Vier Pfoten und drei Koffer. Helge SobikЧитать онлайн книгу.
wie zuhause in unserer Küche haben, und mir rutschte ein »Guck mal, die Leute haben ja auch Sachen!« heraus, während ich zugleich auf das Fach zeigte. Er wusste sofort, worum es gehen musste, haute mit der Pfote auf den Griff und riss die nicht mal mehr halb volle Schublade mit den Verbandsmaterialien auf. Es war ein Riesenbrüller. Und fortan musste er es dort regelmäßig tun – zu seiner größten Freude.
Frühstück im Freien – und die Gegend beobachten
Das Schöne am Süden ist, schon an manchem Januarmorgen im Freien frühstücken zu können: auf der Veranda, mit dem Rücken zur Terrassentür, dem Blick geradeaus über die Orangenplantagen aufs Meer. Das ist herrlich! Es ist ein windstiller Morgen, das breite dunkelblaue Band am Horizont ist spiegelglatt, in der Ferne sind zwei Frachter parallel zur Küste mit Südkurs unterwegs, ganz im Norden ist ein Fischerboot zu erkennen – und sehr viel näher auf unserer schmalen Sackgasse braust plötzlich ein brauner Lieferwagen hangaufwärts in Richtung des letzten Hauses am Ende der Straße, bevor die Wildnis beginnt. Hoover kommentiert dessen Erscheinen mit »Wuff!« und baut sich dafür in ganzer Höhe und Breite am Ansatz der Treppe von der Veranda herunter zum Pool auf.
Als wenig später eine Spaziergängerin in roter Jacke auftaucht, knurrt er tieftönig und signalisiert eindeutig: »Mein Haus! Mein Herrchen! Meine Plüsch-Ente! Und was auch immer beim Frühstück aus Versehen herunterfallen sollte, ist ebenfalls meines!«
Wieder sind es die Hänge, die den Sound aus dem Retriever-Brustkorb hin- und herpritschen wie bei unser Ankunft das Kläffen des Hundes unten aus dem Tal. Und erstmals stellt Hoover sogar das Nackenfell zu einer »Bürste« auf. So etwas habe ich bisher noch nie bei ihm gesehen und stelle fest: Irgendwie ist mein verspielter Hund ganz plötzlich erwachsen geworden und übernimmt in der Fremde Verantwortung für das, was er als sein Territorium ansieht.
Zwei Gläser Orangensaft, eine halbe Kanne Tee und anderthalb Croissants später taucht wieder jemand auf. Aus der Ferne würde ich sagen: eine Frau mit Hund, ein Beagle vielleicht. Hoover muss lange vor mir etwas geahnt, vielleicht schon ein Hundemarkenklimpern gehört haben. Wieder steht er Wache, nur ohne Bürste. Und schaut geradeaus in Richtung der beiden, als sei er noch unentschieden, ob er sie weghypnotisieren oder telepathisch herbeibeordern wolle. Plötzlich bellt er freudig, wie wenn er zuhause Beagle-Freundin Emmy oder Flat-Kumpel Black Jack trifft, und rennt ins Haus, um sich an der Innenseite der Eingangstür aufzubauen. Also gut, denke ich, wenn Dir die beiden dermaßen in den Kram passen und auf der Bewertungsskala sehr weit oberhalb des braunen Transporters und des Spaziergängers rangieren, dann gehen wir mal gucken.
Er rennt wie ein Wilder die Auffahrt hoch Richtung Gittertor. Wäre die Einfahrt nicht gepflastert, sondern sandig, müsste ich mich röchelnd durch eine immense Staubwolke bergauf hinterherschleppen. Erst unmittelbar diesseits des verschlossenen Rolltores legt Hoover eine eindrucksvolle Vollbremsung hin und starrt das kein halbes Jahr alte Beagle-Fräulein an, um nur zwei, drei Sekunden später beherzt in die Anschlabber-Offensive überzugehen. Der Welpe nimmt das nicht nur gelassen und ganz ohne Ängstlichkeit hin, sondern erwidert die nette Geste sogleich und spaziert zwischen zwei Gitterstäben durchs Tor in die Einfahrt.
Ich sammele das Hündchen schnell ein, reiche es übers Tor an Frauchen zurück und bekomme dafür ein akzentfrei deutschsprachiges »Dankeschön«, ein »Herzlich willkommen in der Gegend« und ein Hundskompliment für Hoover: »Der ist aber schön. Und so lieb!« Wenn das so ist, gehen wir die Runde am Berg eben mit – an der Leine natürlich, damit das Beagle-Mädchen namens Luna nicht andauernd vor lauter Begeisterung überrannt und umgepflügt wird.
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