Эротические рассказы

degenerama. Jek HydeЧитать онлайн книгу.

degenerama - Jek Hyde


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dass sie Medizin studierte; dass sie eigentlich ein Kind dieses Landes war, welches nicht viel von der Vergangenheit seines ursprünglichen kannte, außer der Sprache natürlich. Und eigentlich interessierte es ihn, was sie wohl dachte, doch sie kamen nur sehr selten ins Gespräch. Allerdings nur, wenn Li es wollte. Sie fing an. Er niemals. Meistens sprachen sie über Medizin. Ab und an erklärte er ihr etwas, was sie nicht verstanden hatte, wobei ihn stets dieses Gefühl verfolgte, dass sie eh wusste, was er sagte. Ab und zu unterhielten sie sich auch einfach so.

      Es war eine merkwürdige Verbindung von David zu der Familie Wo. Er wohnte über ihrem Laden und sie über ihm. Wenn sie im Hof, der von allen vier Seiten von Häusern eingeschachtelt war, grillten, grillte er mit ihnen. Unterhielt sich mit ihnen. Sie duldeten seine halbwegs legale Praxis, deren Legalität sich nur so weit erstreckte, indem es kein Gesetz gegen das gab, was er tat: Gesichter für Geld zu verunstalten.

      Als er vor dem kantigen Gebäude der Uni hielt, dachte er den Gedanken zu Ende, der sich darum drehte, dass der Laden der Wos nicht viel abwarf. Li verabschiedete sich nach dieser schweigsamen Autofahrt und wollte aussteigen, als David sie mit einem ruhigen „Warte kurz“ abhielt, bevor er ihr einen Schein reichte. Ihre mandelförmigen Augen sahen auf das Geld hinunter. „Weil Studenten immer welches brauchen“, meinte David und lächelte leicht. Li nahm es, lächelte ebenfalls, umarmte ihn flüchtig, bedankte sich eilend und ging.

      Manchmal kam es ihm fast so vor, als wäre Li seine Tochter. Manchmal gefiel ihm der Gedanke jedoch nicht und die Realität zeigte ihm auf anschauliche Weise, dass sie’s nicht war.

      David fuhr zurück.

      Selbst der Weg zu Pias Wohnung war Spade so vorgekommen, als wandere er im Traum herum. Alles war irgendwie fremd und verschwommen, was wohl an dem Nachhallen des Betäubungsmittels in seinem Kopf lag. Er erinnerte sich noch schwach daran, sich aufgesetzt zu haben, und als er sich gerade in den Eimer erbrach, war ein älterer Chinese ins Zimmer getreten und hatte irgendwas gesagt. Spade war sitzen geblieben und hatte seine schwarzen, glänzenden Schuhe betrachtet, bis sein Kopf klar genug geworden war, um aufzustehen und durch die morgendliche Stadt zu wandern, die inzwischen erwacht war. Er ging an den grauen Häusern und den Schaufensterpuppen vorbei zu den Plattenbauten, die eher wie alte Computer wirkten und hoch in die Luft ragten. Der, in dem Pia wohnte, zeichnete sich durch viele kleine Balkone aus, die unabhängig voneinander aus der Fassade standen, gleich herausgezogenen Schubkästen.

      Er presste den Finger gegen die Sprechanlage, noch immer leicht schummrig, und Pias Stimme erklang von der Mitte bis hinunter: „Wer?“

      „Spade“, sprach der Schwankende einfach hinein.

      „Komm hoch, Ben.“

      „Ich bin nicht Ben“, erwiderte Spade und stieg die vielen Stufen zu Pia Hand hinauf, die bereits vor ihrer Tür wartete. In Shorts und einem weiten, dunklen T-Shirt stand sie mit ihren langen Beinen und dem blonden, flauschigen Irokesenschnitt auf dem Kopf da. Das hübsche Gesicht war von im Verheilen begriffenen Narben bedeckt. Sie hatten eine gewisse logische Anordnung, die Pia vor dem Spiegel getroffen hatte. Eine lange Narbe befand sich über ihrem linken Auge schräg zum Kiefer; eine stand parallel dazu und zur Nase; eine war über dem rechten Auge und schnitt die Lippen; eine Narbe verbreiterte ihr Lächeln bis zu den Ohren; eine verlief von dem einen Wangenknochen zum anderen über die Nase; eine Narbe begann unter dem rechten Auge und schnitt das linke längs, wobei sie natürlich aus Sicherheitsgründen die Augenlider in Ruhe gelassen hatte; und zu guter Letzt hatte sie eine siebte kleine Narbe an der linken Wange, recht nah am Kiefer, die die Narbe schnitt, die über die Nase führte, und die, die den Mund vergrößerte. Dieses Gitter, welches ihr hübsches Gesicht überspannte, hatte nichts mehr von den roten Narben, sondern bestand nur noch aus leichten, hellen Erhebungen.

      „Was ist denn mit dir passiert?“, fragte sie zu Spade hinab, der gerade die Treppen hinaufstieg.

      „Ich habe die Zerstörung meines Gesichts professionalisiert. Bin aus der Amateurschublade raus“, meinte Spade und fuhr mit einem Finge eine von Pias Narben nach. „Du heilst“, meinte er.

      „Ich weiß“, lächelte sie. „Ich muss die Cuttings demnächst nachziehen. Was machst du hier? Müsstest du nicht arbeiten?“

      „Müsstest du nicht auch arbeiten?“

      „Ich hab zuerst gefragt.“ Sie trat zurück und ließ den bandagierten Spade in den länglichen Flur.

      „Könnte eh nicht arbeiten. Die Betäubungsmittel haben noch nicht wirklich nachgelassen.“

      „Wie meinst du das?“, fragte Pia plötzlich. „Na ja, es dauert, bis der Körper die Vergiftung abgebaut hat, und bis dahin bist du dir nicht sicher, ob du wach bist oder …“

      „Das meine ich nicht. Du sagtest ‚professionalisiert‘. Was soll das heißen?“

      Spade sah Pia an, wie sie unsicher dastand.

      „Warum trägst du diesen Verband um dein Gesicht? Was hast du gemacht?“

      „Schön-heits-chi-rur-gie. Bloß andersherum“, sagte Spade, als er seine Stirn gegen ihre legte und mit der Hand durch ihren wuscheligen Iro fuhr. Pia wich zurück. „Was?“

      „Anders gesagt: Ich habe mein Gesicht chirurgisch zerstören lassen“, sagte Spade zufrieden.

      Pia schien plötzlich Angst zu bekommen. „Was hast du gemacht, Ben?“

      „Bleiben wir bei Spade. Ich weiß noch nicht, wie es geworden ist, und ich dachte, dass du es als Erste sehen sollst. Gehen wir ins Bad.“

      Spade ging über das Parkett durch die Wohnung mit den cremefarbenen Wänden und den schicken, glatten, kantigen Möbeln in das kleine Badezimmer, das einen großen Spiegel, der vom Fußboden bis zur Decke reichte, eine Toilette neben dem Fenster und daneben eine Badewanne enthielt.

      „Wie kommt es eigentlich, dass du in einem beschissenen Neubaublock wohnst, wo dein Vater doch reich ist?“, fragte Spade, als er das Bad betrat.

      „Mein Vater ist wohlhabend, nicht ‚reich‘. Was hast du eigentlich machen lassen?“

      „Facelifting extrem“, meinte Spade, schaute in sein bandagiertes Gesicht, aus dem das kinnlange, schwarze Haar in Strähnen hinabhing, schaute in seine Pupillen, wobei die rechte unnatürlich weit geweitet war und sich nie wieder zusammenziehen würde.

      „Hat dir die Sache mit den Augen nicht gereicht?“, fragte Pia, die die Arme verschränkte und sich gegen die Wand lehnte, ein wenig in Angst, was sie unter dem Verband erwarten würde.

      „Nein, aber es war ein Anfang. Ich erfuhr damals, dass David Bowies Auge nur durch eine Schlägerei, die er als Kind gehabt hatte, geweitet war. Es war ein Anfang.“

      „Super, weißt du noch, wie oft ich dich schlagen musste?“, meinte Pia. „Am Ende hattest du eine gebrochene Schläfe und ich eine verstauchte Hand, die blau wurde.“

      „Und meine verschiedenen Augen“, führte Spade an und suchte mit den Fingern den Anfang der Binden, die sich wie ein schützender Kokon um sein neues Gesicht schlangen.

      „Ich will ja nichts sagen, aber bist du sicher, dass das eine gute Idee war? Ich meine, dein Gesicht gleich durch einen Chirurgen zu zerstören?“

      Spade stand vor dem Spiegel und sah sich an. Nur seine zwei kleinen runden Augen mit geröteter Haut rundherum und seine Zähne schauten aus dem Verband heraus. „Weißt du, dass ich mir neulich vorgestellt habe, wie du dir dein Gesicht zerschnitten hast? Wie du mit einem Taschenmesser vor dem Spiegel standest und ähnlich einer Frau, die sich schminkt, lange, blutige Narben in dein Gesicht geschnitten hast?“

      „Es war ein kleines Gemüsemesser“, berichtigte Pia ihn lächelnd.

      Spade schüttelte seine Gliedmaßen aus, wie vor einer großen sportlichen Herausforderung. „Bist du auch so gespannt wie ich?“

      Pia ging zu ihm. „Okay, mach schon, bevor ich Angst kriege.“


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