Die 40 bekanntesten archäologischen Stätten entlang der Via Agrippa in Deutschland, Luxemburg und Frankreich. Peggy LeiverkusЧитать онлайн книгу.
Abb. 8 Durch die Hypokaustenheizung wurden Becken und Fußböden von unten mit heißer Luft erwärmt. Zülpicher Museum für Badekultur.
Wenig nördlich der Thermen auf einem Verkehrskreisel auf der Römerallee, die den schnurgeraden Verlauf der Agrippastraße nachvollzieht, ist heute die Kopie eines römischen Meilensteins zu sehen, der die Entfernung nach Köln mit 30 Leugen (35,2 km) angibt, eine gute Tagesreise. Noch interessanter sind die drei weiteren Inschriften mit den Namen der jeweils amtierenden Kaiser. Leider ist die erste Inschrift nicht mehr lesbar, denn es war üblich, die Namen von Kaisern auf öffentlichen Inschriften zu tilgen, wenn sie zum Staatsfeind erklärt worden waren, z. B. durch einen siegreichen Nachfolger.
Die zweite Inschrift ist Kaiser Licinius geweiht, die dritte Kaiser Konstantin und seinen Söhnen. Beide Männer hatten zwischen 308 und 324 n. Chr. gemeinsam das Römische Reich regiert, zerstritten sich aber und Konstantin ließ seinen Konkurrenten schließlich umbringen. Dementsprechend hat man versucht, die erste an Licinius gerichtete Inschrift zu tilgen, allerdings blieb sie für uns zu entziffern. Getilgt wurde auch in der zweiten Inschrift der Name Crispus, Konstantins Sohn, den sein Vater wegen Verrats ebenfalls hatte ermorden lassen.
Literatur:
Horn, H.G.: So badeten die Römer. Rund um die Thermen von Zülpich. Zülpich 2008.
Was verängstigte Reisende für das Werk von barbarischen Germanenhorden halten mögen, kann die Boten und Händler, die regelmäßig die Eifel auf der Via Agrippa durchqueren, nicht schrecken. Hier wird Kalk für das Imperium gebrannt!
03 IVERSHEIM – STINKENDER RAUCH ZIEHT ÜBER DIE VIA
DEUTSCHLAND | Nordrhein-Westfalen |
Tief im Wald der Eifel auf der Höhe von Mechernich war es durchaus möglich, dass dem Reisenden des 2. und 3. Jhs. der Gestank von verbranntem Holz, Asche und nicht organischen Stoffen in die Nase drang, oder dass entfernte Rauchsäulen zwischen den Hügeln aufstiegen. Die Rede ist nicht von Brandschatzung, sondern von einem der größten Kalkabbaugebiete nördlich der Alpen, der 25 km langen Sötenicher Kalkgrube. Kalk- und Dolomitgestein wurde hier für die Kalkherstellung in Massen abgebaut, Spuren von antiken Steinbrüchen gibt es zu Hauf und auch mehrere Kalkbrennereien wurden entdeckt, eine davon in Iversheim, das ca. 10 km östlich der Via Agrippa liegt (Abb. 9).
Die 30 m lange Anlage am Hang der Erft, heute am Kalkarer Weg nahe den Gleisen gelegen, bestand aus vier, später sechs 4 m hohen Brennöfen, in denen bei einer Temperatur von bis zu 1.050 Grad Dolomit zu Kalk verbrannt wurde, welcher zur Herstellung von Mörtel diente. Dieser war auf den Baustellen der Provinz heiß begehrt, denn der nierdergermanische Limes musste mit Kastellen befestigt werden. Auch Straßen mussten gebaut und nach den ersten Germaneneinfällen um 270 n. Chr. Häuser und Abwehranlagen wiederaufgebaut und verstärkt werden.
Die Betreiber dieser Brennerei waren keineswegs Privatleute, sondern Legionäre, wie aus zwölf Weihesteinen hervorgeht, die in dieser und den nahegelegenen Brennereien gefunden wurden. Auf den ersten Blick ist die Vorstellung, dass Soldaten einen Brennofen betreiben, etwas merkwürdig, doch in Anbetracht der Tatsache, dass gerade in den Provinzen die Legionäre den größten Teil der Infrastruktur errichteten, weil es nicht genügend Personal gab, nicht unbedingt verwunderlich. Die Weihesteine sind an verschiedene Götter gerichtet, z. B. passenderweise an Minerva, die u. a. für das Handwerk zuständig war. Ihnen ist zu entnehmen, dass in der Brennerei Legionäre der 30. Legion Ulpia Victrix aus Xanten und der ersten Legion Minervia aus Bonn gearbeitet haben. Auch ein Legionär der dritten Legion Cyranaica, die in Arabien stationiert war, war – vielleicht als Experte – vor Ort. Die Arbeit war hart und erfolgte in Schichten. Zwei Öfen brannten gleichzeitig. Es dauerte ca. eine Woche, bis der Kalkstein in einem Ofen durchgebrannt war. Noch einmal zwei Tage, um ihn aus dem Ofen herauszuholen. Dann wurde er verladen – vermutlich auf Schiffe, die ihn über die damals noch tiefere und breitere Erft abtransportierten. Gleichzeitig musste massenweise Brennholz für die Öfen geschlagen werden, nicht zu vergessen Kalkstein geschlagen – direkt über der Brennerei befand sich ein Steinbruch. Dieser musste erst zur Brennerei hinuntergeschleift und dann noch in kleine Brocken, die in den Ofen passten, gebrochen werden. Eine nicht ganz ungefährliche Arbeit, bei der man durchaus die schützende Hand der Götter gebrauchen konnte.
Abb. 9 Zwei von ursprünglich sechs Brennöfen in der Kalkbrennerei Iversheim.
Drei der insgesamt sechs Brennöfen sind in einem Schutzbau zu besichtigen. Einer davon wurde nicht geleert und ermöglicht es somit, gebrannte Kalkreste zu sehen. Vor dem Schutzbau, am Eingang, steht ein weiterer Ofen, der für ein wagemutiges Experiment wieder funktionstüchtig gemacht wurde. Um herauszufinden, wie die Öfen genau funktionierten, haben die Archäologen dem Befund getreu und ohne moderne Hilfsmittel eine Woche lang Kalk in diesem Ofen gebrannt und bewiesen, dass die Öfen arbeiteten – ganz ohne die Kenntnis der einzelnen chemischen Zusammenhänge.
Literatur:
Sölter, W.: Römische Kalkbrenner im Rheinland. Rheinische Kunststätten. Köln 2005.
Wie in der nahe gelegenen Kalkbrennerei Iversheim wurden auch hier Soldaten der ersten Legion Minervia aus Bonn stationiert – diesmal in einer Straßenmeistererei. In dieser urigen Hügellandschaft, wo auch die römische Wasserleitung nach Köln entspringt, befindet sich das lange gesuchte Marcomagus.
04 NETTERSHEIM – MARCOMAGUS: MATRONEN WACHEN ÜBER JUNGE SOLDATEN, MEDUSA ÜBER DAS WASSER FÜR KÖLN
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Durchhaltevermögen war denjenigen zu wünschen, die zu Fuß und möglicherweise noch schwer beladen auf der Via Agrippa unterwegs waren, denn hier kurz vor der Straßenstation Marcomagus wandte sich die Straße das Urfttal hoch und runter (Abb. 10). Immerhin mangelte es nicht an quellreinem Wasser, mit dem man sich erfrischen und Kraft für den nächsten Anstieg sammeln konnte.
Zum ersten Mal kreuzte die Straße den Bach Urft ganz in der Nähe einer der Quellen für die Eifelwasserleitung nach Köln. Den sog. „Grünen Pütz“, das Quellbecken der Leitung, und die sich daran anschließende Wasserleitung kann man heute besichtigen. Hier beginnt auch der Römerkanal-Wanderweg, auf dem man entlang der antiken Wasserleitung bis nach Köln wandern kann. Die rekonstruierte Brunnenstube ist ein in Stein eingefasstes rechteckiges Becken. Der von links kommende, mit Steinplatten abgedeckte 80 m lange Sickerkanal war wasserdurchlässig gebaut und sammelte – wie der Name schon sagt – das Sickerwasser, um es in das Sammelbecken zu führen. Dort wurde es von einem Schwellstein zunächst aufgehalten und so beruhigt, bevor es rechts durch die halbrund überwölbte Wasserleitung seinen Weg nach Köln aufnahm. So wurde das ankommende Wasser von Sand- und Schmutzpartikeln gereinigt, die sich vor der Schwelle absetzten. Der halbrunde Abschluss der Einfassung wurde von zwei Medusenhäuptern verziert, die mit ihren grimmigen Mondgesichtern die Quelle vor Zerstörung oder Verunreinigung schützen sollten.
Oberhalb der Quelleinfassung gab es zwei Trassen, die zur Urftbrücke in Marcomagus führten, wahrscheinlich waren es Einbahnstraßen in entgegengesetzter Richtung. Die steile Trasse bis zur Hochfläche