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Der Samurai-Manager. Reinhard LindnerЧитать онлайн книгу.

Der Samurai-Manager - Reinhard Lindner


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      1.3 Die Werte der Samurai in Bezug auf unser Geschäftsleben

      In den beiden folgenden Interviews wird ersichtlich, welche Stellung Werte im Management einnehmen können. Im ersten Fall wurden Werte unter beträchtlichem Aufwand global in einem Unternehmen implementiert. Im zweiten Fall wurden Werte im Büro visualisiert und prägen das Handeln eines Topmanagers.

      Am 14. September 2012 lernte ich beim Weltkongress für Personal- und Wertediagnostik in München Thomas Perlitz von der Gerresheimer AG Deutschland kennen. Er war ebenso wie ich Vortragender bei dieser Veranstaltung und sein Input zum Thema „Werte im Management“ hat mich tief beeindruckt. Ich erzählte ihm von meinem Buch und er sagte mir ohne zu zögern einen Termin für ein Interview zu.

       THOMAS PERLITZ

      © Alexander Vejnovic

      Global Human Resources, Gerresheimer AG

      Sie tragen als Personalchef die globale Verantwortung für die Personalentwicklung von mehr als 11.000 Mitarbeitern bei der Gerresheimer AG und setzen in einer Zeit, in der Shareholder- und Stakeholder-Value17 dominieren, auf Werte in der Unternehmensführung. Ist das nicht ein Wunschdenken?

      Nein. Wir haben ja Shareholder-Value und Stakeholder-Value: Da muss man unterscheiden. Die vergangenen fünfzehn, zwanzig Jahre waren geprägt durch das reine Shareholder-Value-Denken: Quartalsergebnis abliefern, Börsenerwartungen erfüllen, fertig. Hier gab es in den letzten Jahren viele, die sich davon distanziert haben. In Deutschland sind wir dem Shareholder-Value auch nicht so „sektenhaft“ hinterhergelaufen, im Speziellen familiengeführte Unternehmen nicht. Inzwischen erlebe ich auch bei amerikanischen Unternehmen ein wenig stärker den Wandel hin zu einer ehrlicheren Stakeholder-Value-Orientierung. Dort finden alle Partner, am Unternehmen Beteiligte oder Einwirkende ihr Recht und damit rutscht auch das Thema Werteorientierung wieder mehr auf die Agenda. Ich war auch schon in der Zeit, in der das Thema Shareholder-Value sehr hoch gehalten wurde, jemand, der immer propagiert hat, dass gerade auch in dieser Zeit eine klare Werteorientierung die Mitarbeiter mitziehen kann und damit Wert entsteht. Mein Motto ist ja „Werte schaffen Wert“. Dadurch wird positive Energie erzeugt, die beim Kunden ankommt, dadurch entsteht Kundenbindung und Unternehmensergebnis.

       Gehen wir nun vom Allgemeinen ins Detail zu Ihrem Unternehmen: Welche Werte haben bei Ihnen – in Ihrem Unternehmen – besondere Bedeutung und warum?

      Wir haben uns in einem Prozess, also unter Einbeziehung der Mitarbeiter aus der ganzen Welt, in mehreren Runden getroffen und herausgearbeitet: Wo kommt die Gerresheimer her? Wo wollen wir hin? Was macht uns stark? Dadurch entstand eine Reihe von Werten. Wir haben uns am Ende auf fünf Werte verständigt, denen wir mehr Bedeutung geben wollen. Hier ist es häufig so, dass Unternehmen ja ähnliche Werte haben. Es kommt entscheidend darauf an, wie man diese nachhaltig implementiert und dann auch lebt. Bei der Gerresheimer sind es folgende Werte: Integrität, Höchstleistungen, Innovation, Verantwortung und Teamwork. Für uns besondere Bedeutung hat das Thema Integrität, weil darin Ehrlichkeit enthalten ist.

       Jetzt stehen Sie natürlich vor einer riesen Herausforderung, als Personalchef von 11.000 Mitarbeitern bei einem global organisierten und agierenden Konzern. Wie funktioniert die Werteimplementierung bei so vielen verschiedenen Kulturen?

      Entscheidend war, dass wir dieses Thema nicht „top down“ angegangen sind, sondern dass wir bereits bei der Erarbeitung weltweit Führungskräfte und Mitarbeiter unterschiedlichster Nationalitäten, Hierarchiestufen und so weiter zusammengeholt haben. Wir haben dadurch schon in der Entstehungsphase darauf geachtet, dass vieles an Fragen und Ideen hineinkommt, aus den unterschiedlichsten Kulturen und Blickwinkeln. Bei der Implementierung in ein Unternehmen mit weltweit 47 Standorten gab es eine klare Vorgabe: Für die fünf Werte gibt es alters- und kulturell bedingt unterschiedliche Interpretationen. Es war uns schnell klar, dass die Implementierung nur so erfolgen kann, dass wir einen Rahmen setzen und innerhalb dieses Rahmens jedes Land, jedes Werk der eigenen Kultur entsprechend gewisse Spielräume hat, um eine eigene Definition von Integrität, Innovation oder auch Teamwork zu finden. Verbindlich war aber für jedes Werk, dass alle Mitarbeiter in Workshops trainiert werden müssen, und dies innerhalb eines Jahres.

      Wir haben die Werke aufgefordert, ihre eigene Implementierung zu gestalten, die wir dann global überwacht haben. Dadurch haben sie eine viel, viel höhere Identifikation und auch Auseinandersetzungen mit dem Thema, als wenn wir es sozusagen „top down“ in die Organisation gedrückt hätten.

       Wenn ich jetzt den Bogen spannen darf von Ihrer Welt in meine Welt: Sie hatten ja bei meinem Vortrag beim „Weltkongress für Wertediagnostik“ in München meinen Ausführungen aufmerksam zugehört. Wo finden Sie Parallelen zwischen meiner Sichtweise und Ihren Ansätzen?

      Also am Anfang, wenn man so die plakative Überschrift gelesen hat, sich natürlich auch mit der asiatischen Kultur befasst und auch das Thema Samurai immer nur durch – wenn Sie so wollen – Berichte oder Fernsehfilme wahrgenommen hat, sind sie ja niemals auf den wirklichen Hintergrund oder auf die wirkliche Entstehungsgeschichte und damit auch auf den Wert des Themas des Samurais gekommen. Der Begriff „Samurai“ wird herkömmlich ja immer im kriegerischen Zusammenhang dargestellt und man erfährt gar nicht, was wirklich dahintersteckt. Das war für mich dieser ganz, ganz große „Aha-Effekt“: Was steckt denn da wirklich dahinter und vor allem, welche Konsequenzen resultieren daraus für mich als Führungskraft, als Personalverantwortlicher? Der Samurai war häufig allein und auf sich gestellt, insofern musste er eine Veränderung bei sich beginnen. Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir auch bei uns beginnen. Diese Parallele fand ich extrem spannend.

       Ich habe letztes Wochenende einen Samurai Manager-Durchgang, sprich ein Samurai Manager-Seminar gemacht. Ein dreitägiges, mit Topführungskräften von Mazda, und es ist üblicherweise nicht meine Art, bei einem Seminar zu fragen: Was erwarten sich die Teilnehmer vom Seminar? Weil es sehr abgedroschen ist. Wenn man aber zum Samurai Manager geht, dann ist diese Frage berechtigt. Die Motive der Teilnehmer waren sehr unterschiedlich. Jedoch mehr als die Hälfte der Teilnehmer hat gesagt, der Titel habe sie sehr angesprochen. Was war Ihr erstes Gefühl, Ihre erste Reaktion auf den Titel „Der Samurai Manager“?

      Ähnlich, wie Sie das angedeutet haben. Ich habe so etwas wie „Wie passt denn das nun zusammen?“ empfunden. Also ich hatte ganz ehrlich gesagt einen riesig großen Aha-Effekt. Weil ich eben durch Fernsehfilme oder Berichte auf die Wahrnehmung über das Thema „Samurai“ eher auf Kampfkunst oder Ähnliches programmiert war. Die man sich mit einer hohen Disziplin erarbeiten muss. Aber auf welchem Fundament das steht oder wo es herkommt und was vor allen Dingen die wirklichen Inhalte sind, war für mich beeindruckend. Eine ähnliche Geschichte – das ging mir da durch den Kopf – wie wenn Sie das Thema „Knigge“ betrachten. Wenn man sich mit der Vergangenheit von Herrn Knigge befasst, war er ein Philosoph und ein sehr breit denkender Mensch. Er wird heute oft darauf reduziert, dass er die Benimmregeln am Tisch formuliert hat. Und dieses Bild hat man in den Köpfen, wenn man sich nicht tiefer damit auseinandersetzt. Und so hatte ich eben auch ein Kampfbild im Kopf und Sie konnten mich zum Glück „umprogrammieren“.

       Das freut mich. Ich bleibe jetzt noch ganz kurz beim Thema: Eine der Kernaussagen des Samurai Manager-Programms ist es, dass Intuition eine wichtige Kompetenz einer Führungskraft ist und dass diese Fähigkeit verbesserbar ist. Stimmen Sie dem zu?

      Ja, verbesserbar oder vielleicht kann man auch sagen „revitalisierbar“. Damit meine ich: Intuition haben wir vielfach verlernt, weil sie nicht gefordert wurde. Ich glaube, dass sie ganz tief in uns drinnen steckt. Ein ganz einfaches Beispiel: Wir haben in Indien eine Fabrik zugekauft, und wir machen medizinische Verpackungsprodukte aus


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