MännerMutMacher. Michael StahlЧитать онлайн книгу.
die bevorstehende Chemotherapie zu besprechen. Ich erzählte den zuständigen Ärzten von meinem Muskathlon. Die Antwort: „Wir können darauf keine Rücksicht nehmen; Sie haben die Termine zu nehmen, die sie bekommen.“ Beim Blick auf die Termine sehe ich: Die erste Chemo ist eine Woche vor Abflug nach Ruanda und die zweite erst, wenn ich wieder zurück bin.
Der Tag der ersten Chemo ist da, und meine Frau verträgt sie gut. Gott sei Dank! Ein paar Tage später bekomme ich auch die Freigabe von ihr, nach Ruanda fliegen zu dürfen.
Vier Tage vor Abflug ist die 12. Patenschaft für ein Kind von Compassion vermittelt, und zwei Tage vor Abflug betete ein Mann des Gebetskreises aus unserem Dorf, dass noch jemand 120 € überweist. 20 Minuten später bekomme ich eine WhatsApp-Nachricht: 20.000 € sind voll für den König. Da hatte einer den Sturm, der über uns hinwegfegte, benutzt, um aus 10.000 € über 20.000 € zu machen.
Einen Tag vor Abflug sagte meine inzwischen 9-jährige Tochter zu mir: „Papa, du kümmerst dich jetzt um die Kinder in Ruanda, und ich kümmere mich hier um die Mama.“ Wow, die Worte haben mich sehr berührt. Ich konnte mit ruhigem Herzen nach Ruanda fliegen. Freunde hatten ihre Hilfe angeboten, solange ich weg bin; aber es wurde keine einzige Hilfe nötig.
Das Größte für mich in Ruanda war, nach 7 Stunden und 45 Minuten sowie 120 Kilometern und über 1800 Höhenmetern ins Ziel zu fahren, mein Patenkind in den Arm zu nehmen und den Jungen auf mein Fahrrad zu setzen. Alle Schmerzen und Anstrengungen waren vergessen. Mit der Gewissheit, das Richtige getan zu haben, und mit dankbarem Herzen kam ich aus Ruanda wieder. Das Erlebte gab mir neue Kraft und Mut für den weiteren Weg.
Vom 3-wöchigen Chemo-Rhythmus ging es in den Wochen-Rhythmus. Ich kann mich noch gut erinnern: Es war
Mitte Oktober gegen Ende der Chemotherapie. Ich saß an meinem Schreibtisch, schlug meine Bibel auf, las Matthäus 11 und blieb am Vers 29 hängen. Da spricht Jesus zu seinen Jüngern: „Ich meine es gut mit euch!“ (HFA Gerechtigkeitsbibel) Was für Mut machende Worte mitten in unsere Situation hinein!
Mir liefen die Tränen herunter, denn da stand Jesus selbst hinter mir. Er legte mir die Hand auf die Schulter und sprach: „Mach dir keine Sorgen! Ich meine es gut mit deiner Frau, ich meine es gut mit deiner Tochter und ich meine es gut mit dir.“ Die Worte gaben mir neue Kraft und Mut, die letzten Stücke des Weges noch zu gehen.
Nach der Chemo kam dann die Bestrahlung und im Januar 2018 die Reha. Diese Zeit war noch einmal sehr herausfordernd. Tochter, Schule und Job, alles unter einen Hut zu bringen. Aber mit den Worten und der Gewissheit im Rücken, dass er es gut meint, ging es.
Es ist Palmsonntag 2018, ein herrlicher, warmer Frühlingstag mit strahlender Sonne. Unser Dorf liegt auf einem Hügel; für mich ist es „der Berg“, denn von allen Seiten aus geht es hoch. Ich mache mit meiner Frau einen Spaziergang. Wir setzen uns auf den fast höchsten Punkt auf eine Bank. Ich hole aus meinem Rucksack zwei Gläser und gieße Zitronenlimonade ein. Wir trinken sie und haben dabei Tränen in den Augen. Wir danken Gott, dass er uns da durchgeführt hat. Gott sei Dank, bis zum heutigen Tag ist sie krebsfrei.
Das Leben ist echt nicht immer fair, aber Gott meint es immer gut mit dir! Gib niemals auf ! Steh auf !
Gerd Gugel | Jg. 1967 | verheiratet | 1 Tochter| Stockach-Gomaringen | Fertigungsmeister
Wie ich vom Karriere-Tiger zum ErmuTIGER wurde
Ich bin 1991 Christ geworden – alter Schwede, ist das lange her! Aber was heißt Christsein eigentlich ganz genau, fragen mich Freunde ab und zu. Nun, ich habe mich vor vielen Jahren entschieden, ganz bewusst ein Leben mit „Gott an meiner Seite“ zu leben. Die beste Entscheidung meines Lebens, über die ich mich bis heute jeden Tag aufs Neue freuen kann – als ob ich im Obelix-Style in einen Zaubertrank voller Freude gefallen wäre. Wie sich das anfühlt? Das könnt ihr nachlesen: im Neuen Testament in Apostelgeschichte 2 Vers 25, wo beschrieben wird, was ein Herz wirklich fröhlich macht.
Und trotzdem hatte ich einige Aufs und Abs in den ersten Jahren meines Christseins, weil ich meine „wahre Identität“ erst noch finden musste. Was es mit der Bedeutung der Identität auf sich hat, möchte ich hier genauer erklären.
Ich lese immer wieder mal Umfrage-Werte bezüglich „Glauben in Deutschland“, und es sind immer so zwischen 65 und 70 % der Deutschen, die scheinbar an einen Gott glauben. Unglaublich eigentlich, wenn man sieht, wie viel Angst wir Deutschen trotzdem noch haben, sodass der Begriff „German Angst“ inzwischen schon weltweit ein Stigma und eine Beschreibung für unser ängstlich-deutsches Gemüt ist. Ich habe gelernt, dass „an Gott zu glauben“ und ihm wahrhaft „nachzufolgen“ zwei völlig verschiedene Dinge sind.
In all den Jahren meines Christseins seit 1991 durfte ich zwar viel Gutes erleben, aber ich hatte oft das Gefühl, nicht wirklich „frei“ zu sein. Und irgendwie ging es mir viel zu langsam voran in meiner beruflichen Entwicklung und auch im Privatleben. 2008 ist dann etwas passiert, das mein Leben tatsächlich komplett veränderte. In einem Gespräch mit Gott (ja, ich erlebe, dass ER nicht nur hört, sondern auch antwortet) fragte mich Gott (ausgelöst durch eine Predigt von Joyce Meyer) ganz deutlich, ob ich denn wüsste, wer ich vor Gott sein solle? Ob ich mir meiner Identität, wie er mich haben möchte, bewusst sei?
Schwierige Frage! Wenn ich dich jetzt fragen würde: „Was ist deine Identität? Wer möchtest du sein im Leben?“, hättest du darauf sofort eine Antwort? Es ging sogar noch tiefer. Je länger ich darüber nachdachte, was ich Gott und mir selber antworten würde, hatte ich das Gefühl, dass der springende Punkt in der Formulierung lag. „Wer willst du sein im Leben?“ ist eine andere Frage als „Wer sollst du sein im Leben?“ Denn das Letztere beinhaltet ja die Vorstellung, dass Gott einen konkreten Plan für mein Leben hat und eine ganz klare Vorstellung davon, wie er sich „diesen David“ (meine Wenigkeit) ursprünglich in seiner „besten Version“ ausgedacht hatte.
Um es abzukürzen: Nach einigen Tagen intensiven Nachdenkens und einiger Gespräche mit Gott hatte ich eine Art Selbst-Erkenntnis. Worauf Gott wohl viele Jahre gewartet hatte, war meine bewusste Entscheidung, ein ganz bestimmter Menschen-Typ zu werden, welcher die „wahre Nachfolge Jesu“ beschreibt: EIN ERMUTIGER!
Als ich mich 2008 ganz bewusst dafür entschied, meinem Egoismus den Kampf anzusagen und viel mehr Energie darauf zu verwenden, andere Menschen zu ermutigen und ihnen Hoffnung zu bringen, anstatt mich ständig nur um meine Karriere und mein Ego zu kümmern, da passierten plötzlich die verrücktesten Dinge. Nicht nur, dass ich auf einmal beruflich viel mehr Erfolg hatte, als je zuvor, nein, ich hatte plötzlich eine Leichtigkeit in allem, was ich tat, weil nun der Druck weg war, es mir und allen beweisen zu müssen.
Das ist ein großes Problem in Deutschland, dass wir uns viel mehr nach der Anerkennung anderer sehnen, als dass wir uns fragen, was Gott wohl von uns denkt. Diese Sucht nach Anerkennung lässt den einen zum Workaholic werden und den anderen zwölfmal am Tag sein Instagram und Facebook checken, ob das letzte Selfie auch genügend Likes (!) bekommen hat. Unsere Gesellschaft suggeriert uns ständig, dass wir nicht gut genug sind und dass wir jeden Tag etwas zu beweisen haben, wenn wir mithalten wollen im Gedränge nach Anerkennung und Vorzeige-Erfolgen.
Als ich mich entschied, ein Ermutiger zu werden, habe ich mich damit auch gleichzeitig ent-
schieden, aus diesem Teufelskreis und Hamsterrad des Beifall-Suchens auszusteigen. Mein Fokus liegt nun täglich darauf, wie ich Gott und den Menschen dienen kann – anstatt mich, wie viele Jahre lang, täglich zu fragen „Worauf habe ich denn heute gerade Bock?“
Dieses Leben nach dem Lustprinzip hatte ich 2008 satt – weil es einfach nie genug (!) war. Mein Herz schien damals ein großes Loch zu haben, durch das alles hindurchfiel, was ich mir holte, um vermeintlich glücklich zu sein. Wenn ich nun morgens aufstehe, habe ich seither ein bestimmtes Ritual: Ich sage spätestens beim Duschen, wenn ich einigermaßen bei klarem