Er hatte kein Gesicht. Im Goldenen Zeitalter hätte das gesichtslose Design seiner Maske gut zu einem unheimlichen und wortkargen Rächer gepasst, doch Lee hatte die geniale Vision, ihn zum mitteilsamsten Helden überhaupt zu machen. Spider-Man konnte einfach nicht aufhören zu quasseln! Er verspottete seine Feinde, riss Witze und kommentierte jede seiner Handlungen, jedes Gefühl. Es schien, als ob der schüchterne Peter lebendig wurde, sobald er sein Gesicht in die Maske steckte. Als Spider-Man schwang er sich mithilfe seiner klebrigen Netzflüssigkeit nahezu schwerelos die Straßen Manhattans rauf und runter.

      Zusammen überholten Kirby und Ditko den Look der amerikanischen Comics und etablierten einen Grundtenor zweier gegenseitig voneinander abhängiger Ausdrucksformen. Auf der einen Seite waren da die Comics und Superhelden, die durch den schroffen Kriegsveteranen Kirby repräsentiert wurden, der so etwas wie der Picasso, oder noch passender, der William Blake des Superhelden-Genres war, der die Grundregeln für die Manipulation und Verzerrung der Perspektive festlegte. Auf der anderen Seite bereitete der einzelgängerische Brillenträger Ditko den Weg für verschiedene Stilelemente des alternativen Underground-Comics, bediente sich eines gemäßigten Tempos und hatte thematische Vorlieben, die direkt zu den politischen Ansätzen und dem Formalismus führen sollten, der sich später in Werken wie Watchmen widerspiegelte.

      Ditkos regelmäßige Panelen waren wie die Fenster von Wohnanlagen, die einem mitunter den Blick auf bizarre Wunder freigaben. Wo Kirby danach strebte zu expandieren, wollte Ditko seine Welt einfangen und umfassen, schichten und regulieren, wozu er sich eines metronomischen, repetitiven Rhythmus bediente, der es ihm erlaubte, die Kontrolle zu bewahren. Bemüht, die Gewöhnlichkeit und die Wahrheit des echten Lebens zu vermitteln, zeichnete Ditko seine Figuren dünn, gebückt, zurückgezogen und einfach. Er zeichnete sie schwitzend, schluchzend und kauernd, was es nur umso bewegender machte, wenn sie ihre Ängste überwanden, um das Richtige zu tun.

      Ditko verschrieb sich Ayn Rands Philosophie des Objektivismus, damals eine populäre Antwort auf die Ernüchterung der Psychoanalyse und des Zusammenbruchs der „Werte“ zu einem relativistischen Chaos. Die einfachen und aggressiven Unterscheidungen des Objektivismus gefielen Ditkos analytischem Verstand und versorgten ihn mit neuen Einfällen, um die herum er seine Welt effizient organisieren konnte. Mehr und mehr tendierten seine Comics in Richtung einer verwirrenden, überhitzten Polemik.

      Es war unvermeidbar, dass seine kompromisslose Weltanschauung sich nicht mit Lees liberaler „Warum können wir nicht alle miteinander klarkommen?“-Philosophie vereinen lassen würde und sich ihre Wege trennen mussten. So fiel Spider-Man in die Zuständigkeit des neuen Zeichners John Romita, der Peter attraktiv werden ließ und ihm zwei „zum Sterben heiße“ Freundinnen zur Seite stellte. Wovon eine, Gwen Stacy, tatsächlich sterben musste. Sogar Tante May wurde von todgeweihter Gebrechlichkeit auf betagte Robustheit umgemodelt, womit auch der letzte Nachhall von Ditkos heruntergekommener, mondäner Authentizität zum Verstummen gebracht wurde.

      Anders als die DC-Helden mit ihren totemistischen Schwachstellen gegenüber Holz oder Feuer (oder im Falle von Green Lantern, der Farbe Gelb), hatte jeder Marvel-Held eine psychologische Achilles-Ferse. Wenn sie kein tödliches persönliches Geheimnis mit sich herumschleppten, waren sie keine guten Marvel-Helden. Und sie kämpften andauernd. Superhelden hatten in den Dreißigern gegen die Ungerechtigkeit gekämpft, sie kämpften gegen Hitler in den Vierzigern und bekamen es anschließend, in den Fünfzigern, mit Monstern und Aliens zu tun. Die Marvel-Figuren der Sechziger bekämpften sich gegenseitig in epischen Auseinandersetzungen, fighteten gegen Bösewichte wie Doctor Doom, Magneto, Galactus, Doctor Octopus und den Green Goblin, welche alle mit Persönlichkeiten und zusätzlichen charakterlichen Dimensionen ausgerüstet waren. Was sie zu mehr machte als den üblichen Despoten, Schurken und Verrückten. Ein ermutigter Lee versuchte sich an den erhöhten Rhythmen der jambischen Pentameter und fand einen Weg, eine pseudo-shakespearische Stimme zu rekreieren, so dass Peter Parker von einer Schuld angetrieben wurde, neben der Hamlet wie ein Taugenichts aussah.

      Direkt aus einem meiner Schmierhefte nun die Details eines feinen Tages eines Siebenjährigen inmitten des Summers of Love, meine ersten aufgezeichneten Eindrücke von einem Marvel-Comic: „Ich habe einen Drachen und einen Magneten. Ich habe auch dicke Comic-Hefte. Ich habe einen mit zwei Leuten. Eine heißt Wonderful Wasp und der andere heißt Giant Man. Sie kämpfen gegen jemanden mit dem Namen Human Top.“

      Und trotzdem gab es etwas, das mir an den Marvel-Superhelden missfiel. Ihre Charaktere wirkten durchgehend wütend und verstört und mich nervten die Geschichten, in denen sich die Helden untereinader zankten. Spider-Mans stressiges Leben war eine Spur zu erwachsen.

      Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde mein Vater zum Pazifisten. Er und meine Mutter hatten sich darauf verständigt, dass ich nach den „Prinzipien der Gewaltlosigkeit“ erzogen werden sollte, was bedeutete, dass Pistolen und Kriegsspielzeug oder Uniformen missbilligt wurden. Sie gingen mir nicht ab, und mir gefiel es sogar, mich als Pazifisten zu bezeichnen, weil ich fand, dass es mich anders und interessant machte. Als die Pfadfinder bei uns an der Tür standen, um neue Mitglieder zu rekrutieren, fixierte ich stolzen Blickes ihren Anführer und ließ ihn wissen: „Ich weigere mich, in irgendeine paramilitärische Organisation einzutreten, und das gilt auch für die Pfadfinder.“

      Mir gefielen meine Helden, wenn sie auftauchten und ohne großen Aufwand die Dinge in Ordnung brachten, ohne dass sich auch nur das kleinste Hindernis zwischen ihnen und ihrem Erfolg breitmachte. Ich wollte, dass alle Kriege vorbei wären, damit wir das Geld endlich für Raumschiffe und Kolonien auf dem Mars ausgeben konnten.

      Конец


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