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Vagos, Mongols und Outlaws. Kerrie DrobanЧитать онлайн книгу.

Vagos, Mongols und Outlaws - Kerrie Droban


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im imaginären Boxring schlug eine unsichtbare Glocke, und der Kampf wurde beendet. Mein Handrücken war rot angeschwollen und glänzte vom Schweiß. Blut tropfte aus der zugeschwollenen Augenhöhlen des Gegners, der geschlagen in seine Ecke kroch. Einige Sekunden lang hörte ich nur noch schweres, bemühtes Atmen. Dann – ähnlich einer wilden Flucht – rannten die Vollmitglieder durch die Eingangstür, um draußen weiterzukämpfen.

      Terrible klopfte mir auf die Schulter. Er wirkte erleichtert. Er schnippte mit den Fingern in Richtung Bar: „Ein Bier für den Abhänger.“ So einfach war das. Nur durch diese eine Aktion stieg ich einen Rang in der Hackordnung auf, stand jetzt also über Frauen und Hunden. Ähnlich der Mafia hatten die Vagos und andere Outlaw-Biker einen Kreis von kriminellen Mitläufern, die man je nach Rang als „Prospects“ oder „Abhänger“ bezeichnete. Es waren Typen, bereit dazu, der Gang die Drecksarbeit abzunehmen. Unter dem Schutzmantel des Clubs konnten sie später ihre kriminellen Unternehmungen durchziehen. Terrible ernannte mich also zu seinem offiziellen Chauffeur, dankbar dafür, dass ich einen Wagen besaß und nicht das Statussymbol eines jeden Bikers – eine Maschine.

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      Einige Tage später reservierten die Vagos eine Bar mitten im Nirgendwo, um ihre nächste Aktion zu bequatschen. Der Ort unterlag von Seiten der Mitglieder allerhöchster Geheimhaltung, um den Cops das Leben so schwer wie möglich zu machen, doch dabei handelte es sich eher um eine Art zusätzlichen Kick, den sie sich davon versprachen, denn am Ende wussten die Überwachungsteams der Polizei immer, wo sich die Gang traf. Für die Beamten stellte es eine besondere Herausforderung dar, möglichst viel Videomaterial zu sammeln, Schnappschüsse zu machen und wichtige Informationen mitzuschneiden. Als wir die Bar erreichten, ein zerfallendes Gebäude, das sich vor dem Hintergrund einer schwarzen, konturlosen Landschaft abzeichnete, schnappten sich die Biker Stühle und Hocker und starrten sich in dem kargen, unfreundlichen Raum mit glasigen, leblosen Augen an. Niemand trank einen Schluck Hochprozentiges. Es war gut möglich, dass sich die Cops irgendwo auf der langen Drecksstraße in einer sandigen Niederung versteckt hielten und nur darauf warteten, einen Biker später wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss festzunehmen.

      Eine allgemeine Paranoia vergiftete die Atmosphäre – und Langeweile. Diese Kombination war gefährlich, führte zu Rücksichtslosigkeit und Gewalt. Das Ziel: Frauen! Ich sah sie in der Dunkelheit, ähnlich erlöschenden Kerzenflammen, einige teilweise nackt, andere mit Kleidungstücken, die man eigentlich nicht als solche bezeichnen konnte. Ohne den geringsten Respekt, von Anstand ganz zu schweigen, wurden sie von den Bikern betatscht, die sie in den Arsch kniffen oder eine Brustwarze zwirbelten. Sie bedienten sich der Frauen, als wären es Snacks auf einem Tisch. In einer Ecke standen die Vagos in einer Schlange breitbeinig vor einem Billardtisch, auf dem ein namenloser Körper lag. Ich sah Beine, die hilflos in der Luft strampelten – wie weißes Fleisch. Verdammt, ich steckte in der Klemme! Es war eine Sache, einem Angreifer die Luft aus den Lungen zu prügeln, denn man wusste, dass es ihm zwar danach einige Tage schlecht ging, er Blessuren davontrug, sich dann aber wieder erholte. Doch eine brutale Vergewaltigung zu sehen oder – was noch viel schlimmer war – dabei mitmachen zu müssen, das hatte eine völlig andere Dimension! Als die Auktion um den heißesten Körper begann, verzog ich mich schnell aufs Klo.

      Der ätzende Gestank der Urinale brachte mich zum Würgen. Die mit Scheiße und Graffiti beschmierten vier Wände boten im Moment Schutz. Ich klatschte mir eine Handvoll kaltes Wasser ins Gesicht, mit dem mulmigen Gefühl, mir hier angesichts all der Bakterien eventuell noch eine hinterhältige Krankheit einzufangen. Mein Gesicht im Spiegel wirkte verzerrt, unwirklich, und ich erkannte dunkle Augenringe. Der emotionale Stress, in die Rolle eines anderen Menschen zu schlüpfen und diesen zu spielen, forderte seinen Tribut. Ich war kein Monster, kein Psychopath, ähnelte nicht den Vagos, denen ich vorgaukelte, sie so sehr zu schätzen. Hinter der Maske der Besonnenheit explodierte ich innerlich. Konnte ich das durchziehen? Ein „echtes“ Mitglied einer Outlaw-Biker-Gang werden? Ohne Waffe, ganz auf mich allein gestellt, ohne eine einzige Sekunde der Ruhe und Entspannung, blieb mir nur der tiefsitzende Überlebensinstinkt, auf den ich mich verlassen konnte. Ich musste mich auf die älteste Intuition der Menschheit verlassen und darauf hoffen, den richtigen Weg einzuschlagen.

      Würde das aber ausreichen?

      Mit Sicherheit unterzögen sie mich einem Test. Ein Kampf? Drogen? Eine Vergewaltigung? Eine Straftat? Vielleicht sogar ein Mord für den Club!? Als ich zum Tisch zurückkehrte, konzentrierten sich die Vagos auf eine Spezialität, für die man bei den Hells Angels den Aufnäher „Red Wings“ verliehen bekam – Cunnilingus mit einer menstruierenden Frau. Umgeben von ehemaligen Marines des Victor-Valley- und Victorville-Chapters suchten sich zwei Vagos ihr Opfer aus. Rhino, der für die Waffen des Clubs zuständig war, ein wahrer Panzer von einem Mann, dessen Oberarme fast jedes Hemd zum Platzen brachten und der riesige Ohrpiercings trug, sowie Twist, sein Speichellecker, ein emotionsloser Psychopath, übernahmen den Job. Eine Blondine, ein Groupie des Clubs, stellte sich freiwillig als Belohnung für die Biker, als spezieller „Preis“, zur Verfügung. Wahrscheinlich hoffte sie auf einen besseren Status, vielleicht darauf, der „Besitz“ oder die „alte Dame“ eines Vollmitglieds zu werden.

      Sie strahlte eine verruchte Schönheit aus. Ich hatte sie schon früher gesehen. Sie lehnte gegen eine Wand und wurde nacheinander von drei Vagos rangenommen. Mit geschlossenen Augen und versteinertem Gesichtsausdruck ließ sie die Erniedrigung protestlos über sich ergehen. Ohne auf herumstehende geifernde Zuschauer zu achten oder die Umgebung wahrzunehmen, fickten die Biker sie wie Tiere. Sie grunzten, verdeckten das Gesicht der Frau mit ihren großen Pranken, kamen und drehten sich dann weg, als hätten sie gerade gepisst. Das zerzauste blonde Haar fiel ihr über die Schultern.

      Das „Red Wings“-Ritual wurde streng nach Protokoll durchgezogen, was bedeutete, dass mindestens zwei Vollmitglieder dabei sein mussten. Rhino und Lizard meldeten sich freiwillig, und ich trottete ihnen als Zeuge hinterher, nicht weil ich sehen wollte, wie drei Männer den Kopf einer Frau auf die Klobrille schlagen und ihr die Beine spreizen – allein ihre Sicherheit, für die ich mich verantwortlich fühlte, lag mir am Herzen. Das Mädchen, das ausgewählt wurde, war dünn und sehr blass. Ich hatte den Eindruck, dass der leiseste Windhauch sie umwerfen könnte. Twist zog sie auf das Frauenklo, ein stinkendes Loch mit zwei verdreckten Toiletten. Unter den Wasserrohren hatten sich lange Roststreifen gebildet. Die Kloschüsseln waren von festgebackenem Urin und trockenen Fäkalien bedeckt.

      Es stank nach Fäulnis und abgestandenem Wasser. Twist befahl der Frau, sich die Hose runterzuziehen. Lizard, 55 Jahre alt und drogenabhängig, wirkte, als schwebe er immer noch auf einem schlechten LSD-Trip. Er schlug mir die Tür vor der Nase zu. Ich wartete in der beklemmenden Dunkelheit auf spöttische Bemerkungen, Schreie oder lautes Knallen, doch ich hörte rein gar nichts. Der Raum schien jedes Geräusch zu verschlucken, den kleinsten Laut zu einem düsteren, unvorstellbar schrecklichen Ort umzuleiten. Als sie einige Minuten später wieder vom Klo kamen, spuckte Twist einige Male auf sein Stirnband und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. Lizard und Rhino klopften ihm anerkennend auf den Rücken. Mit einem Quietschen schloss sich die Klotür. Ich blinzelte hinein und sah auf dem Boden einen zusammengerollten Schatten, hörte ein leises Schluchzen.

      Lizard lauerte im Schatten, beobachtete und prüfte mich. Würde ich etwas Ungewöhnliches unternehmen, mich wie ein Mensch mit einem Gewissen verhalten? Doch ich blieb wie angewurzelt stehen und beobachtete die Frau, die sich vom Boden hochquälte, der mit Glassplittern übersät war. Scherben von Bierflaschen glitzerten in der Kloschüssel wie dunkles Eis. Die Frau kroch zu der Tür, wo ich stand. Ihre Jeans hingen in Höhe der Füße, das zerrissene Höschen war voller Blutflecken. Ich presste mich gegen die Wand, unterdrückte den Drang zu helfen, denn jedes Mitgefühl, jegliche menschliche Regung hätte meine Tarnung auffliegen lassen.


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