Die Anfänge Roms. Harald HaarmannЧитать онлайн книгу.
bis sich etwa ab der Wende vom 6. zum 5. Jh. v. Chr. das von den Etruskern kontrollierte Gebiet von den Ausläufern der Alpen bis nach Kampanien, von Korsika bis zur Adria erstreckte« (Breyer 1993: 8).
Die frühesten Verbindungen im Fernhandel gehen auf die Initiative der Städte Caere (Cerveteri), Tarquinia und Vulci zurück. Diese Städte lagen nicht weit entfernt von der Küste, und sowohl Tarquinia als auch Vulci verfügten über Flussverbindungen zur Küste. Jede dieser städtischen Zentren legte einen eigenen Hafen an. Für Vulci war dies Regisvilla, für Tarquinia diente Gravisca (heute Porto Clementino) als Hafen, und Pyrgi bot den Händlern von Caere den Zugang zum Meer. Die günstige Lage von Pyrgi hatten bereits frühe griechische Kolonisten erkannt, die dort als Erste einen Handelsstützpunkt einrichteten, der aber schon bald von den Etruskern übernommen wurde.
Der Transport von Waren auf dem Landweg war mühsam und beschwerlich. Die Etrusker nahmen die Herausforderung an und erschlossen die verkehrstechnische Infrastruktur Etruriens durch zahlreiche Straßenbauprojekte, von denen einige erhebliche technische Herausforderungen stellten, wie die Überlandstraße, die Nepi mit Falerii Veteres verband. Dafür musste eine 200 m lange und 15 m tiefe Schneise durch felsiges Gelände geschlagen werden. Das Straßennetz rings um Caere war das dichteste von allen etruskischen Städten (Nardi 1985: 165).
Der größte Teil der Warenimporte nach Etrurien lief über die maritimen Handelsrouten.
»Die Tyrrhenische Küste bot leichte Verbindungen über die gesamte Länge Etruriens, und die schiffbaren Unterläufe der größeren Flüsse wie Tiber und Arno erleichterte ebenso den Verkehr von Menschen und Waren ins Landesinnere. Das Know-how der Etrusker als Seeleute war grundlegend für die Entwicklung und Aufrechterhaltung ihrer Wirtschaftssysteme« (Barker/Rasmussen 2000: 173).
Die aufstrebenden griechischen Kolonien im Süden waren nicht die Ausgangsorte für den Warenimport nach Etrurien. Vielmehr spielten die griechischen Küstenstädte der Magna Graecia die Rolle von Umschlagplätzen für Luxuswaren aus Griechenland, die für die etruskischen aristokratischen Familien bestimmt waren. In der Zeit zwischen 625 und 550 v. Chr. kam der größte Teil der griechischen Keramikgefäße aus Korinth und aus dem östlichen Griechenland. Später dann (zwischen 550 und 475 v. Chr.) bevorzugte die etruskische Elite Waren aus Athen (Barker/Rasmussen 2000: 213 f.).
Etrurien war für die auswärtigen Handelspartner (Griechen, Karthager) insbesondere wegen der reichen Metallvorkommen von Interesse. Metall wurde bereits während der Bronzezeit (4. und 3. Jahrtausend v. Chr.) in Italien verarbeitet. Dies war in erster Linie Kupfer. Im Unterschied aber zu den maritimen Handelskontakten der Etrusker wurde der Handel mit Kupfer in früherer Zeit über Landrouten betrieben, was auch zu einer Verstärkung der Kontakte zwischen regionalen Bevölkerungsgruppen führte (Bietti Sestieri 2009: 9).
»Auf der Insel Elba und nördlich von Populonia in den Monti Metalliferi fand sich im wesentlichen Eisenerz, außerdem gab es Kupfer-, Zinn-, Blei- und Silbergruben. Dieselben Rohstoffe kamen in Fallonica auf dem Festland gegenüber der Insel Elba, in der Gegend von Massa Marittima und dem Monte Amiata vor. Kupfer und Eisen wurden auch in den Tolfabergen nördlich von Caere/Cerveteri geschürft« (Sprenger/Bartoloni 1990: 19)
Das Material der Bodenschätze diente nicht nur als Rohstoff für die Weiterverarbeitung, sondern auch als Zahlungsmittel im Warentausch mit den Handelspartnern. Aus Metall gefertigte Objekte (vor allem Bronzeartikel) gehörten zu den bevorzugten Exportwaren, die von Griechen wie Karthagern eingetauscht wurden.
Die Etrusker eröffneten auch eine Handelsroute nach Nordwesten, an die Küsten Südfrankreichs. Im 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. florierte der Weinhandel. Um die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. erlahmt die Handelstätigkeit auf der nördlichen Seeroute, wohl als Folge der allgemeinen Schwächung der etruskischen Präsenz im westlichen Mittelmeer.
Unter den etruskischen Waren, die zu allen Zeiten und bei allen am Handel beteiligten Partnern beliebt waren, gab es einen Exportschlager, der für die Archäologen zur Leitform für die Ausdehnung der etruskischen Handelskontakte wurde, die Keramikgefäße im sogenannten bucchero-Stil.
Bucchero-Gefäße sind von Spanien im Westen bis Ägypten im Osten, von Tunesien im Süden bis Frankreich im Norden, bis in die griechischen Kolonien an der Nordküste des Schwarzen Meeres gefunden worden (Abb. 10).
Zunächst waren die Häfen im Süden Etruriens führend, was den Umschlag von Waren aus den griechischen Kolonien angeht. Allerdings ist um 460 v. Chr. ein drastischer Wandel zu beobachten. Innerhalb eines Jahrzehnts gingen die Importe griechischer Luxusgüter für die Nekropolen von Tarquinia, Caere und Orvieto drastisch zurück und versiegten schließlich ganz.
In jener Zeit ist der Aufstieg von Populonia (etrusk. Pupluna, Pufluna, Fufluna, latein. Populonium, Populonia) zu beobachten. Der Name ist assoziiert mit dem Götternamen Fufluns. Die Stadt wurde im frühen 9. Jahrhundert v. Chr. gegründet. Die Gründung der Stadt steht mit Sicherheit im Zusammenhang mit dem Abbau und mit der Verarbeitung von Metall, insbesondere Eisen. Es waren verschiedene Entwicklungen, die den Ausschlag gaben für den Aufstieg Populonias.
Abb. 10: Die geographische Verbreitung von etruskischer bucchero-Keramik in den Mittelmeerländern (Hase 1989: 329)
Eine wichtige Veränderung im Norden war politischer Natur, als es Populonia nämlich gelang, die Metallvorkommen auf der der Küste vorgelagerten Insel Elba unter seine Kontrolle zu bringen. Damit wurde Metall für den Hafen von Populonia zum Haupthandelsgut. Von dort wurde vor allem Rohmetall exportiert. Nahegelegen waren die Vorkommen von Campiglia Marittima, wo Kupfer, Blei, Zink, Eisen, Siber und Zinn abgebaut wurden (Benvenuti et al. 2004, Chiarantini et al. 2009). Die Bergbautätigkeit in der Gegend hat sich bis heute fortgesetzt. Populonia war eine Art Freihandelszone, vergleichbar mit der historischen Rolle von Hongkong.
Elementare Begriffe der Verarbeitung von Metall (insbesondere von Eisen) sind mit etruskischen Lehnwörtern ins Lateinische transferiert worden:
as, ›Pfund Kupfer‹
ferrum, ›Eisen; eiserne Werkzeuge‹
galena, ›Bleiglanz, Bleiglätte‹
lamina, ›jedes breite und dünne Stück Metall; ungemünzter Gold- oder Silberbarren‹
talea, ›Eisenbarren‹
Auch im Inland machte sich der Einfluss des Fernhandels geltend. Die etruskischen Handelskontakte erstreckten sich in der Blütezeit weit über das östliche Mittelmeer aus, bis nach Ägypten. In der antiken Stadt Praeneste, rund 35 km östlich von Rom gelegen, entfaltete sich ein kultureller Synkretismus besonderer Prägung. Diese Stadt war ein wichtiger Knotenpunkt für die Verkehrsverbindung von Etrurien nach Süden, nach Kampanien. Hier gab es eine heilige Stätte für die Verehrung der Göttin Fortuna Primigenia und war der Sitz eines populären Orakels. Praeneste hatte seit Langem unter etruskischem Einfluss gestanden. Die Handelskontakte mit Ägypten brachten es mit sich, dass in Praeneste nicht nur die Göttin Fortuna verehrt wurde, sondern ebenfalls die ägyptische Isis als ihr Äquivalent.
Den Boden in einem öffentlichen Gebäude auf dem Forum von Praeneste, in der Aula Absidata, zierte ein monumentales Mosaik, das sich über eine Fläche von etwa 30 m2 ausbreitete. Die Motive in dieser Landschaftskomposition sind sämtlich ägyptisch, und alle dargestellten Szenen sind mit dem großen Strom, dem Nil, assoziiert. Damals lebten ägyptische Künstler und Handwerker in Praeneste, und das Mosaik war ein Kooperationsprojekt ägyptischer und etruskischer Kunstschaffender.
Römische Kaufleute übernahmen später die Kontrolle über die von den Etruskern unterhaltenen Handelskontakte und lernten auf diese Weise das Land am Nil sowie dessen Kultur kennen. Diese Vertrautheit mit Ägypten war von Vorteil, als die Römer im 1. Jahrhundert v. Chr. zur Eroberung des Pharaonenreichs ansetzten.