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Tödliche Offenbarung. Cornelia KuhnertЧитать онлайн книгу.

Tödliche Offenbarung - Cornelia Kuhnert


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hasst diese einsamen Wochenenden. Früher galten die freien Tage als der Höhepunkt der Woche. Er liebte es, die Zeit mit seinem Sohn zu verbringen, Hand in Hand mit Christopher durch den Zoo zu schlendern, seinem Geplapper zu lauschen und den kindlichen Gedankengängen zu folgen. Nach der Trennung von seiner Frau Miriam hat er ihn regelmäßig besucht. Doch dann ist sie mit Christopher nach München gezogen. Seitdem ist es vorbei mit diesen spontanen Ausflügen. Zuletzt hat er seinen Sohn vor einem halben Jahr gesehen. Der Kleine nennt den Neuen seiner Ex jetzt Paps. Das hat Beckmann mehr getroffen, als er zugibt. Hat er sich deshalb entschlossen, den Jungen nicht weiter mit seinen Besuchen zu verwirren?

      In stillen Stunden stellt er diesen Entschluss jedoch genauso in Frage wie vieles andere. Wie kann es angehen, dass jemand die vierzig überschritten und immer noch keine Linie |35|für sein Leben gefunden hat? Darüber wundert er sich nicht zum ersten Mal. Im Gegenteil. Die Abstände werden immer kürzer. Liegt es an seinem Beruf? Die Scheidungsrate bei Polizisten soll besonders hoch sein, genau wie die Selbstmordrate. Vielleicht hätte er einen anderen beruflichen Weg einschlagen sollen. Sein Kunstlehrer hat ihn in der Oberstufe immer aufgezogen: Junge, mit diesem Namen solltest du Maler werden. Nomen est Omen. Von wegen. Mit künstlerischer Kreativität ist es bei ihm nie weit her gewesen. Quer und anders zu denken, Dinge, die scheinbar nicht zusammen gehören, in Verbindung zu bringen, sie wie ein Puzzle miteinander zu verknüpfen, dazu hat er Talent. Er ist ein neugieriger Mensch, ein hartnäckiger Schnüffler. Penetrant verfolgt er aufgenommene Spuren. Er ist gerne Ermittler – das wird ihm immer klarer, je älter er wird. Die Arbeit gibt seinem Leben einen Sinn. Arbeit als Sinn des Lebens. So weit ist es schon mit ihm gekommen. Sein Vater, Arbeiter in einer Gummifabrik, hat immer gesagt: Ich arbeite, um zu leben. Bei ihm ist es umgekehrt. Er lebt, um zu arbeiten. Sei’s drum. Dann stürzt er sich eben in diese Arbeit. Davon hat er schließlich genug. Beckmann zieht den USB-Stick aus seiner Jackentasche. Darauf sind ein paar Dateien und heruntergeladene Seiten aus dem Internet, die er schon längst bearbeitet haben wollte. Doch gestern hatte ihm die Hitze die letzten klaren Gedanken aus dem Gehirn getrieben – oder besser gesagt, sein Kollege. Frank Rischmüller, mit dem er sich das Zimmer im Landeskriminalamt teilt, pries den ganzen Nachmittag über Hannovers Maschseefest in den höchsten Tönen an.

      »Der erste Abend ist immer der Beste«, hatte er nicht nur |36|einmal behauptet und Beckmann schließlich zum Mitkommen überredet.

      Neben der Bühne des NDR am Nordufer tranken Rischmüller und er das erste Bier. Die Musik schallte zu ihnen herüber und sie waren froh, als die wild herumhüpfende Sängerin einer Nachwuchsband endlich Pause machte.

      »Was für eine Hitze. Ich hol uns noch ein Becks«, bot Rischmüller an. Nach der dritten Flasche an einem ruhiger gelegenen Bierstand gestand Rischmüller ihm, dass er den ganzen Haufen beim Landeskriminalamt seltsam findet.

      »Die hätten unendliche Möglichkeiten und machen nichts draus.«

      »Wie meinst du das?«

      »Ach nur so.« Rischmüller warf ihm einen verschwörerischen Blick zu und strich sich mit einer langsamen, fast lasziven Bewegung die dunkelbraune Haarsträhne zurück, die ihm im nächsten Moment wieder vor die Augen fiel.

      Mit jedem Bier, das dem ersten folgte, wurde das Treiben rund um den See lauter und ihr Gespräch offener. Es stieg an, schwoll ab, war ruhig und dann wieder unvermutet ernst. Die dröhnende Musik störte Beckmann zu diesem Zeitpunkt schon längst nicht mehr.

      »Willst du kriminelle Machenschaften im Netz aufdecken, musst du den Gegnern eine Nasenlänge voraus sein – besser zwei«, philosophierte Rischmüller.

      »Und was sagt der Datenschutz dazu?«, entgegnete Beckmann.

      »Datenschutz?« Rischmüller kräuselte die Lippen, strich die widerspenstige Haarsträhne zurück und zuckte mit den Schultern. »Manchmal eröffnen sich interessante Perspektiven, |37|wenn man sich Zutritt zu fremden Systemen …«, er zögerte einen Moment, »… auf die eine oder andere nicht ganz legale Art verschafft. Außerhalb der Dienstzeit – versteht sich.«

      9

      Borgfeld atmet erleichtert auf, als Doktor Schmidt im Golfclub eintrifft. Der Rechtsmediziner trägt einen dezenten grauen Anzug, darunter ein altrosa Polohemd, das seinen sommerlich braunen Teint unterstreicht.

      »Müsst ihr mich immer samstags rufen«, schnarrt er und verzieht das Gesicht. Gute Laune hört sich anders an. Schmidt wirft einen Blick auf seine goldene Armbanduhr. 9 Uhr 22. Um elf Uhr ist er mit Ina von Lauenstein verabredet. Ihr Name hört sich viel versprechend an, ihre Stimme am Telefon ebenfalls. Sie ist Eventmanagerin. Auch das klingt interessant. Vielleicht ist die Partnersuche mit einem Institut im Internet doch effektiver als seine eigenen Versuche mit Kontaktanzeigen in der Zeitung.

      »Packen wir es an.« Während Schmidt sich seine Plastikhandschuhe überstreift, mustert er den Toten. Die Augen stehen hervor. Sieht aus, als wenn er stranguliert worden wäre. Das verfärbte, aufgedunsene Gesicht würde dazu passen, genau wie die blauroten Druckstellen am Hals. Klare Sache. Tod durch Erwürgen. Das sollte schnell gehen. Wenn er sich beeilt, schafft er es bis elf pünktlich zum Kröpcke.

      »Wann ist der Tote gefunden worden?«

      |38|»Um kurz vor halb neun. Eine Golfschülerin hat ihn mehr oder weniger zufällig entdeckt.«

      Schmidt beugt sich über den Leichnam und öffnet den Reißverschluss der Lederjacke. In der Innentasche steckt eine Brieftasche. Vorsichtig holt er sie heraus und reicht sie Borgfeld.

      »Hier, ziehen Sie sich aber vorher Handschuhe an. Sie haben doch welche mit?«

      Borgfeld hebt seine rechte Augenbraue. Mehr nicht. Schmidt ist Schmidt. Wenn er seinen guten Tag hat, ist er die reinste Quasselbude, wenn nicht, geht man besser in Deckung.

      Während Schmidt den Toten untersucht, studiert Borgfeld den Ausweis.

      »Henry Broderich, 42 Jahre, wohnhaft in Burgwedel.« Er sieht Streuwald an. »Kennst du den?«

      Sein Kollege zuckt mit den Schultern.

      »Vom Fußball jedenfalls nicht, obwohl der früher bestimmt die richtige Figur dafür gehabt hätte.«

      Borgfeld fischt den Führerschein aus einem der Seitenfächer der Brieftasche. Fahrerlaubnis für Klasse eins und drei. Passt zur Motorradjacke und den Stiefeln. Im nächsten Fach findet er den Zulassungsschein für ein Motorrad.

      »BMW K 1200 S Baujahr 2006«, liest Borgfeld laut vor.

      »Das muss eins der ersten Modelle mit dem neuen wassergekühlten Vierzylinder-Reihenmotor sein«, meldet sich Harms von der Kriminaltechnik zu Wort, der gerade die Spheronkamera abbaut. »Der Motor wurde in dieser Reihe mit querliegender Kurbelwelle eingebaut und die Zylinderbank ist extrem weit nach vorne geneigt. Das Triebwerk mit |39|zwei obenliegenden Nockenwellen und vier Ventilen pro Zylinder, elektronischer Einspritzung und geregeltem Drei-Wege-Katalysator …«

      »Ist gut«, unterbricht Borgfeld ihn.

      »Das Besondere an diesem Modell ist, dass das Hinterrad von einer Aluminiumguss-Einarmschwinge mit Paralever geführt wird, das Vorderrad …«

      »Kollege Harms, wenn wir in technischen Angelegenheiten noch Fragen haben, werden wir uns sofort an dich wenden.«

      »Könnt ihr wirklich gerne machen. Mit den Tatortaufnahmen bin ich fertig.«

      Harms ist schon um die Ecke verschwunden, als Borgfeld eine Bewirtungsrechnung vom Tag zuvor aus der Brieftasche zieht. Grillteller und Bier, 44 Euro für zwei Personen. Er packt die Rechnung in eine Plastikhülle.

      »Mit wem er wohl im Dorfkrug essen war?«

      Bevor Streuwald etwas erwidern kann, winkt Schmidt die beiden zu sich.

      »Hier, meine Herren, das ist ja mal was Interessantes. Schauen Sie.« Er zeigt auf den Toten und deutet auf dessen Mund. Dort, wo sonst eigentlich das Zäpfchen zu sehen ist, sitzt etwas Weißes. Etwas Weißes mit gleichmäßigen Dellen.

      »Was ist das?« Borgfeld dreht sich angeekelt um.

      »Ist


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