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SOKO bizarr. Axel HildebrandЧитать онлайн книгу.

SOKO bizarr - Axel Hildebrand


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      Die Einsamkeit ist nie schlimm gewesen. Alex ist einer von denen, die immer nur doof aus der Wäsche gucken. Wenn jemand so Sachen fragt, wie „Hast du wirklich nie woanders gelebt? Nie in der Stadt? Immer auf dem Dorf?“

      Alex grinst dann nur. Und sagt „Warum sollte ich?“

      Einsamkeit ist ja eigentlich nur Zeit mit einem zu verbringen, den man liebt. Und Alex ist mit sich glücklich. Er braucht nichts weiter. Andere Leute schon mal gar nicht.

      Die ganzen Jahre war das so. Nur er. Sein Elternhaus. Und die Natur drum herum. Das pure Glück.

      Na, schön … vielleicht gepaart mit ein wenig Paranoia hier und da. Aber im Großen und Ganzen: Glück.

      Leider merkt Alex, dass das jetzt vorbei ist. Jetzt, wo er weiß, wie prickelnd und aufregend Besucher sein können. Jetzt vermisst er sie plötzlich.

      Mit bloßem Rumsitzen und Warten lässt sich an dem Zustand nicht viel ändern. Aber vielleicht durch das Internet …

      Alex überwindet seine Abscheu vor der Welt da draußen. Vor den anonymen Regierungsbehörden und Spinnern, die einen da digital belästigen könnten, und meldet sich an. Auf der Geocaching-Seite mit dem Tippfehler.

      Alex schreibt noch ein, zwei Kommentare über „den tollen, geheimnisvollen Schatz“ auf seinem Acker. Und trägt noch drei, vier weitere Caches ein. Alle verstreut auf seinem Grundstück – und alle wunderbar von der Küche aus zu beobachten.

      Urplötzlich ist das kleine Flecken Nirgendwo im Hessischen Outback eine Art Disneyland für Schatzsucher in Funktionsjacken. Theoretisch.

      Praktisch wartet hier Alex mit seiner Armbrust.

      Und die Ernte ist reich.

      Im Laufe der nächsten zwei Monate kommen viele. Sieben Männer. Drei Frauen. Zwei Hunde und ein Kind.

      Alles Volltreffer. Direkt zwischen die Augen. Bei dem ersten Hund musste Alex kurz seine moralischen Maßstäbe prüfen: Sind Tiere nicht grundsätzlich unschuldig? Versaut es einem das Karma? Darf man sowas?

      Alex kam zu dem Schluss: „Ja, darf man. Was betreten die auch Privatgelände?“

      Und so drückte Alex ab. Er schießt auf jeden.

      Nur nicht auf Pinguine. Da bleibt Alex sich treu.

      Nach einer Weile kommen aber leider keine neuen Eindringlinge mehr.

      Alex fühlt, wie er nervös wird. Wie die Unruhe auch vom Bärchen-Tee nicht mehr zu bändigen ist. Ein Jäger ist nur ein Jäger, wenn er auch jagt.

      Aber die Scheiß-Beute bleibt weg.

      Die Erklärung ist dann ziemlich einfach. Als Alex sich mal wieder in die Geocaching-Seite einloggt, sind alle Daten seines Grundstücks gelöscht.

      Laut Administrator-Kommentar, weil keine Feedbacks gekommen sind. Weil es sich offenbar um Karteileichen handelt oder um Einträge eines Trolls.

      Wieder was gelernt über die seltsame Welt der Hobby-Schatzsucher. Wenn es da keine Bewertungen gibt, ist man raus. Schlimmer als bei Amazon.

      Alex ist ratlos. Und weiter unzufrieden. Es fing gerade an, Spaß zu machen. Und jetzt? Dass man aufhören soll, wenn es am Schönsten ist … das hat sich ein Vollidiot ausgedacht.

      Alex überlegt schon, dass er vielleicht unter einem anderen Usernamen neue Schätze posten sollte, als er das gelobte Land entdeckt. Und es ist keine 40km entfernt. Drei Caches! Auf einem Acker!

      Alex steigt in seinen Wagen – packt genug Munition ein, Tarnkleidung und eine Thermoskanne Tee.

      Und sein kleiner Ausflug wird belohnt! Alex liegt erst seit zwei Stunden hinter einer Hecke, als der Erste auftaucht. Diesmal in Rot. Bodo in einer knallroten Jacke.

      Alex visiert ihn an. Und seine Hände zittern zum ersten Mal. Vor Freude.

      Warum hat er das nicht gleich so gemacht? Warum ist er überhaupt das Risiko eingegangen, eine Fährte zu seinem eigenen Grund und Boden zu legen? Wie hoch das Risiko ist, hat er erst begriffen, als er diese beiden Streifenpolizisten verbuddeln musste. Natürlich werden manche Schatzsucher auch von ihrer Schatzsucherfamilie als vermisst gemeldet! Natürlich werden die gesucht – von irgendwem.

      Und natürlich ist es viel, viel einfacher die echten Schätze zu benutzen, die andere Deppen eingegraben haben. Wie die Krokodile die Wasserstellen. Kein Krokodil hat schließlich jemals selbst einen Teich gebuddelt.

      Alex blickt wieder durchs sein Visier. Da ist immer noch Bodo mit der roten Funktionsjacke. Starrt auf sein GPS und freut sich.

      Alex entdeckt, dass Bodo ziemlich fett ist. Und auf den zweiten Blick erkennt Alex, dass das gar keine Wampe ist, die man da sieht – das ist ein Tragetuch! So‘n Hippie-Öko-Fair-Trade-Baumwolle-Dingsbums. Sowas womit linkswählende Bildungsbürger ihren Nachwuchs durch die Gegend schleppen. Um die Hände frei zu haben. Fürs Schatzsuchen.

      Alex wägt kurz ab: Erst den Vater, dann den Säugling? Oder umgekehrt? Was wäre spannender? Alex vermutet, dass das Baby aus der Entfernung sauschlecht zu treffen ist – wenn der Vater erst mal am Boden liegt.

      Also den Wurm zuerst.

      Alex‘ Finger krümmt sich am Abzug. Er stößt nochmal kurz vom Bärchen-Tee auf und dann kontrolliert er seine Atmung.

      Genau so geht der perfekte Schuss! Wenn die Beute nicht einmal mehr begreift, was passiert ist. So als würde man im Zimmer das Licht ohne Vorwarnung ausschalten.

      Zack und dunkel.

      Kaum Blut. Aber reichlich Fleisch.

      Fleisch für die ganze Familie.

      Am Tisch in dem kleinen Haus – irgendwo in der Hessischen Pampa – keine 40km von Alex‘ Grundstück entfernt, wird das Essen aufgetragen.

      Kathi und Bodo Müller schlemmen. Der kleine Jordan mampft sein Fleischbreichen. Und blättert dabei in einem Bilderbuch über die Tiere der Savanne. Da ist natürlich auch das Krokodil drin. Hätte Alex dieses Buch auch gelesen, dann hätte er gewusst, dass Krokodile immer nur die schwächeren oder die unerfahrenen Tiere fressen.

      Denn leider muss man zugeben, dass Alex im Gegensatz zur Familie Müller ein blutiger Anfänger war. Dass die Müllers schon seit vielen Jahren Selbstversorger sind. Und dass sie ihm sehr, sehr viel Erfahrung bei der Jagd voraus haben …

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