Die Spürnase. AnonymЧитать онлайн книгу.
Aber besonders er, lachte über jede Warnung. Die Räuber sollten ihm nur kommen, er wolle schon mit ihnen fertig werden. Er deutete sogar an, dass ihm jede Begleitung unangenehm sein würde. Welcher Verliebte würde nicht auf eine Gelegenheit warten, um sich vor der Angebeteten als Held auszuzeichnen! So zogen sie dann eines morgens, nur von seinem Diener begleitet, in die Berge hinaus.
Ich wusste nichts Genaues von ihrem Plane, hörte alles erst später. Ich war schon am Abend mit Lord über die Hochebene des Pojane hinaufgestiegen, wo ich einen frischen Wechsel meines bepelzten Freundes entdeckt hatte. Aber der Kerl kam nicht und ich lag die ganze Nacht umsonst auf der Lauer. Zu den größten Annehmlichkeiten des Lebens gehört das sicher nicht, denn diese Nächte des siebenbürgischen Hochgebirges sind eisig und kalt und ich fror trotz meiner warmen Lederjoppe ausgiebig.
Missmutig stieg ich also nach Sonnenaufgang zu der Jägerhütte, um mir da einen wohltuenden Tee zu kochen. Auch Lord bekam sein Frühstück; dann streckten wir uns für ein, zwei Stunden hin, um uns für den Abstieg zu stärken.
Als ich erwachte, stand die Sonne hoch am Himmel. Neun Uhr war’s. Ich packte gerade vor der Tür der Hütte meinen Rucksack zusammen, als ich tief unten im Hohlweg drei Gestalten erblickte, zwei Männliche und eine Weibliche, die gemächlich den Pfad zum Schulter hinanstiegen. Ich erkannte sofort den Grafen und die Gräfin, sowie den sie begleitenden Diener, und kämpfte einige Minuten lang, ob ich ihnen nicht entgegen gehen sollte. So eine zufällige Begegnung hier oben in den Bergen, die war vielleicht mehr wert … als die ganze süßliche Kurschneiderei dort unten … für eine Sekunde lang hörte ich im Geiste ihr wollüstiges Seufzen … sah sie aufgelöst, vergehend vor Wollust …
Aber nein! Nicht einen Schritt wollte ich für eine Sache tun, die mir von vornherein aussichtslos erschien. Also schulterte ich meinen Rucksack nebst Gewehr und kletterte einen schwereren Fußsteig hinunter, der mich bis an die obersten Häuser des rumänischen Viertels führen musste. Schon nach wenigen Minuten hatte ich die Drei aus den Augen verloren.
Da plötzlich … (Das ich nicht vor Schreck in die Tiefe fiel, ist mir heute noch ein Rätsel!) … hörte ich zwei rasch aufeinanderfolgende Schüsse … dann gellte der Schrei eines Weibes in höchster Not zu mir herüber … noch ein Schuss … kurz, hell wie aus einem Revolver … und wieder der Schrei, noch gellender noch verzweifelter …
Nagru! Das schöne Weib in den Händen des Banditen! Der Gedanke peitschte mich auf und jagte mich den halsbrecherischen Weg wieder zurück. Auch Lord schien zu ahnen was vorging, denn seine kurzen Nackenhaare standen einzeln wie Borsten, und von Zeit zu Zeit stieß er ein dumpfes, wütendes Knurren aus. Er war ein riesengroßer Kerl, mit einem Brustkasten wie eine Mastigdogge, dazu wild und mutig. Wir zwei konnten es schon getrost mit den Banditen aufnehmen.
Aber erst mussten wir sie finden! Nach einer wahnsinnigen Kletterei von einer Stunde, langten wir endlich an der Stelle an, wo der Überfall vor sich gegangen war. Ein schrecklicher Anblick bot sich mir hier: Der Diener des Grafen lag in einer großen Blutlache. Der arme Teufel hatte einen Schuss in der Brust und eine fürchterliche Wunde am Kopf. Augenscheinlich hatte er zuerst den Schuss erhalten und war dann, als er trotzdem noch Widerstand leistete, niedergeschlagen worden. Wo aber waren der Graf und die Gräfin?
Zunächst machte ich es dem armen Teufel so leicht wie möglich. Ich schleppte ihn in den Schatten, wusch seine Wunden sauber aus und verband sie. Soviel ich davon verstand, waren sie zwar schwer, aber nicht tödlich. Aus dem Rucksack, den er getragen hatte, holte ich eine Flasche Cognac heraus und legte sie neben ihn, damit er sie gleich bei der Hand hatte, sobald er wieder zu Bewusstsein kam.
Und dann … Mit knirschenden Zähnen machte ich mich an die Verfolgung! Die Banditen hatten jetzt über anderthalb Stunden Vorsprung. Weiß Gott, was in der Zeit alles passiert sein mochte. Schwindelnde Wut packte mich, wenn ich daran dachte, dass dieses schöne Weib, Beute der Banditen war! Ich sah es direkt vor mir, wie sie sie niederwarfen, wie sie ihr die Kleider vom Leibe fetzten, ihr die rassigen Beine auseinanderrissen … jetzt … warf sich der Eine über sie Himmelherrgott ich schwankte, so schüttelte mich die Wut.
Lord führte mich auf der deutlichen Fährte erst steil in die Höhe und dann seitwärts in eine schmale, finstere Schlucht, von deren Existenz ich bis dahin keine Ahnung gehabt hatte. Wir liefen mehr als wir gingen; einmal fiel ich sogar in meiner Rage, so lang ich war, über eine Wurzel.
Aber wir kamen immer näher und näher. Aus meines Lords’ funkelnden Augen erkannte ich es. Er riss an der Leine, dass ich ihn kaum noch halten konnte. Plötzlich, hinter einem dichten Gebüsch blieb er stehen, die Rute wagerecht und sein zorniges Knurren, das schon mehr ein unterdrücktes Wutgeheul war, bewies mir, dass wir die Feinde dicht vor uns haben mussten. Er war so wild, dass er sich erst beim dritten Befehl niederlegte.
Vorsichtig, auf allen Vieren, wie ein Indianer, pirschte ich mich heran. Hinter einem kleinen Schlehdornbusch lugte ich hervor; und was ich sah, machte mir das Herz im Leibe erbeben.
Diese Schlucht war sicherlich der Schlupfwinkel dieser Banditen, welche sich keinen Besseren hätten wählen können. Von drei Seiten durch beinahe senkrechte Wände abgeschlossen, hatte sie nur den einen schmalen Zugang, durch welchen ich gekommen war und den ein Mann ganz bequem gegen ein Dutzend halten konnte. Gegenwärtig dachten sie an gar keine Verteidigung, denn einmal hielten sie sich für absolut sicher und dann waren sie mit etwas sehr Wichtigem beschäftigt.
Der arme Graf, – augenscheinlich unverwundet, lehnte aufrecht gestellt an einem Baum. Totenbleich war er, und in seinem schmalen Gesicht war deutlich das Entsetzen und die ohnmächtige Wut zu lesen, womit ihn diese Szene erfüllte, welche sich da vor seinen Augen abspielte.
Vor ihm, vor dem gefesselten, wehrlosen Manne, stritten sich die Schurken um ihre goldlockige Beute. Regungslos, einer Leiche ähnlich, lag die Gräfin am Boden … nur ihre Augen, die in unaussprechlicher Angst umherirrten, verrieten, dass noch Leben in ihr war. Was mochte in der Brust der Unglücklichen vorgehen, die sich vor den Augen des Geliebten vergewaltigt, geschändet sah? Und erst: Was mochte er leiden? Er heulte, er schrie, riss an seinen Fesseln …, die Banditen schauten sich nicht einmal nach ihm um! »Valeria … Valeria …«, schrie er, »mein geliebtes Weib wir werden dann zusammen sterben!« Sie blickte zu ihm hinüber. »Rudi …mein armer Rudi …!« Sie dachte in dieser furchtbaren Lage nicht an sich, nur an ihn: Dachte nur daran, was er, der doch schon auf jedes Wort, welches ein anderer zu ihr sprach, eifersüchtig war! Was er wohl leiden musste wenn er das Schreckliche mit ansah?! Aber noch war ihnen eine Gnadenfrist gewährt! Die Banditen konnten sich nicht einigen, wer zuerst diese seltene Frucht kosten sollte. Der Nagru, als der Stärkste und Brutalste von ihnen, beanspruchte als ihr »Hauptmann« für sich das Recht. Aber die anderen wollten davon nichts wissen. Immer höhere Wogen schlug der Streit; jeder packte sein Gewehr fester und schon glaubte ich, sie würden sich selber zerfleischen, als sie sich plötzlich aufs Verlosen einigten.
Wiewohl die Frau kein Wort von dem walachischen Kauderwelsch verstand, ahnte sie doch, dass jetzt ihr Schicksal besiegelt war. Flehentlich hob sie die gefesselten Hände und deutete auf ihren unseligen Mann … die Bestien lachten nur höhnisch.
»Hei, der hohe Herr wird schon sehen, wie sein Weibchen unter mir tanzt«, schrie einer der Kerle.
»Wir werden ihr schon Freude bereiten, der schönen Frau … da, schaun Sie her«, johlte ein Zweiter und holte sein schmieriges, riesige Dimensionen aufweisendes »Instrument« aus seinem Hosenschlitz hervor. Wie eine Jubelfahne hielt er es ihr unter die Nase und schwenkte es gegen den unseligen Gatten, dem der Schaum schon vor dem Munde stand.
Die ganze Bande wieherte vor Vergnügen! Jetzt erst kamen sie auf die rechte Würze; den Mann, diesen großen, vornehmen Mann zum Zuschauer ihrer Schändung zu machen bei seinem eigenem Weibe!
Der Nagru riss ihr mit einem brutalen Griff den Rock in die Höhe.
Da verlor ich mein kaltes Blut, welches ich bis dahin noch bewahrt hatte. Ich hatte mich langsam durch das hohe Gras an die Gruppe herangeschlichen, um ja sicher meine drei Schüsse abgeben zu können. Mit dem vierten Banditen wollte ich dann schon fertig werden. Nun aber riss ich das Gewehr